ROD - Die Autobiografie
hinunter, hängte mir den Gurt mit den roten Quasten um den Hals und klimperte eine Zeit lang auf ihr herum. Und ich nahm sie mit in die Schule. Andere hatten auch welche dabei. Ein paar von uns, die ungefähr wussten, wie man eine Gitarre hält, trafen sich in der Pause auf dem Spielplatz und probierten das neueste Ding aus: Skiffle, den Sound, der den Stil der amerikanischen Jug-Bands des frühen 20. Jahrhunderts mit seinen Banjos und Waschbrettern, Töpfen und Pfannen wiederaufleben ließ. Es war die Zeit von Lonnie Donegan, und wieder war es mein Bruder Don, der »Cumberland Gap« auf Platte hatte. Wir nannten uns Kool Kats, was wir für einen ziemlich ausgefuchsten Namen hielten, und auf dem Höhepunkt der Band waren wir sieben Gitarristen und ein Typ am Teekisten-Bass. Nicht gerade ein typisches Line-up, ein wenig gitarrenlastig vielleicht. Eifrig arbeiteten wir an dem besten Lonnie-Donegan-Song: »Rock Island Line« – das war diese geniale Nummer, der auch Anfänger nicht viel anhaben konnten, und wohl der erste Song, den ich von vorne bis hinten durchsang. Vermutlich hätte die Version der Kool Kats besser geklungen, wenn einer aus der Band gewusst hätte, wie man eine Gitarre stimmt. Doch zu diesem tiefen musikalischen Mysterium war bisher noch keiner von uns sieben vorgedrungen. Also hauten wir in die Saiten und hofften.
Zum Glück kannte mein Vater jemanden, der in das Geheimnis eingeweiht war. Ihn besuchte ich regelmäßig, um meine Gitarre stimmen zu lassen. Dummerweise wohnte er jedoch ungefähr anderthalb Meilen von uns entfernt, sodass meine Klampfe, wenn ich zu Hause ankam, schon wieder verstimmt war. Sollten in diesen ersten Gehversuchen die Anzeichen für eine zukünftige Karriere gesteckt haben, so hätte man schon sehr genau hinsehen müssen, um sie auch nur ansatzweise zu erkennen.
Was ich sonst noch an wesentlichen Gaben von der weiterführenden Schule mitbekommen habe, waren zwei Verliebtheiten, die mich nachhaltig prägten und weder in dem einen noch dem anderen Fall erwidert wurden: Meine erste große Liebe war Mrs. Plumber, die Geschichte unterrichtete und, aus meiner damaligen Sicht viel interessanter, einen Bleistiftrock trug, der kurz unter dem Knie endete; die zweite, mit dreizehn, war Juliet Truss, zwei Stufen über mir. Sie hatte lange rote Haare und riesige Brüste und war vollkommen unerreichbar. Das hinderte mich jedoch nicht daran, sinnlos vor ihrem Haus in der Nähe der Bus-Endhaltestelle Muswell Hill herumzustehen. Falls sie mich überhaupt wahrnahm, ließ sie es sich nie anmerken. Und wenn sie gefragt hätte, worauf ich wartete, hätte ich es ihr auch nicht sagen können – ich wusste es ja selbst nicht.
Gegen Ende meiner Schulzeit geriet ich in einen bedauerlichen Zwischenfall, den ich im Nachhinein aufrichtig bereue und der durch ein aufgeblasenes Kondom ausgelöst wurde, das in den Flur flog. (Dumm und kindisch, schon klar. Sie fliegen übrigens wirklich, wenn man sie fest genug aufbläst.) Dafür bekam ich die übliche Tracht Prügel (von der ich sagen kann, dass sie verdammt wehtat), und meine hart erarbeiteten Fußball- und Cricketabzeichen wurden mir für eine Weile abgenommen. Kurz darauf verließ ich die Schule ohne Abschluss und mit einem immer noch leicht schmerzenden Hinterteil.
Ich war fünfzehn, die Welt lag mir zu Füßen, funkelnd vor Möglichkeiten, und als Nächstes würde ich …
Ich hatte keinen blassen Schimmer.
KAPITEL 2
In welchem sich dem Helden die Tür zu einer Karriere im Profifußball öffnet und eine Stunde später wieder vor der Nase zugeschlagen wird. Und in welchem er allerlei schockierend niedere Tätigkeiten verrichtet, an deren Ende eine Phase rebellischen Stinkens steht.
P rofifußball – das klassische Ventil für ein unterqualifiziertes Arbeiterkind ohne Beziehungen. Doch auch hier muss unsere Erzählung von einigen Versionen, die im Umlauf sind, abweichen. Ihnen zufolge wurde ich im Alter von fünfzehn Jahren vom Brentford Football Club aus der englischen Profiliga als Talent gesichtet und unterzeichnete einen Vertrag als Jungprofi. Dann läuft alles wie geschmiert, ich komme von heute auf morgen in die erste Mannschaft und führe Brentford zu neuen, in kühnsten Träumen nicht für möglich gehaltenen Höhen, akzeptiere notgedrungen, dass ich den Verein so weit gebracht habe, wie man einen Verein als einzelner Spieler eben bringen kann, willige ein in einen Transfer zu einem größeren Verein – wie zum Beispiel Manchester
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