Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
offenbar von Gott bestimmt sei, dem armen Teufel das Leben zu retten. Ich stieg in möglichster Eile die Leitern herunter, ergriff die am Fuß derselben stehenden zwei Gewehre, erkletterte in gleicher Hast wieder den Gipfel des Hügels, eilte von dort aus dem Meere zu und gelangte dadurch zwischen den Flüchtling und die Verfolger. Den ersteren rief ich laut an. Er schaute sich um und war im ersten Augenblick wahrscheinlich vor mir in gleicher Furcht wie vor Jenen. Ich gab ihm aber ein Zeichen, zu mir zu kommen, und ging unterdessen langsam den beiden Anderen entgegen.
Plötzlich stürzte ich mich auf den Vordersten und schlug ihn mit dem Flintenkolben nieder. Ich scheute mich Feuer zu geben, damit es die Übrigen nicht hören sollten, wiewohl sie es bei der großen Entfernung schwerlich vernommen haben würden und, da sie auch den Rauch nicht zu sehen vermochten, schwerlich hätten vermuten können, was der Knall zu bedeuten habe. Nachdem ich den einen der Wilden zu Boden geschmettert, hielt der andere erschrocken inne. Als ich näher kam, bemerkte ich, daß er Bogen und Pfeile führte und gerade nach mir zielte. So war ich denn doch zum Schuß gezwungen, mit dem ich ihn auch sofort tötete.
Der arme Flüchtling war, obgleich er seine beiden Feinde niedergestreckt sah, doch so durch Feuer und Knall meines Gewehrs entsetzt, daß er wie eine Bildsäule stand und sich nicht vom Fleck rührte. Dabei schien er aber eher geneigt, zu fliehen als zu mir zu kommen. Ich rief ihn nochmals an und winkte ihm herbeizukommen. Er machte einige Schritte vorwärts, blieb dann stehen, ging wieder einige Schritte und hielt hierauf abermals inne. Ich sah, wie er zitterte, als ob er ebenso sterben zu müssen glaube wie seine beiden Feinde. Auf mein Winken und meine Zeichen zur Ermutigung kam er näher und kniete alle zehn bis zwölf Schritte nieder, um seine Dankbarkeit dafür anzudeuten, daß ich ihm das Leben gerettet. Ich sah ihn lächelnd und freundlich an und forderte ihn mit Winken auf, noch näher zu kommen. Endlich befand er sich dicht bei mir, kniete abermals nieder, küßte die Erde, legte den Kopf auf den Boden, ergriff meinen Fuß und stellte diesen auf seinen Kopf. Er wollte damit, wie es schien, andeuten, daß er für alle Zeit mein Sklave sein werde.
Ich hob ihn auf und suchte ihn zu ermutigen, so gut ich konnte. Aber es gab jetzt noch mehr zu tun. Ich bemerkte nämlich, daß der Wilde, den ich zu Boden geschlagen, nicht tot, sondern nur betäubt war und anfing wieder zu sich zu kommen. Ich deutete auf ihn, zum Zeichen, daß er sich wieder erhole. Der Gerettete sprach hierauf einige Worte, die ich zwar nicht verstand, über die ich mich aber dennoch sehr freute. Denn sie waren der erste Ton einer Menschenstimme, die ich außer der meinigen seit mehr als fünfundzwanzig Jahren vernommen hatte. Doch war zu solchen Betrachtungen jetzt keine Zeit. Der zu Boden geschmetterte Wilde hatte sich nämlich so weit erholt, daß er sich aufrecht zu setzen vermochte. Mein Gefangener schien erschreckt, als ich aber mit meiner Flinte nach dem Anderen zielte, machte er (den ich von jetzt an meinen Wilden nennen will) mir ein Zeichen, daß ich ihm meinen Säbel, der ohne Scheide an meiner Seite hing, geben sollte. Nachdem ich das getan, eilte er sofort auf seinen Feind los und schlug ihm mit einem Hieb so geschickt den Kopf ab, daß es kein Scharfrichter in England rascher und besser hätte fertig bringen können. Mich wunderte das um so mehr, weil ich wohl annehmen durfte, daß er nie im Leben ein anderes als die bei den Wilden gebräuchlichen hölzernen Schwerter in Händen gehabt hatte. Doch erfuhr ich später, daß diese Holzschwerter so scharf und von so hartem Holz sind, daß man mit ihnen Köpfe und Arme auf einen Schlag abhauen kann. Nachdem er sein Werk vollbracht, kam mein Sklave lachend zu mir zurück und legte mit allerlei Grimassen, die ich nicht verstand, den Säbel nebst dem Kopf des Getöteten zu meinen Füßen nieder.
Am meisten hatte den geretteten Wilden in Erstaunen gesetzt, wie ich es angefangen, den anderen Indianer aus so großer Entfernung zu töten. Er machte mir ein Zeichen, daß ich ihn zu Jenem gehen lassen solle, wozu ich ihn auch durch Winke aufforderte. Als er zu ihm gekommen war, stand er verwundert da, betrachtete ihn, wendete ihn von einer Seite auf die andere und beschaute die Wunde, welche die Kugel hervorgebracht hatte. Diese schien in die Brust gegangen zu sein, ohne daß starker Blutverlust
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