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Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)

Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)

Titel: Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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sich in viel zu kurzer Zeit. Menschen, die sterben sollten überleben, andere sterben, der gesamte Fluss von Schicksal und Fügung ist aus dem Gleichgewicht. Nicht einmal die Gesetze der Himmel scheinen noch zu gelten. Der Sog, der Anevys Zeit im Vergleich zu uns verlangsamte, sollte noch auf Jahre anhalten, und unterbrochen werden, sobald ich den neuen Zugang erschaffe. Stattdessen wurde er abgelenkt, und meine Heimatwelt hat nun annähernd wieder den gleichen Zeitverlauf wie wir. Wenn mein Plan nicht aufgeht, steht womöglich am Ende die Steintänzerin am richtigen Punkt, die Prophezeiung erfüllt sich, aber ich bin nicht bereit, einen neuen Seitenarm des Weltenstrudels zu öffnen und so mein Volk heimkehren zu lassen. Meine Pläne müssen sich beschleunigen und ich weiß noch nicht genau, wie.“
    Thamar setzte sich auf und drehte Maondny so, dass ihr Kopf an seiner Brust geborgen lag. Erstaunt bemerkte er, dass er sich an das Nichts anlehnen konnte, es bot ihm Widerstand. Müßig, darüber nachzudenken.
    „Alles verdichtet sich nun. Jede einzelne Entscheidung der Schicksalsträger verändert den Takt der gesamten Welt. Du bist einer dieser Träger, Inani ebenso, ich selbst leider auch … Janiel ist es vor kurzem geworden, und einige andere noch dazu. Den großen Verlauf des gesamten Gefüges kann ich im Blick halten, es sind die winzigen Kleinigkeiten, die mir entgehen.“
    „Ist es denn schlimm?“, murmelte er, während er zärtlich über ihren schmalen Rücken streichelte.
    „Es ist, als würdest du in einer Frühlingsnacht schlafen gehen und im Winter erwachen. Oder als würde ein Weg, der immer nach rechts abgezweigt war, plötzlich nach links führen. Winzige Kleinigkeiten haben riesige Auswirkungen im Schicksalsgeflecht.“
    „Dass ich mich entschlossen habe, etwas länger hier sitzen zu bleiben als du gedacht hast, Maondny, hat das auch Auswirkungen?“, fragte er, um nicht länger über das nachdenken zu müssen, was er gar nicht verstehen oder wissen wollte.
    „Nein. Wir können tun, was wir wollen, solange wir wollen, so oft wir wollen, es ist gleichgültig. Irgendwann einmal werden wir aufstehen und den Weg in die Vergangenheit beschreiten müssen, bis dahin haben wir alle Zeit der Ewigkeit. Das eigentliche Leben findet außerhalb dieses Zeitenstroms statt.“ Sie blickte erstaunt zu ihm hoch, aus goldenen Augen, als ihr die Bedeutung ihrer eigenen Worte klar wurde.
    „Und die Auswirkung auf unser weiteres Leben?“
    „Wenn keiner von uns etwas tut, was das Vertrauen des anderen zu ihm zerstört, besteht keine Gefahr“, hauchte sie, während ihre Iriden die Farbe des Himmels annahmen.
    Thamar küsste ihre Stirn, nahm sanft ihr wunderschönes Gesicht zwischen seine Hände.
    „Dann warne mich, sobald du voraussiehst, dass ich dir oder deinem Vertrauen gefährlich werde“, flüsterte er. Doch in ihren Augen sah er nur Liebe, Staunen und Glück über all das, was sie beide sich so lange gewünscht und nie erhofft hatten.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

12.
     
    „Lebt wohl. Sollten die Götter uns lieben, werden wir uns bald wieder sehen, in diesem oder auch dem nächsten Leben.“
    Abschiedsgruß der Elfen
     
    Jordre schwebte. Zumindest fühlte sich der Trancezustand, in den Ledreas Magie ihn versetzt hatte, genau so an. Ruhelose Bilder rasten durch sein Bewusstsein, viel zu schnell, um sie zu begreifen. Schmerz durchzog alles, was er wahrnahm, brennender, zerreißender Schmerz.
    „I-stanam eidyonet!“, schrie jemand. Eine von Qual zerrüttete, ferne Stimme. Es dauerte lange, bis Jordre diese Stimme erkannte: Er selbst war es, der diese Wort rief, wieder und immer wieder. Noch länger dauerte es, bis er die Bedeutung der Worte begriff: „Ich werde nichts verraten!“
    Ein Gesicht schälte sich aus dem Strudel flackernder Bilder hervor, kam langsam näher. Ein dunkelgraues Orngesicht, spitz und seltsam deformiert, als hätte man es mit einem Schmiedehammer zerschlagen und anschließend nur noch ungefähr zusammensetzen können. In den schwarzen Augen des Orn loderte etwas, das über Wahnsinn hinausging. Vielfalt. Nicht ein, sondern tausende Lebewesen starrten auf Jordre nieder, manche zornig, andere voller Hass, die meisten brennend vor Todesangst und Schmerz.
    Entsetzt begann Jordre zu schreien, versuchte diesem Anblick zu entkommen, dieser Erinnerung, die ihm gehörte. Die er nicht besitzen wollte. Aber es gab kein Entrinnen, denn egal, wohin er zu fliehen

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