Robocalypse: Roman (German Edition)
lässt.
»Mathilda«, sagt Dawn. »Das hier ist mein Mann, Marcus.«
»Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Marcus«, begrüße ich ihn.
Marcus nickt bloß kurz. Ich glaube, er ist sprachlos.
»Und das sind die anderen, von denen ich dir erzählt habe«, fährt Dawn fort. Die Leute murmeln alle eine Begrüßung. Dann tritt ein junger Typ vor. Er ist ganz süß, hat ein markantes Kinn und hohe Wangenknochen. Einer seiner Arme ist in ein Handtuch gewickelt.
»Ich bin Tom«, sagt er und geht neben mir in die Hocke.
Ich wende verlegen das Gesicht ab.
»Hab keine Angst«, beruhigt Tom mich.
Er wickelt das Handtuch ab. Statt einer Hand hat er eine große Metallschere am Arm. Ich blicke ihm erstaunt ins Gesicht, und er lächelt. Ich fange auch an zu lächeln, werde dann aber wieder verlegen und schaue weg.
Ich strecke die Hand aus und berühre das kalte Metall der Schere. Im Innern kann ich sehen, wie unendlich komplex Arm und Maschine miteinander verwoben sind.
Als ich mir die anderen Leute noch mal genauer ansehe, bemerke ich hier und da ein Stück Metall oder Plastik. Nicht alle sind ausschließlich aus Fleisch und Blut. Manche sind auch wie ich. Wie ich und Tom.
»Warum bist du so?«, frage ich.
»Die Maschinen haben Veränderungen an uns vorgenommen«, antwortet Tom. »Wir sind anders, aber doch dieselben. Wir nennen uns transhuman.«
Transhuman.
»Ist es in Ordnung, wenn ich sie berühre?«, will Tom wissen und deutet mit dem Kinn auf meine Augen.
Ich nicke und lasse ihn mein Gesicht berühren. Aufmerksam mustert er meine Augen und streicht mit den Fingern über die Stellen, an denen die Haut sich in Metall verwandelt.
»So etwas habe ich noch nie gesehen«, meint er. »Es ist nicht fertig. Rob ist nicht damit fertig geworden. Was ist passiert, Mathilda?«
»Meine Mom«, sage ich.
Mehr kriege ich nicht raus.
»Deine Mom hat die Operation gestoppt?«, fragt er. »Gut gemacht.«
Tom steht auf. »Dawn«, sagt er. »Das hier ist unglaublich. Das Implantat hat keinen Regler. Rob ist nicht dazu gekommen, ihm ein Geschirr anzulegen. Keine Ahnung. Ich meine, Gott weiß, was sie damit alles machen kann.«
Eine Welle beschleunigter Herzschläge rollt auf mich zu.
»Wieso seid ihr alle so aufgeregt?«, erkundige ich mich.
»Weil wir glauben, dass du möglicherweise mit den Maschinen reden kannst«, erklärt Dawn.
Dann stöhnt Nolan auf. Es ist jetzt zwei Stunden her, seit wir hier angekommen sind, und er sieht furchtbar aus. Sein Atem geht schnell und flach.
»Ich muss meinem Bruder helfen«, sage ich.
Fünf Minuten später haben Marcus und Tom Nolan neben den Autodoc gelegt. Die Maschine hat die Beine erhoben und steht über dem schlafenden Körper meines Bruders wie eine Spinne über ihrer Beute.
»Mach eine Röntgenaufnahme, Mathilda«, fordert Dawn mich auf.
Ich lege die Hand auf den Autodoc und rede im Geiste damit: Hallo? Bist du da?
Geben Sie gewünschte Funktion an.
Röntgen?
Die Spinnenbeine beginnen, sich zu bewegen. Einige weichen zur Seite, während andere sich um Nolans Körper legen. Aus den sich windenden Beinen kommen seltsame Klickgeräusche.
Diesmal werden die Worte in meinem Kopf von einem Bild begleitet. Drehen Sie Patienten auf Vorderseite. Entfernen Sie Kleidung über Epiduralraum.
Ich drehe Nolan sanft auf den Bauch. Dann schiebe ich sein Hemd nach oben. Dort, wo sich seine Wirbelsäule unter der Haut abzeichnet, sind überall dunkle, krustige kleine Blutflecken.
Mach ihn wieder gesund, teile ich dem Autodoc per Gedankenkraft mit.
Error, erwidert er. Chirurgische Funktion nicht verfügbar. Datenbank fehlt. Keine Verbindung zu Daten. Antenne muss angebracht werden.
»Dawn«, sage ich. »Er weiß nicht, wie man operiert. Er will eine Antenne, damit er sich die nötigen Informationen beschaffen kann.«
Marcus wendet sich beunruhigt Dawn zu. »Er versucht, uns reinzulegen. Wenn wir ihm die Antenne geben, ruft er Verstärkung. Dann spüren sie uns hier auf.«
Dawn nickt. »Mathilda, wir können nicht riskieren, dass …«
Als sie mich sieht, bricht sie mitten im Satz ab.
Irgendwo in meinem Kopf weiß ich, dass sich hinter mir die Arme des Autodocs lautlos in die Luft erheben. Die unzähligen Nadeln und Skalpelle funkeln drohend über den schwankenden Beinen. Nolan braucht Hilfe, und wenn sie ihm keine geben wollen, haben wir ein Problem.
Ich runzle die Stirn und sehe die anderen entschlossen an.
»Nolan braucht mich.«
Marcus und Dawn schauen sich noch einmal
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