Robinson Crusoe
gesagt, ich mähte es auf meine Weise und schnitt nur die Ähren ab, die ich in großen Körben wegtrug und mit den Händen ausrieb. Und so fand ich am Schluß meiner Ernte, daß ich nach meiner Schätzung aus meinem Viertelscheffel Aussaat fast zwei Scheffel Reis und über zweieinhalb Scheffel Gerste geerntet hatte.
Dies ermutigte mich sehr, und ich sah voraus, daß Gott mich mit der Zeit reichlich mit Brot versehen würde.
Doch jetzt sah ich mich wieder vor neuer Not: denn ich wußte nicht, wie ich es zu Mehl mahlen, ja nicht einmal, wie ich es von der Spreu reinigen noch wie aus dem Mehl Brot backen sollte. Diese Schwierigkeiten sowie der Wunsch, mir einen ständigen Vorrat zu sichern, brachten mich zu dem Entschluß, nicht ein Korn zu essen, sondern alles bis zur nächsten Aussaat zu verwahren und in der Zwischenzeit all meinen Verstand und meine Arbeitsstunden darauf zu verwenden, um das große Werk des Brotmachens vorzubereiten.
Ich konnte nun in Wahrheit sagen, daß ich um mein Brot arbeitete. Es mag wunderlich erscheinen, und nur wenige Menschen werden darüber nachgedacht haben, was für eine Unmenge Kleinigkeiten zum Pflanzen, Ernten, Säubern, Kneten und Backen dieses einen Dinges Brot gehören.
Erstens hatte ich keinen Pflug, um die Erde zu ackern, keinen Spaten, sie umzugraben. Diese Not überwand ich, wie oben berichtet, indem ich mir einen hölzernen Spaten machte. Aber er war eben doch nur aus Holz, und obwohl es mich viele Tage gekostet hatte, ihn anzufertigen, nützte er sich, da er nicht aus Eisen war, viel schneller ab und machte die Arbeit beschwerlicher und unvollkommener. Indessen fand ich mich auch damit ab und war geduldig und zufrieden, überhaupt damit arbeiten zu können. Als das Getreide gesät war, hatte ich keine Egge, sondern mußte es selber niedertreten und einen großen, schweren Baumast darüber ziehen, um die Erde, anstatt sie zu harken oder zu eggen, wenigstens aufzukratzen.
Ich sagte bereits, wie viele Dinge mir fehlten, um es während des Wachsens zu schützen, a umzäunen und es dann zu mähen, heimzubringen, zu dreschen, von der Spreu zu sondern und zu verwahren. Ferner fehlte mir eine Mühle, um es zu mahlen, ein Sieb, um es zu säubern, Hefe und Salz, um Brot daraus zu kneten, und ein Ofen, um es zu backen. Auch ohne alles das wußte ich mir zu helfen, wie ich berichten werde, zwar mit sehr viel Mühe und Arbeit; aber ohne diese ging es nicht. Auch hatte ich nicht allzuviel Zeit dazu übrig; denn ich hatte sie eingeteilt. Ein bestimmter Teil jeden Tages war für diese Arbeiten vorgesehen, und da ich beschlossen hatte, das Korn nicht zum Brotbacken zu verwenden, bis ich einen größeren Vorrat hätte, benützte ich die nächsten sechs Monate zur Erfindung und Herstellung der Gegenstände, die ich brauchte, um mir das Korn nutzbar zu machen.
Vor allen Dingen mußte ich noch mehr Boden vorbereit en; denn ich hatte jetzt Saat genug für ungefähr einen Morgen Land. Ehe ich daranging, brauchte ich zum mindesten eine Woche, um mir einen Spaten zu machen, der aber in kümmerlich und so schwer ausfiel, daß ich doppelte Arbeit mit ihm hatte. Doch auch das überwand ich und säte meinen Samen auf zwei ebene Felder so nahe wie möglich bei meinem Hause und zäunte sie mit einer starken Hecke ein. Dazu benutzte ich wieder jene Stecklinge, von denen ich wußte, daß sie ausschlugen, so daß ich nach Jahresfrist eine lebende Hecke haben würde, der ich nur wenig nachzuhelfen brauchte. Mit dieser Arbeit brachte ich nicht weniger als drei Monate zu, da ein großer Teil davon in die nasse Jahreszeit fiel, in der ich nicht ausgehen konnte.
Während es regnete, hatte ich zu Hause genug zu tun mit einer Arbeit, von der ich sogleich erzählen werde. Bei der Arbeit hatte ich immer meinen Spaß daran, mit dem Papagei zu schwatzen und ihn das Sprechen zu lehren.
Ich brachte ihm bald bei, auf seinen Namen zu hören und ihn schließlich selber ganz laut auszusprechen: «Poll!»
Und das war das erste Wort, das ich aus einem anderen Munde als meinem eigenen vernahm, seit ich auf der Insel war. Indes war dies nicht meine Arbeit, sondern nur ein Zeitvertreib dabei; denn, wie gesagt, ich hatte große Dinge vor. Seit langem hatte ich nämlich auf allerlei Art versucht, mir irdene Gefäße zu machen, die ich dringend brauchte. Ich zweifelte bei der Hitze dieses Klimas nicht, daß ich mir, wenn ich den rechten Lehm fände, einen Topf würde zurechtkneten und an der Sonne trocknen lassen können, so daß er
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