Robinson Crusoe
abzuhelfen, fehlte mir die Hauptsache. Zu keinem Handwerk der Welt war ich so ungeschickt wie zu dem eines Steinmetzen, und ich hatte auch gar kein Werkzeug dazu. Ich verbrachte viele Tage, um einen Stein zu suchen, der groß genug war, um ihn auszuhöhlen und ihn für einen Mörser herzurichten ; aber ich konnte keinen finden, außer im festen Gestein, aus dem ich ihn nicht herausgraben oder -schneiden konnte. Auch waren die Felsen der Insel nicht hart genug, sondern lockeres sandiges Gestein, das einem schweren Schlegel nicht standhielt und auf dem man das Korn nicht zerstoßen konnte, ohne es mit Sand zu vermengen. So gab ich es auf, nachdem ich viel Zeit auf der Suche nach einem Stein verloren haue, und beschloß, mich nach einem großen Klotz harten Holzes umzuschauen, was viel leichter war. Ich fand einen, der gerade so groß war. daß ich ihn fortschaffen konnte. Ich rundete ihn ab, glättete ihn außen mit Axt und Hacke und höhlte ihn dann innen mit Hilfe von Feuer und mit unsäglicher Mühe aus, in der Art, wie die Indianer in Brasilien ihre Kanoes verfertigen. Hierauf machte ich mir einen großen, schweren Stößel aus dem sogenannten Eisenholz und hielt alles für meine nächste Ernte bereit.
Die nächste Schwierigkeit war, mir ein Sieb zu machen, um das Mehl von der Kleie und den Hülsen zu sondern; denn ohne das konnte ich kein Brot bereiten. Die Sache war so schwierig, daß ich kaum daran zu denken wagte; denn mir fehlte dazu das Allernötigste, nämlich feines, dünnes Leinen oder Tuch, um das Mehl durchzusieben.
Und hier kam ich nun monatelang nicht weiter und wußte nicht, was tun; denn von Leinwand hatte ich nur noch Lumpen. Ziegenhaar war da; aber ich wußte es weder zu weben noch zu spinnen, und wenn ich es auch gewußt hätte, so hätte es mir doch am nötigen Werkzeug gefehlt. Die einzige Rettung war schließlich, daß mir einfiel, ich hätte unter den Matrosenkleidern, die ich aus dem Schiff geborgen, eine Anzahl Halstücher aus Kattun oder Nessel. Aus einigen von ihnen machte ich drei Siebe, zwar klein, aber brauchbar, mit denen ich mich einige Jahre lang behalf. Was ich später tat, werde ich an seinem Ort berichten.
Nun kam die Reihe ans Backen. Erstlich hatte ich keine Hefe; dem ließ sich jedoch nicht abhelfen, und so hielt ich mich nicht lange dabei auf. Aber um einen Ofen war ich in großer Sorge. Schließlich dachte ich mir auch dafür etwas aus. Ich machte einige sehr breite, aber nicht tiefe irdene Gefäße von etwa zwei Fuß Durchmesser und nicht über neun Zoll tief. Diese brannte ich wie die anderen im Feuer, und wenn ich backen wollte, machte ich ein großes Feuer auf dem Herd, den ich mit selbstgemachten und Selbstgebrannten viereckigen Ziegeln gepflastert hatte, die ich aber eigentlich nicht viereckig nennen dürfte.
War nun das Holz so ziemlich zu glühenden Kohlen verbrannt, so breitete ich sie über den ganzen Herd aus und ließ sie liegen, bis der Herd recht heiß war; dann fegte ich alle Asche weg, legte mein Brot oder meine Brote hin, stülpte den irdenen Topf darüber, scharrte alle Asche wieder von außen um ihn her, um die Hitze zu halten und zu erhöhen, und buk so meine Gerstenbrote wie in dem besten Backofen der Welt. Ich wurde sogar nach kurzer Zeit ein richtiger Kuchenbäcker; denn ich machte mir allerhand Reiskuchen und Puddings; nur von Pasteten ließ ich die Finger; ich hätte sie ohnedies mit nichts füllen können als mit Vogel- oder Ziegenfleisch.
Man darf sich nicht wundern, wenn alle diese Dinge fast das ganze dritte Jahr meines hiesigen Aufenthalts in Anspruch nahmen; denn man muß bedenken, daß ich in der Zwischenzeit auch noch meine neue Ernte und meinen Haushalt besorgte; denn ich schnitt mein Korn zur rechten Zeit, brachte es, so gut ich konnte, heim und legte es in Ähren in meine großen Körbe, bis ich Zeit hatte, es auszureiben; denn ich hatte keine Tenne und auch keinen Flegel zum Dreschen.
Da jetzt mein Getreidevorrat zunahm, mußte ich mir wirklich eine größere Scheune bauen. Ich brauchte einen Platz, um es zu verwahren, da ich diesmal ungefähr zwanzig Scheffel Gerste und mindestens ebensoviel, wenn nicht mehr, Reis einheimste, weshalb ich denn auch beschloß, unbekümmert davon zu nehmen; denn mein Brot war schon lange zu Ende. Auch wollte ich sehen, wieviel ich im Jahr brauchte und ob ich mit einer Saat jährlich auskäme.
Es stellte sich heraus, daß ich die vierzig Scheffel Gerste und Reis gar nicht in einem Jahr verbrauchen konnte, und
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