Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
dutzender Hexen stellen müssen, hatte ein langes Gespräch mit der Königin geführt und ein noch viel längeres mit Ronlad. Ah, wenn er Inani nicht kennen würde, wäre er nicht mehr aus diesem Tempel inmitten der Wildnis fortgegangen! Hier wurde Ti verehrt, wie es dem feurigen Gott gebührte. Doch sein Schicksal war gebunden, darum hatte er schweren Herzens Abschied genommen, als Inani zu ihm kam.
Die Schreie vor der Tür bewiesen, dass man wohl schon ziemlich lange vergeblich versuchte, sich Zutritt zu verschaffen. Ein Glück, dass die schmalen Gänge keinen Platz für Rammböcke ließen und man keine Feuermagie riskieren würde. Die schwere Tür hielt dem Ansturm seiner Brüder stand – noch.
Trotz der Gefahr blieb Inani noch lange genug für einen Kuss, bevor sie sich als Kyphra unter Janiels Bett verbarg.
Er selbst warf sich hastig vor seinem Gebetsschrein nieder, holte seine Tjuva, das Gebetsamulett, hervor und nahm eine kauernde Haltung ein, während er lautlos Lobpreisungen auf Ti rezitierte. Er rührte sich nicht, als die Tür mit Luftmagie aufgerissen wurde.
„Janiel!“
„Ist er tot? Schnell, sprich!“
„Nein, Herr, er ist … Seht selbst …“
Janiel umklammerte weiterhin die Tjuva und reagierte nicht auf die Stimmen der Geweihten. Erst, als Rynwolf ihn behutsam an der Schulter berührte, hob er zögerlich den Kopf.
„Was ist mit dir? Warum öffnest du nicht die Tür? Du siehst völlig erschöpft aus“, rief er besorgt.
Janiel fühlte sich verwirrt genug, sodass er sich nicht groß anstrengen musste, um Rynwolf zu überzeugen. Mühsam richtete er sich auf, blickte dabei desorientiert von einem Gesicht ins nächste.
„Ich habe gebetet, Herr“, flüsterte er. „Gebetet und meditiert.“
„Über zwei Tage lang?“ Rynwolf nahm ihm sanft die Tjuva aus den Händen und zog ihn hoch.
„Ja, Herr. Ich war Ti so nahe wie noch nie in meinem Leben. Ich habe ihn gespürt, tief in mir!“ Janiel spürte, dass er bei diesen Worten von innen her strahlte wie die Sonne selbst – nur, dass der Grund dafür in Schlangengestalt unter seinem Bett lag statt fern am Himmel zu leuchten. Rynwolf lächelte, als er ihn stützte, damit er nicht zusammenbrach.
„Ich wusste, du hast wirkliche Hingabe tief in dir, Janiel“, sagte er voller Stolz. Auch die Priester, die Rynwolf begleiteten, wirkten begeistert.
„Bringt ihm Wasser, er muss trinken und ruhen“, befahl er. Janiel ließ sich von seinen sonst so ablehnenden Mitbrüdern umsorgen wie ein krankes Kind, hielt dabei das entrückte Lächeln die ganze Zeit aufrecht. Sie verbanden seine Knie, die zum Glück noch von seiner Begegnung mit Thamar verschrammt waren und seine Brüder restlos überzeugten, dass er tagelang gebetet haben musste. Seine zahlreichen anderen Blessuren erklärte er verschämt mit Stürzen in Momenten der Schwäche. Sie bedauerten und bewunderten ihn zugleich, während sie ihm mit Verbänden und Heilsalben
zu Leibe rückten.
Als man ihn endlich allein ließ, gewaschen und frisch eingekleidet, glitt ihm die Kyphra über Arme und Bauch. Janiel ließ es geschehen, das riesige Reptil ängstigte ihn nicht, obgleich er froh war, als es sich endlich wieder in Inani verwandelte.
„Bist du müde nach dieser gelungenen Vorstellung?“, fragte sie neckend und küsste seine Nasenspitze.
„Nein. Eher erstaunt, dass Ti mich noch nicht für meine Lügen erschlagen hat.“ Ihm war allzu bewusst, dass Inani nackt neben ihm lag und er hatte das Verlangen in ihrer Stimme gehört.
„Inani, ich …“ begann er, voller Unbehagen und Scham.
„Willst du mich nicht?“ Sie lachte leise bei dieser Frage und schmiegte sich dicht an ihn.
„Doch! Es ist nur …“
„Sei unbesorgt, Janiel. Ich weiß, dass du noch keiner Frau nahe warst, sondern dein Leben mit beten, arbeiten und Schriftrollen verbracht hast. Wir haben nicht viel Zeit, Rynwolf wird gewiss dafür sorgen, dass man heute mehrfach nach dir sieht. Zudem war deine Erschöpfung keine Lüge. Auf keinen Fall will ich mit Hast zerstören, was mit Duldsamkeit blühen würde. Ich will die Liebe genießen!“
Sie küsste ihn voller Leidenschaft, wie schon einmal, als sie ihm ihr Zeichen eingebrannt hatte, und Janiel ergab sich gerne ihrer Führung. Ihre fordernden Lippen entflammten seine Lust, er öffnete sich ihrer suchenden Zunge, umarmte ihren schlanken, starken Körper. Doch sie wehrte ihn liebevoll ab, als er sie scheu zu streicheln begann.
„Nicht heute Nacht, mein Liebster“,
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