Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
intrigieren, allerdings nicht allzu offen, da der König ja Gefallen an mir gefunden hat.“ Inani lächelte kalt, nippte dabei an ihrem eigenen Weinkelch und betrachtete prüfend ihr Äußeres, das sich in dem blank polierten Silber spiegelte. Sie war kaum zu erkennen: Eine raffinierte magische Illusion veränderte ihr Gesicht, es gab ihr einen exotischen Ausdruck. Schwarze mandelförmige Augen sahen ihr entgegen, unter kunstvoll aufgestecktem, mit bunten Federn geschmücktem Haar. Ihr farbenfrohes Obergewand ließ den Bauch frei, bedeckte aber züchtig Brust und Arme, bis fast hinab zu den Fingern, an denen sie zahlreiche Ringe trug. Der mit Goldfäden durchwirkte Rock fiel bis auf ihre bloßen Füße.
„Tragen die Adligen in Kashuum wirklich keine Schuhe?“, fragte Ilat zweifelnd.
„Woher soll ich das wissen? In ganz Kashuum gibt es keine Adligen.“ Inani kicherte und zwinkerte ihm zu. „Gefalle ich dir nicht? Soll ich mir ein paar schöne Sandalen besorgen?“
„Nein, lass nur. Wenn es nach mir ginge, könnten die Damen von Kashuum auch nackt laufen.“ Er starrte sie offen an, mit einem Blick, der sich durch die dünnen Stoffschichten zu brennen drohte, mit denen Inani sich bedeckte.
„Sei nicht so gierig, Ilat. Du bekommst mich erst, wenn ich Königin geworden bin.“
Was sowieso nie geschehen wird, mein König!
„Wer sollte mich hindern, dich auszupeitschen, wenn du dich mir verweigerst?“
„Dein Verlangen nach Macht, mein König. Sei schön artig, dann darfst du mir die Hand küssen und mich beim nächsten Ball zum Tanz auffordern.“ Sie räkelte sich, um ihm all ihre Vorzüge in Erinnerung zu bringen.
Ilat brummte nur unwirsch. „Warum sollte ich jetzt eigentlich Rynwolf rufen? Willst du ihn schon töten?“, fragte er nervös. Inani seufzte innerlich. Sie hatte es ihm mehrmals ausführlich erklärt, aber entweder war Ilat zu betrunken oder zu sehr von ihrem Anblick abgelenkt gewesen, um es sich zu merken. Dieser Mann hatte sich selbst zugrunde gerichtet. Doch noch war er gefährlich, man wusste nie, wann sein einst so brillanter Verstand sich regte. Ilat war und blieb gefährlich, man durfte ihn nie unterschätzen. Oft genug gab er sich auch absichtlich dumm oder verwirrt, um seine Gegner anzulocken und zu vernichten, wenn sie sich im Vorteil glaubten.
„Nein, ich werde ihn nicht töten. Viel zu früh, es muss langsam angegangen werden, damit es keinen Aufruhr in der Stadt gibt. Der werte Erzmagier wird über Wochen und Monate hinweg an einer seltsamen Krankheit dahinsiechen.“
Selbstverständlich wird er das nicht, liebster Ilat, das muss ich dir wohl kaum auf die Nase binden! Nein, ich brauche Rynwolf lebend, er ist der einzige Priester, der dich unter Kontrolle hat. Stirbt er, findest du eine willige Marionette und führst deinen schwachsinnigen Krieg aus. Das lasse ich nicht zu! Ah, du weißt es noch nicht, aber bald ist der Erzpriester dein größter Feind, und ihr seid beide zu beschäftigt für Kriegsspielchen.
Sie lächelte bösartig, um die Gedankenpause zu überbrücken.
„Nein, Rynwolf beherrscht die Luftmagie zu gut und könnte meine Illusion deshalb durchschauen. Damit mein schönes Spiel nicht sofort beendet ist, müssen wir den Erzpriester erst einmal an die Kandare legen, meinst du nicht?“
Inani beugte sich vor und wisperte erneut Ilat ihren Plan ins Ohr, achtete dabei darauf, dass er nichts von dem sehen konnte, was sich unter ihrer seidenen Wickelbluse befand.
Als die Tür sich nach kurzem Klopfen öffnete, stand sie hinter Ilat, der in einem gepolsterten Lehnstuhl Platz genommen hatte, und massierte mit kundigen Händen seinen Nacken, liebkoste seine dunkelblonden Locken, kraulte gelegentlich durch seinen Vollbart. Sie lächelte, als Rynwolf bei ihrem Anblick erstarrte, ließ sich auch von Janiels Erscheinen nicht verwirren. Damit war zu rechnen gewesen, Rynwolf wollte ihn schon immer nach seinen Vorstellungen formen. Jetzt, wo Janiels Glaubensfestigkeit nicht mehr bezweifelt wurde, war es nur eine Frage der Zeit gewesen, wann der Erzpriester ihn wieder zu seinem ersten Schreiber erhob.
„Schließ die Tür, Janiel, wir brauchen keine Zuhörer“, befahl Ilat gelassen.
„Majestät, diese Frau …“, begann Rynwolf entsetzt, doch der König winkte ungeduldig ab.
„Ich weiß, was sie ist. Ich werde sie heiraten, und du, Priester, wirst es nicht wagen, mich daran zu hindern.“
Inani sprach in das entsetzte Schweigen hinein:
„Praktischerweise hast du
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