Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
als dessen Hand sich auf seine Schulter legte.
„Herr!“
„Konntest du Lynthis erreichen?“
„Ja, Herr. Eure duldsamen Lektionen tragen endlich Früchte“, sagte Janiel unterwürfig, verneigte sich tief vor Rynwolf, zeigte Demut und Ehrfurcht in seinem niedergeschlagenen Blick, als er sich wieder aufrichtete. „Famros berichtet von einer geeigneten Frau, sie wird so schnell wie möglich nach Roen Orm gebracht werden. Noch etwa zwei Wochen, Herr, dann könnt Ihr Ilat die Stirn bieten.“
„Zwei Wochen sind lang, diese Hexe hat in einem Monat die halbe Stadt für sich eingenommen!“, schrie Rynwolf voller Zorn. „Ich hätte diese Frau vernichten sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte!“
„Vergebt mir, Herr, es ist meine Schuld gewesen. Wir hatten sie in unserer Gewalt …“
„Schon gut, Janiel. Ich wollte dich nicht an diese finstere Stunde erinnern, wir haben beide unter dieser Hexe leiden müssen.“ Rynwolf musterte Janiel intensiv. „Du machst nun endlich unglaubliche Fortschritte, viel schneller, als ich es je zu träumen gewagt hätte. In dieser schweren Zeit bist du tatsächlich der einzige Mann, dem ich noch traue.“
Janiel neigte den Kopf, aus Sorge, sich zu verraten. Neuerdings sprach Rynwolf ihm sein Vertrauen aus, lobte ihn vor allen anderen, war freundlich, auf väterliche Weise besorgt. All das hatte Janiel jahrelang ersehnt, alles hätte er dafür gegeben … Und nun, wo er diese Anerkennung nicht mehr brauchte, sie gar nicht haben wollte, bekam er sie im Überfluss. Es schmerzte, zerrte an seinem Gewissen. Rynwolf war kein böser Mensch, wenn er doch nur einsehen könnte, dass er sich in vielen Dingen irrte, dass es bessere Wege gab, Ti zu dienen, Roen Orm zu dienen!
„Du zuckst noch immer vor mir zurück?“ Rynwolf legte beide Hände auf Janiels Schultern und beugte sich vor, um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Sehe ich da Zweifel? Angst?“ Janiel wand sich, um zu entkommen, blickte angestrengt zur Seite.
„Ich war stets hart zu dir. Zu hart, das weiß ich heute. Als du Garnith’ Fängen entkommen warst, dachte ich, Härte wäre der beste Weg, klare, strikte Regeln, die dich lehren sollten, ein guter Priester zu sein. Garnith war ein großer, ein brillanter Mann, aber der Wahnsinn seiner letzten Jahre hätte dich beinahe zerstört. Ich sehe mittlerweile ein, dass ich nachgiebiger hätte sein müssen. Geduldiger. Weniger Strafen verhängen, wenn dein fiebriger Verstand mal wieder auf Wanderschaft ging, sondern Nachsicht mit deinen Ängsten und Zweifeln haben.“
Janiel ballte die Fäuste, um die Tränen zu verbergen, die sich ungewollt sammelten. Warum nur? Warum musste Rynwolf ihn quälen? Es war doch längst zu spät für all das!
„Zweifle nicht an dir selbst, Janiel. Du bist noch jung, du kannst alles erreichen, jetzt, wo du dich Ti geöffnet hast! Sieh, was du in so kurzer Zeit lernen konntest! Ich brauche dich an meiner Seite. Die Hexe will mich vernichten, aus Rache, weil ich eine ihrer Schwestern getötet habe. Sie ist bereit, Ilat wie eine Marionette zu benutzen, um ihre Ziele zu erreichen. Die Gefahr, das ist dir auch klar, Janiel, liegt darin, dass Ilat keine Marionette ist, sondern ein unberechenbarer, launischer Mann, schneller gelangweilt als ein kleines Kind.“
Janiel wartete angespannt, wohin das Gespräch führen würde. Irgendetwas wollte Rynwolf von ihm … Ob seine aufwühlenden, so freundlichen Worte von vorhin wirklich ernst gemeint gewesen waren? Oder sollten sie nur als Mittel zum Zweck dienen, um Janiel für sich zu gewinnen?
„Ilat mag dich, Ti weiß warum. Gewiss bist du ein einnehmender junger Mann, aber eigentlich mag Ilat niemanden, nicht einmal sich selbst. Nutze diesen Vorteil. Geh zum König, es werden sich Vorwände finden. Wenn Ilat gerade nicht sein neuestes Spielzeug begafft, plant er immer noch einen Großkrieg! Geh zu ihm. Biete ihm dein Ohr, sei sein Vertrauter. Finde heraus, was er will, was er braucht, was er fürchtet. Finde seine Schwachpunkte. Es wird nicht reichen, eine adlige Dame zu präsentieren, damit er die Hexe aus seinem Bett tritt, er benötigt Druck, massiven Druck! Du bist bereit für solch ein Wagnis, nicht wahr?“
Janiel nickte stumm und begegnete ganz kurz dem brennenden Blick des Priesters.
„Es ist möglich, dass die Hexe versuchen wird, ihre Klauen an dich zu legen“, presste Rynwolf mühsam beherrscht im Zorn hervor. „Schon einmal hat sie deinen Geist verwirrt, sei gewappnet! Sie weiß, du
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