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Röslein stach - Die Arena-Thriller

Röslein stach - Die Arena-Thriller

Titel: Röslein stach - Die Arena-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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kannst mich doch hier nicht allein lassen!« Ihre Stimme klang flehend, so hatte sie ihre Mutter noch nie reden hören. Jedenfalls nicht mit ihr.
    Was sollte das denn nun wieder bedeuten, sie allein lassen? Soll sie doch froh sein, kann sie ihren Ralph endlich ungestört genießen – und so viel würde sich für ihre Mutter doch gar nicht ändern, sie hatte Antonia doch während der letzten Jahre ohnehin kaum wahrgenommen. Sie antwortete nicht und blieb auch nicht stehen. Ohne ein Wort des Abschieds ging sie zur Haustür, schloss ihr Fahrrad auf und fuhr davon. Sie würde zu spät zur Schule kommen, aber was machte das jetzt noch aus, wo die Schule in drei Tagen zu Ende war? An der ersten Kreuzung piepste es in ihrer Schultasche. Eine SMS von Katie. Super, ich freu mich!
    Mit schwarzer Tinte setzte Frau Dr. Tiedke ihre Unterschrift unter die Entlassungspapiere des Patienten Leopold Steinhauer. Der Mann war sechzig Jahre alt und hatte die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in der forensischen Abteilung des Landeskrankenhauses Wunstorf verbracht. Anfangs hielt sie die Unterbringung in einer Einzelzelle der geschlossenen Abteilung für notwendig, immerhin galt der Mann als gefährlich und unberechenbar. Aber da er sich gut benahm und auch irgendwann zu seiner Tat bekannte, gewährte ihm Frau Dr. Tiedke mit der Zeit immer mehr Lockerungen. Steinhauer war ihr stets höflich begegnet, er hatte nie eine Sitzung verweigert, hatte klaglos alle verordneten Medikamente geschluckt und sich auch sonst geradezu mustergültig verhalten. Er betreute einen Teil des Patientengartens. Von Frühling bis Herbst fand man ihn fast nur dort. Alle Gartenbesucher waren sich einig, dass seine Parzelle mit Abstand der schönste Teil des Gartens war, ein kleines Paradies. Im Winter malte er und hörte dazu klassische Musik.
    In seinem vorigen Leben war er Professor für zeitgenössische Malerei an der Fachhochschule Hannover gewesen. Nachdem er in der Klinik wieder zu malen begonnen hatte, waren seine Bilder regelmäßig von seinem Galeristen abgeholt worden. Sie verkauften sich noch besser und vor allen Dingen teurer als vor seiner Verurteilung. Besonders die »rote Serie«. Steinhauer würde die Klinik nicht als armer Mann verlassen.
    Mit der Zeit hatte sich zwischen Leopold Steinhauer und Frau Dr. Tiedke eine Art Freundschaft entwickelt – natürlich mit der notwendigen Distanz, die die Beziehung zwischen Psychiater und Patient erforderte. Niemals hatte die Therapeutin ihm etwas über ihr Privatleben erzählt. Dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass er vieles über sie wusste. Steinhauer war einfühlsam, klug und charmant, dabei aber niemals anzüglich. Sie hatten oft über Pflanzen gesprochen, aber auch über Malerei, Literatur und Politik. Da er die Tageszeitungen und Magazine, die im Aufenthaltsraum auslagen, regelrecht verschlang, wusste er stets über das Weltgeschehen Bescheid. Er war ihr stets ein angenehmer Gesprächspartner gewesen und ganz im Geheimen musste sich Frau Dr. Tiedke eingestehen, dass sie ihren Lieblingspatienten wohl vermissen würde.
    Vor zwanzig Jahren hatte Leopold Steinhauer ein Mädchen ermordet.
    Aufgrund der Umstände der Tat hatte sein Anwalt vor dem Landgericht Hannover auf vorübergehende Schuldunfähigkeit plädiert und war damit durchgekommen. Somit war Steinhauer eine Haftstrafe erspart worden und er war stattdessen hier, in der Psychiatrie, gelandet.
    Frau Dr. Tiedke seufzte, als sie die Akte zuklappte. Sie hatte schon einige Patienten wie Steinhauer therapiert und schließlich, nach zahlreichen Begutachtungen über Jahre hinweg, in die Freiheit entlassen. Die meisten dieser ehemaligen Straftäter waren sauber geblieben und führten ein unauffälliges, normales Leben. Aber eben nicht alle. Trotz guter Prognose wurden manche doch rückfällig, mitunter erst nach Jahren. Das war das Restrisiko, mit dem die Gesellschaft leben musste.
    Steinhauers Prognose war jedoch so günstig, wie es selten bei einem Patienten vorkam, darin waren sich die Wunstorfer Ärzte mit dem externen Gutachter einig. Seine Entlassung war eine logische Konsequenz daraus, das Risiko denkbar gering. Und doch, ein geringer Zweifel blieb immer.

2.
    Antonias letzte Schultage fühlten sich an wie ein seltsamer Zwischenzustand. Das Alte war in Gedanken schon abgestreift, das Neue noch nicht da. Ihre Freundinnen Sina, Maja und Constanze fanden es schade, dass Antonia sie verließ.
    »Verräterin«, sagte Maja und Antonia wusste, dass

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