Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
hunderttausendfältig wieder. Was in dem Felsen war, ob Diamanten oder andere Edelsteine oder Gold, was ich beinahe vermutete, weiß ich nicht. Der Raum, in dem ich mich befand, bildete die schönste Grotte, die man sich denken kann, obgleich er an sich völlig dunkel war. Der Boden war trocken und eben und mit einer Art von seinem losen Kies bestreut. Kein ekelhaftes oder giftiges Getier ließ sich hier sehen, auch waren die Wände nicht im mindesten feucht. Der einzige Übelstand bestand in der Engigkeit des Einganges, doch hielt ich das eher für einen Vorzug, da ja diese Höhle ein sicheres Versteck und einen Zufluchtsort für mich abgeben sollte.
Hoch erfreut über meine Entdeckung beschloß ich, unverzüglich einige der Gegenstände, an deren Erhaltung mir am meisten gelegen war, hierher zu transportieren. Vor Allem mein Pulvermagazin und meinen Vorrat an Waffen: zwei Vogelflinten, deren ich im Ganzen drei hatte, und die Musketen, von denen ich acht besaß. Fünf behielt ich in meiner Festung, wo sie an dem Außenwalle schußfertig wie Kanonen aufgestellt und zu gleicher Zeit bereit waren, auf einer Expedition sofort mitgenommen zu werden. Bei Gelegenheit des Transportes meiner Munition öffnete ich zufällig das Pulverfaß, das ich aus dem Meere, wo es Wasser gezogen, aufgefischt hatte. Da ergab sich nun, daß das Wasser etwa zwei bis drei Zoll tief auf jeder Seite in das Pulver eingedrungen war und dasselbe so zusammengeklebt und verhärtet hatte, daß das in der Mitte befindliche ganz wohl erhalten war, wie der Kern in einer Nußschaale. Ich fand in dem Fasse nahe an sechzig Pfund sehr guten Pulvers vor, was mir zu dieser Zeit eine sehr angenehme Überraschung war. So brachte ich denn alles in jene Grotte, und behielt nie mehr als zwei bis drei Pfund Pulver in meiner Wohnung, aus Angst vor einem Überfall irgend einer Art. Auch alles Kugelblei, was ich noch besaß, barg ich dort. Ich kam mir jetzt vor wie einer jener alten Riesen, die in unzugänglichen Höhlen und Felslöchern wohnten. »Wenn mich nun«, so redete ich mir ein, »die Wilden, und wären es ihrer fünfhundert, verfolgen, so wird es ihnen nicht gelingen, mich aufzufinden, oder wenn auch das geschieht, werden sie doch nicht wagen, mich hier anzugreifen.« Der alte Bock, den ich im Todeskampfe angetroffen hatte, starb schon den Tag, nachdem ich ihn entdeckt, in dem Vorderraum der Höhle. Da ich es leichter fand, ihn in ein dort gegrabenes großes Loch zu werfen und mit Erde zu bedecken, als ihn hinaus zu schleifen, begrub ich ihn daselbst, damit meine Nase nichts davon zu leiden habe.
14. Das spanische Schiff
M ein Aufenthalt auf der Insel ging jetzt bereits ins dreiundzwanzigste Jahr. Ich war auf ihr so eingebürgert und an meine Lebensweise so gewöhnt, daß ich, wenn ich nur mit einiger Sicherheit hätte annehmen dürfen, daß keine Wilden kommen und mich beunruhigen würden, ganz zufrieden gewesen wäre, den Rest meiner Tage bis zu dem Augenblick, wo ich mich zum Sterben niederlegen würde, wie der alte Ziegenbock in der Höhle hier zu verbringen. Sogar einige kleine Zerstreuungen und Vergnügungen waren mir jetzt geboten, die mir die Zeit viel angenehmer verstreichen ließen als früher. Erstens nämlich hatte ich meinen Pol, wie erwähnt, sprechen gelehrt und er war so vertraulich mit mir und sprach manche Worte so deutlich und klar, daß ich große Freude darüber hatte. Nicht weniger als sechsundzwanzig Jahre hat er mit mir zusammen gelebt; wie lange er dann noch nachher existiert haben mag, weiß ich nicht. Doch behauptet man, wie ich mich erinnere, in Brasilien, dergleichen Tiere lebten hundert Jahre; vielleicht ist denn auch der arme Pol noch am Leben und ruft bis auf den heutigen Tag noch nach dem armen Robinson Crusoe. Auch mein Hund war mir sechzehn volle Jahre hindurch ein sehr treuer und ergebener Gefährte, dann starb er an Altersschwäche. Was meine Katzen betrifft, so vermehrten sie sich, wie ich bereits erzählt, in dem Grade, daß ich mich genötigt sah, eine Anzahl tot zu schießen, damit sie nicht mich samt aller meiner Habe auffräßen. Mit der Zeit, als die beiden alten, die ich mitgebracht hatte, gestorben waren, und ich die anderen immer von mir gejagt und ihnen kein Futter gegeben hatte, liefen sie zuletzt alle wild im Walde umher bis auf zwei oder drei besondere Lieblinge von mir, die ich zahm erhielt, deren Junge ich aber, so oft sie welche hatten, ertränkte. Jene gehörten dann ebenfalls zu meiner Familie.
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