Robinson Crusoe
sozusagen, außer dem Hause schlief. Bei Nacht tat ich, wie ich zu Anfang getan: Ich stieg in einen Baum, wo ich wohl schlief. Am nächsten Morgen setzte ich meine Forschungsreise fort und wanderte ungefähr vier Meilen weiter, nach der Länge des Tales zu schätzen immer genau nach Norden, von Hügelketten im Norden und Süden umgeben.
Am Ende dieser Wanderung öffnete sich mir ein Ausblick. Hier schien das Land nach Westen abzufallen, und eine kleine Quelle frischen Wassers, die aus dem Hügel neben mir entsprang, lief nach der anderen Seite, nach Osten. Und das Land lag da, so frisch, so grün, so blühend, alles in unverwelktem Frühlingsglanz, daß es mir wie ein angepflanzter Garten erschien.
Ich stieg ein wenig in dieses herrliche Tal hinab und überschaute es mit einer Art heimlicher Lust, durch die zwar andere trübselige Gedanken glitten, indem ich dachte, daß das alles mir gehöre, daß ich unstreitig König und Herr über dieses Land sei und Besitzrecht daran hätte. Und wenn ich es hätte mitnehmen können, würde ich es ebensogut zu Erbe erhalten haben wie nur irgendein Lord sein Rittergut in England. Ich sah hier einen Überfluß an Kakaosträuchern, Orangen- und Zitronenbäumen, aber alle wild und nur wenige fruchttragend; indessen, die grünen Limonen, die ich sammelte, waren nicht nur angenehm zu essen, sondern auch gesund, und ich mischte ihren Saft später mit Wasser, das sie sehr heilsam, kühl und erfrischend machten.
Ich fand nun, daß ich genügend zu sammeln und heim zuschaffen hätte, und beschloß, mir ein Lager von Trauben und Zitronen beizulegen, um mich für die nasse Jahreszeit zu versorgen, die, wie ich wußte, nahe war. Zu diesem Ende sammelte ich einen großen Haufen Trauben an einem Ort und einen kleineren Haufen an einem anderen Ort, und ein großes Bündel Zitronen wieder woanders. Ich nahm von allem etwas mit und begab mich auf den Heimweg, mit der Absicht, mit einem Beutel oder Sack wiederzukommen, um den Rest nachzuholen.
Ich kam also nach drei Reisetagen wieder nach Hause; denn so muß ich jetzt mein Zelt oder meine Höhle nennen. Aber noch ehe ich ankam, waren die Trauben verdorben; ihre eigene Fülle und das Gewicht des Saftes hatte sie zerdrückt und zerquetscht; sie waren nur noch wenig oder gar nicht zu gebrauchen. Die Zitronen waren gut; aber ich konnte nur wenige tragen.
Am nächsten Tag, dem 19. Juli, ging ich zurück, nachdem ich mir zwei kleine Beutel gemacht hatte, um meine Ernte heimzubringen. Aber zu meiner Überraschung fand ich meine Trauben, die so voll und schön gewesen waren, als ich sie pflückte, überallhin zerstreut, zertreten und verschleppt und eine Menge davon aufgezehrt. Daraus schloß ich, es müsse hier wilde Tiere geben, die das getan hätten; aber was für welche, wußte ich nicht.
Es hatte also keinen Zweck, sie in Haufen zu sammeln oder sie in einem Sack wegzutragen; auf die eine Weise wurden sie geraubt und auf die andere durch ihr eigenes Gewicht erdrückt. Ich beschloß daher etwas anderes. Ich pflückte eine Menge Trauben und hing sie an die Enden der Baumzweige in die Sonne zum Trocknen, und von den Zitronen nahm ich soviel wie möglich mit.
Als ich wieder daheim war, kam mir die Fruchtbarkeit dieses Tales, die Lieblichkeit seiner vor Stürmen geschützten Lage und sein Wald nicht aus dem Sinn, und ich kam zu dem Schluß, daß ich meine Wohnung gerade in dem ungünstigsten Teil der Insel aufgeschlagen hatte. Das alles bedenkend, begann ich zu erwägen, ob ich nicht meine Behausung verlegen und mich nach einem Ort umschauen sollte, der ebenso sicher wäre wie mein jetziger, aber möglichst in jenem herrlichen, fruchtbaren Teil der Insel gelegen.
Dieser Gedanke lag mir lange im Sinn, und ich war einige Zeit ganz vernarrt in ihn, da mich die Anmut dieser Gegend verführerisch lockte. Aber als ich den Plan näher besah und bedachte. daß ich jetzt an der See wohnte, wo es doch immerhin möglich war, daß ein Glücksfall sich ereignete und daß dasselbe Schicksal, das mich hierher verschlagen, einen anderen Unglücksraben an denselben Ort brächte, entschloß ich mich doch, zu bleiben, wo ich war, und mich nicht in dem Inneren der Insel zwischen Hügel und Wald freiwillig noch tiefer einzukerkern.
Indessen war ich so verliebt in jene Gegend, daß ich fast den ganzen Rest des Monats Juli dort verbrachte. Und wenn ich mich auch nach nochmaliger Überlegung nicht entschloß, dorthin zu ziehen, baute ich mir doch wenigstens dort eine kleine Laube
Weitere Kostenlose Bücher