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Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Titel: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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sämmtlichen Waffen nahm ich jede Nacht zu mir in den inneren Raum.
    Diese Vorkehrungen wären aber sämmtlich nicht nötig gewesen. Denn nie hat Jemand einen treueren, anhänglicheren und aufrichtigeren Diener gehabt, als Freitag mir war. Frei von schlimmen Leidenschaften, von allem mürrischen Wesen und von jeder Arglist, ganz und gar mir ergeben, liebte er mich wie das Kind seinen Vater. Ich kann sagen, daß er sein Leben für mich bei jeder Gelegenheit ohne Weiteres geopfert haben würde; denn die mannichfachsten Beweise haben mir das unzweifelhaft dargetan.
    Ich habe oft mit Verwunderung meine Betrachtungen darüber angestellt, warum Gott es zulasse, daß ein so großer Teil seiner menschlichen Geschöpfe die Fähigkeiten und Anlagen ihrer Seele nicht benutzt. Er hat ihnen doch dieselben Geistesgaben verliehen wie uns, dieselbe Vernunft, dieselben Neigungen, die gleichen Empfindungen des Wohlwollens und der Dankbarkeit, das gleiche Gefühl für Gutes und Schlechtes und dieselbe Empfindung für Aufrichtigkeit und Treue. Wenn es dem Schöpfer gefallen hätte, ihnen die Gelegenheit zur Anwendung zu geben, so würden sie gewiß gerade so bereitwillig, ja noch bereitwilliger als wir sein, von ihren Gaben den rechten Gebrauch zu machen. Zuweilen machte mich auch der Gedanke traurig, wie schlecht dagegen wir unsere Anlagen verwenden, obgleich wir doch durch das große Licht der Offenbarung und durch die Kenntnis seines Wortes aufgeklärt sind. Auch das brachte mich zum Nachdenken, warum nach Gottes Ratschluß so viel Millionen Seelen dieser heilsamen Erkenntnis unteilhaftig bleiben, die, wenn ich nach meinem armen Sklaven urteilen darf, sie besser anwenden würden als wir. Von hier aus gelangte ich zu weiteren Gedanken über das Walten der Vorsehung, und ich verirrte mich so weit, daß ich die göttliche Gerechtigkeit in der willkürlichen Anordnung der Dinge zu vermissen wagte, nach welcher jenes Licht Einigen aufgetan und Anderen verborgen ist, da doch von Beiden gleiche Pflichterfüllung gefordert wird. Doch schnitt ich diese Ideen durch die Erwägungen ab: Erstens, daß wir ja gar nicht wissen, nach welchem Grad der Erkenntnis und nach welchem Gesetze Jene gerichtet werden. Und ferner, daß, weil Gott nach seiner Natur notwendig unendlich heilig und gerecht sein muß, es nicht anders sein könne, als daß jene armen Menschen, da sie zum Entferntsein von Gott verdammt sind, auch nur gerichtet werden können um der Sünden willen, die sie gegen diejenige Erkenntnis verbrochen haben, welche, wie die Schrift sagt, ein Gesetz in ihnen selbst ist. Sodann aber, daß, da wir Gott gegenüber nur der Lehm in der Hand des Töpfers sind, das Gefäß nicht sagen könne zu seinem Urheber: »Warum hast du mich also gebildet und nicht andere?«
    Um jedoch auf meinen neuen Gefährten zurückzukommen, so gefiel mir derselbe außerordentlich. Ich erachtete es für meine Pflicht, ihn in Allem zu unterweisen, was ihn nützlich und geschickt machen könnte. Besonders gab ich mir Mühe, ihn sprechen und mich verstehen zu lehren. Er war der aufgeweckteste Schüler, den man sich denken kann, voll Heiterkeit, von emsigem Fleiße und so voll Freude, wenn er mich zu verstehen oder sich mir verständlich zu machen vermochte, daß ich mich sehr gern mit ihm unterhielt. Mein Leben gestaltete sich jetzt so angenehm, daß ich mir oft sagte, wenn mich nur die übrigen Wilden unangefochten ließen, wollte ich an eine Entfernung von meinem jetzigen Aufenthalt gar nicht mehr denken.
    Einige Tage nach meiner Rückkehr in meine Festung nahm ich Freitag, da ich bedachte, daß ich, wenn ich ihm die cannibalische Lust am Verzehren von Menschenfleisch abgewöhnen wolle, ihm zuvor den Geschmack von anderm Fleisch beibringen müsse, früh Morgens mit in den Wald. Ich beabsichtigte nämlich, eines der von mir aufgezogenen Ziegenlämmer zu töten und das Fleisch zu Hause zuzubereiten. Auf dem Wege aber bemerkte ich eine Ziege, die mit zwei jungen Lämmern im Schatten lag. Ich nahm Freitag am Arm, hieß ihn stille stehen, legte mein Gewehr an und schoß damit nach einem der Lämmer, daß es sofort tot hinfiel. Der arme Bursch, der mich früher schon aus einiger Entfernung seinen Feind, den Wilden, hatte töten sehen, ohne zu wissen, wie ich das angefangen, war offenbar so erstaunt, daß ich glaubte, er würde vor Schrecken gleichfalls umsinken. Er sah gar nicht, daß ich das Lamm getötet hatte, sondern er riß sein Wamms auf, um zu fühlen, ob nicht er selbst

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