Rock Rats Saga 02 - Astroidensturm
gepflegten Verspätung in Anspruch zu nehmen.
Nach und nach trafen auch die anderen Gäste ein, und Humphries' Bedienstete führten sie ins luxuriös möblierte Wohnzimmer. Willi Dieterling erschien in Begleitung von zwei jüngeren Männern; er stellte sie Humphries als seine Neffen vor.
»Darf ich Ihnen zu Ihrer erfolgreichen Bewältigung der Krise im Nahen Osten gratulieren, Sir«, sagte Humphries.
Dieterling lächelte leicht verlegen und fasste sich an den gestutzten grauen Bart. »Das ist nicht nur mein Verdienst«, sagte er leise. »Beiden Seiten war die Munition ausgegangen. Meine Leistung bestand im Wesentlichen darin, die Waffenhändler dazu zu bewegen, ihnen keine Munition mehr zu verkaufen.«
Alle lachten höflich.
»Weil das Mittelmeer Israel zu überfluteten drohte und Tigris und Euphrat den halben Irak wegspülten, waren beide Seiten schließlich kooperationsbereit.«
»Trotzdem«, sagte Humphries, als der Kellner ein Tablett mit Champagnergläsern brachte, »haben Sie etwas geleistet, das…«
Er verstummte und schaute an Dieterling vorbei. Alle Blicke richteten sich auf die Tür. Dort stand Big George Ambrose mit seinem zottigen roten Haar und dem Rauschebart und fühlte sich sichtlich unwohl in einem eng sitzenden Dinnerjackett. Zu seiner Rechten war Kris Cardenas, die seit über sechs Jahren zum ersten Mal wieder in Selene war. Und zu seiner Linken war Amanda in einem schlichten weißen, ärmellosen Kleid.
Als Schmuck trug sie eine Perlenkette und ein Goldgliederarmband.
Humphries ließ Dieterling und die anderen einfach stehen und eilte zu Amanda.
Er hatte plötzlich einen trockenen Mund und musste erst mal kräftig schlucken, bevor er ein »Hallo« hervorbrachte.
»Hallo, Martin«, sagte Amanda ernst.
Er kam sich vor wie ein schüchterner Schuljunge und wusste nicht, was er sagen sollte.
Es war ausgerechnet Pancho, die ihn rettete. »Hallo, Mandy!«, rief sie fröhlich und ging auf sie zu. »Schön, dich zu sehen.«
Humphries war Pancho fast dankbar, dass sie es übernahm, Amanda, Cardenas und Big George Dieterling und seinen Neffen vorzustellen. Dann traf Doug Stavenger mit seiner Frau ein, und die Gesellschaft war vollzählig.
Während die Gäste Champagner süffelten und parlierten, rief Humphries einen der Kellner herbei und wies ihn an, die Sitzordnung im Esszimmer zu ändern. Er wollte, dass Amanda zu seiner Rechten saß.
Zwei Minuten später kam sein Butler zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr: »Sir, Doktor Dieterling müsste eigentlich zu Ihrer Rechten sitzen. Diplomatisches Protokoll…«
»Zum Teufel mit dem Protokoll!«, zischte Humphries. »Ändern Sie die Sitzordnung. Sofort!«
Der Butler wirkte überaus besorgt. Da schaltete Verwoerd sich ein und sagte: »Ich werde mich darum kümmern.«
Humphries nickte ihr zu. Sie und der Butler verschwanden im Esszimmer. Humphries wandte sich wieder Amanda zu.
Sie schien geradezu wie eine Göttin zu strahlen inmitten der plappernden Normalsterblichen, in deren Mittelpunkt sie stand.
Das Dinner war lang und ausgiebig. Humphries war sicher, dass die Konversation anspruchsvoll und tiefschürfend war; so hatten die Teilnehmer an der morgigen Konferenz die Möglichkeit, sich schon einmal kennen zu lernen. Das sporadische Gelächter zeigte, dass auch der Humor nicht zu kurz kam.
Humphries hörte aber gar nicht zu. Er hatte nur Augen für Amanda. Sie lächelte hin und wieder, aber ihm schenkte sie kein Lächeln. Sie unterhielt sich mit Dieterling, der auf der anderen Seite von ihr Platz genommen hatte und mit Stavenger, der ihr am Tisch gegenübersaß. Sie sprach aber kaum ein Wort mit Humphries, und ihm fiel es auch schwer, mit ihr ins Gespräch zu kommen ‒ vor allem in Gegenwart der vielen anderen Leute. Nach dem Dinner wurden Drinks in der Bibliothek serviert. Als die antike Standuhr in der Ecke Mitternacht schlug, verabschiedeten die Gäste sich. Amanda ging mit Cardenas und Big George. Pancho blieb, bis alle anderen gegangen waren.
»Zuerst rein, zuletzt raus«, sagte sie und stellte schließlich ihr Glas auf die Bar. »Ich möchte nämlich nichts verpassen.«
Humphries überließ es Verwoerd, Pancho zur Tür zu bringen. Er ging hinter die Bar und goss sich einen ordentlichen Whisky ein.
Als Verwoerd zurückkehrte, hatten ihre vollen Lippen sich zu einem sybillinischen Lächeln gekräuselt. »In natura ist sie noch schöner als auf dem Bildschirm.«
»Ich werde sie heiraten«, sagte Humphries.
Nun musste Verwoerd lachen.
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