Roeslein tot
am Streitn. Mit jedem. Ober direkt mitkriagt hob i des ned, weil er jo nia bei uns vorbeikemma is. Do ko i Eana leider ned weiderheifa, so gern i des auch tat.«
»Trotzdem danke für Ihre Auskünfte«, schließt der Stuhlinger das Gespräch höflich ab. Die Polizisten trinken ihre Tassen leer, bezahlen und machen sich auf den Weg zu ihrem Dienstfahrzeug.
Der Wellmann trottet zerknirscht hinter dem Stuhlinger her und findet dessen finstere Miene ganz schön selbstgerecht. Der Chef hat ja keine Ahnung, wie es ist, von der Bäckerin in die Zange genommen zu werden. Von ihr könnte sich jeder Kriminalist eine Scheibe abschneiden. Heute hat die Vilshoferin jedenfalls aus der Polizei deutlich mehr herausgekriegt als die Polizei aus ihr.
Die Linden rauschen aufgeregt den Polizisten hinterher, so weit sie sie sehen können. Dann wenden sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Anger zu. Im Café sitzen nur noch die drei Dauerwellen. Wie langweilig. Die Cäcilie, die Theresa und die Berta sind die notorischen Tratschtanten von Reindlfing. Ihre Gesprächsthemen kennt man seit Jahrzehnten.
»Des wor fei a Glück, dess ma heit Morgen bei der Friseurin worn, jetzat, wo fremde Monna noch Reindlfing kemma san. Do möcht ma jo ned grod ausschaugn wia de Geierwally. Wos de woi gwoit hom?«, überlegt die Cäcilie.
»Das waren sicher Detektive«, presst die Berta zwischen ihren dünnen Lippen hervor. Die Cäcilie ist skeptisch.
»Moanst? Oiso, se hom zwoar genau so ausgschaugt, wia i ma Detektive vorstell, ober wos hättn denn Detektive in Reindlfing zum suacha?«
»Es werd doch nix Schlimms passiert sei?«, lechzt die Theresa sensationslüstern.
Mit einem Seitenblick auf die Vilshoferin, die sich zum Abkassieren nähert, konstatiert die Berta: »Das werden wir gleich wissen.«
»So, die Damen! Des mocht je zwoa fuchzig.«
Die Dauerwellen kramen in ihren Geldbeuteln und klimpern mit den Münzen. Dann sitzen sie erwartungsvoll da. Es entsteht eine unerträglich spannungsgeladene Stille. Die Vilshoferin kostet sie aus und zieht sie noch ein wenig in die Länge. Wie lange wird sie es aushalten zu schweigen? Die drei Damen wissen ihre Neugier diszipliniert zu zügeln. Jetzt die gewünschte Frage zu stellen, gliche einem Offenbarungseid. Die Vilshoferin platzt bald. Schließlich kann sie sich nicht mehr beherrschen.
»Wos i eich jetzat sog, des bleibt unter uns, gell? Vor ollem der Metzger-Zenzi, der dürfat ihr nix verrotn! Die tat’s jo sofort an de große Glockn hänga.« Sie beugt sich vor und raunt verschwörerisch: »Ob ihr’s glaubt oder ned, in Reindlfing is a woschechter Mord passiert. Und i woaß ois drüber! Vo der Polizei, aus erster Hond.«
Die Cäcilie ist sprachlos. Um die Mundwinkel ihrer Freundin Theresa legt sich eine schadenfrohe Falte. »Hob i’s gsogt, dess wos Schlimms passiert is, oder hob i’s ned gsogt?«
»Wer war’s?«, fragt die Berta im Tonfall eines Stasi-Offiziers, der seine Lampe auf den Befragten richtet.
Die Vilshoferin zieht ihre Stirn kraus. »Wos moanst, wer’s wor? De Leich oder der Mörder?«
»Ist dir denn beides bekannt?«
»Der Mörder natürlich ned. Sonst brauchat ma jo koa Polizei. Ober de Leich, des is der Sepp aus der Gärtnerei, stellt’s eich vor.«
Die Theresa und die Cäcilie halten vor Aufregung die Luft an.
»Das wundert mich kein bisschen«, erwidert die Berta, ohne mit der Wimper zu zucken.
Nachdem die Vilshoferin ihre Geheimnisse losgeworden ist, humpeln die drei Damen trotz der Erkrankungen ihres Bewegungsapparates erstaunlich flott nach Hause.
Es wird ruhig auf dem Anger. Die Bäckerin setzt sich an eines ihrer Tischchen und beginnt, sich zu langweilen. Wenn doch wenigstens die Friseurin herauskäme. Der würde sie sogar eine Tasse Kaffee spendieren, damit sie eine Weile sitzen bleibt und ihr Gesellschaft leistet. Aber nicht, ohne vorher sicherzustellen, dass der Bäcker immer noch schläft. Der braucht seinen Schlaf nach der Frühschicht in der Backstube, und gesünder ist es auch für sie.
Einmal hat der Vilshofer seine Frau erwischt, wie sie der Friseurin eine Runde Espresso ausgegeben hat. »Kaffee umsonst? Und wovon soll’ ma dann lebn, bittschee? Mir hom nix zum verschenka, merk dir des«, hat er am Abend getobt. Es fehlte nicht viel, und er wäre handgreiflich geworden.
Mit der Friseurin unterhält sich die Bäckerin am liebsten. Die ist nämlich fast so gut informiert wie sie selbst, hat jedoch ein etwas anderes Spektrum, weil sich ihre Kundschaft
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