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Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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sich die Maschine langsam, wie eine gähnende Katze.
    Ich spüre eine Hand auf meiner Schulter. Dawn steht neben mir. Von ihrem Gesicht geht Wärme aus. Sie ist aufgeregt.
    »Das ist unglaublich. Warte, ich will dir was zeigen«, sagt sie.
    Dawn führt mich zu einem an der Wand hängenden Laken. Sie zieht es weg, und in der dunklen Nische dahinter hockt ein Wesen aus einem Alptraum. Dutzende Spinnenbeine lauern in der Dunkelheit, kaum einen Meter von meinem Gesicht entfernt. Ich hab diese Maschine schon einmal gesehen. Sie war das Letzte, was ich auf natürliche Weise gesehen habe.
    Ich schreie und stürze, krabble entsetzt rückwärts.
    Dawn packt mich hinten an meinem Hemd, und ich versuche, mich zu wehren, aber sie ist zu stark. Sie lässt das Laken wieder vor die Wand fallen, stellt mich vor sich auf die Füße und lässt geduldig mein Schlagen und Kratzen über sich ergehen.
    »Mathilda«, beruhigt sie mich. »Ist schon okay. Die Maschine ist nicht an. Hör mir zu.«
    Ich wusste nie, wie wichtig weinen ist, bis ich keine Augen mehr hatte.
    »Ist das die Maschine, die dir weh getan hat?«, fragt sie.
    Ich bringe nicht mehr als ein Nicken zustande.
    »Sie ist aus, Liebling. Sie kann dir nichts tun. Verstehst du?«
    »Ja«, antworte ich und fange mich langsam. »Tut mir leid.«
    »Ist schon in Ordnung, Liebes. Ich verstehe das. Ist schon okay.« Dawn streicht mir sanft übers Haar. Wenn ich die Augen schließen könnte, würde ich es tun. Stattdessen beobachte ich, wie das Blut ruhig durch ihr Gesicht pulsiert. Dann setzt mich Dawn auf einen Betonklotz. Die Muskeln in ihrem Gesicht spannen sich an.
    »Mathilda«, sagt sie. »Diese Maschine ist ein Autodoc. Wir haben sie von oben. Sie herzubringen war nicht leicht. Dabei sind Menschen verletzt worden … manche sind sogar gestorben. Aber wir können sie nicht benutzen. Wir wissen nicht, warum. Du hast was Besonderes an dir, Mathilda. Das weißt du, oder?«
    »Meine Augen«, erwidere ich.
    »Ja, Liebling. Deine Augen sind etwas Besonderes. Aber ich glaube, das ist nicht alles. Die Maschine in deinem Gesicht ist auch in deinem Gehirn. Du hast den Spiker dazu gebracht, sich zu bewegen, indem du einfach daran gedacht hast, oder?«
    »Ja.«
    »Kannst du dasselbe mit dem Autodoc versuchen?«, fragt sie und zieht langsam wieder den Vorhang zurück. Jetzt erkenne ich den ovalen weißen Körper, von dem die vielen Beine abgehen. Wo sie auf den Körper treffen, sind dunkle Lücken. Die Maschine sieht aus wie einer der Engerlinge, die Nolan und ich früher manchmal im Garten ausgegraben haben.
    Ein leichtes Zittern durchläuft meinen Körper, aber ich wende den Blick nicht ab.
    »Warum?«, frage ich.
    »Nun, zunächst schon mal, um deinem kleinen Bruder das Leben zu retten, Liebling.«
    Dawn schleift den Autodoc in die Mitte des Raums. Während der nächsten halben Stunde sitze ich im Schneidersitz davor und konzentriere mich darauf, wie ich mich auf den Spiker konzentriert habe. Erst zucken die Beine des Autodocs nur leicht. Kurze Zeit später kann ich sie jedoch richtig bewegen.
    Ich brauche nicht lange, um ein Gefühl für die Beine zu bekommen. An jedem sitzt ein anderes Instrument, aber ich erkenne nur ein paar davon: Skalpelle, Laser, Lampen. Nach einer Weile kommt mir die Maschine nicht mehr so fremd vor. Ich begreife, wie es sich anfühlt, so viele Arme zu haben und sich ständig all dieser Arme bewusst zu sein, während man trotzdem nur auf die zwei konzentriert ist, die man gerade benutzt. Immer wieder bewege ich die dünnen Spinnenbeine und gewöhne mich allmählich daran.
    Dann richtet der Autodoc das Wort an mich: Diagnostischer Schnittstellenmodus gestartet. Bitte gewünschte Funktion angeben.
    Ich erschrecke mich und kann mich nicht mehr richtig konzentrieren. Die Worte waren mit einem Mal in meinem Kopf, als würden sie über die Innenseite meiner Stirn laufen. Wie kann der Autodoc mir Worte in den Kopf setzen?
    Erst da fallen mir all die Leute auf. Ungefähr zehn Überlebende sind in den Tunnel zurückgekehrt. Im Halbkreis stehen sie um mich herum und beobachten mich. Ein Mann steht hinter Dawn und hat die Arme um sie geschlungen, auf die Dawn wiederum die Hände gelegt hat. Es ist das erste Mal seit unserer Flucht, dass ich so viele Menschen sehe.
    Eine Welle roter und orangefarbener Pulsstöße rollt auf mich zu. Die Lichtstreifen stammen von ihren schlagenden Herzen. Der Anblick ist schön, aber auch frustrierend, weil sich die Schönheit schwer mitteilen

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