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Roeslein tot

Roeslein tot

Titel: Roeslein tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marketa Haist
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Reindlfinger Angerlinden sind auch unter normalen Umständen leicht erregbare Wesen. Es überrascht mich nicht, dass sie nach einer so schrecklichen Nachricht eine ganze Weile brauchen, um sich einigermaßen zu beruhigen und ihre Aufmerkamkeit wieder auf das Geschehen unter ihren Wipfeln zu lenken.
    Die staatlich besoldeten Schnüffler haben inzwischen im Straßencafé Platz genommen. Außer dem Stuhlinger und dem Wellmann sitzen dort noch drei Seniorinnen. Dank ihrer identischen silbergrauen, frisch gelegten Dauerwellen mit einem leichten Stich ins Violette sehen sie auf den ersten Blick wie eineiige Drillinge aus. Sie unterhalten sich mit gedämpften Stimmen. Der Stuhlinger versucht, von ihrem Gespräch ein paar Fetzen zu erhaschen. Man weiß ja nie, wozu das gut sein könnte. Die Linden sehen, wie er seine Ohren lang macht. Was bekommt er zu hören?
    »Mei Arthrosn is wiader schlimmer worn, furchtboar, i ko mi goar ned richtig um meine Bluama kümmern.«
    »Und ich kann kaum noch laufen wegen meiner eingewachsenen Zehennägel. Schon fünfmal war ich diesen Monat bei der Fußpflege, aber es wird nicht besser. Alles muss ich selber zahlen, weil ich nicht zuckerkrank bin. Ein Vermögen kostet das, ein Vermögen !«
    »Eire Sorgn möcht i hom. Der Herr Chefoarzt hot gsogt, i muass vielleicht wega meim Überbein operiert wern.«
    »Schlimm. Aber wenigstens zahlt’s deine private Krankenversicherung. Da hast du ja immer was Besseres gehabt als wir normalen Sterblichen. Deine Lodenmäntel hast du auch schon immer in München gekauft und nicht in Penzberg. Und übrigens, wo ich bei der Garderobe bin, habt ihr eigentlich schon das neue Kleid von der Madam Eisinger gesehen? Ich meine das rote.«
    »Des hot jo am Rücken goar nix! Wenn ma’s vo hintn siagt, kannt ma moana, ma is am Nackertenstrand in der Pupplinger Au.«
    »Woher woaßt’n, dess’s in der Pupplinger Au an Nackertenstrand gibt?«
    »Des hob i in der Zeitung glesn. Wos moanst denn du?«
    Dieses Gespräch trägt zur Lösung des Mordfalls vermutlich nicht sehr viel bei. Der Stuhlinger lenkt seine Gedanken wieder auf den Kaffee, den er zu trinken beabsichtigt.
    Die Vilshoferin schaut aus der Bäckerei heraus. Ihr überraschter Gesichtsausdruck verrät den Linden, was ihr wohl gerade durch den Kopf geht: auswärtiger Besuch? Na so was! Die zwei sehen nicht gerade aus wie erschöpfte Mountainbiker. Keine Spur von Fahrrädern. Und für die Sehenswürdigkeiten von Reindlfing scheinen sie sich auch nicht zu interessieren. Ich könnte wetten, die Vilshoferin ahnt schon, dass es sich um Polizisten handelt. Gerade sie als fleißige »Tatort«-Guckerin. Und sie wird sicher nicht lockerlassen, bis sie alles über die beiden herausgefunden hat. Sie tritt an das Tischchen.
    »Ich hätte gern einen Filterkaffee«, verkündet der Stuhlinger.
    »Tuat ma leid, des hamma ned. Espresso, Capuccino oder Latte macchiato, wenn Sie woin. Durchpresst mit genau neun Komma drei Bar, wia’s sei muass. Des is fei a Genuss!«
    Der Stuhlinger bestellt sich frustriert einen Espresso, die kleinstmögliche Flüssigkeitsmenge.
    Selbst in die letzten Reservate der Bürgerlichkeit hat sich dieses modische Gesöff also schon hineingeschlichen. Die Welt ist eben nicht mehr so, wie sie mal war. Der Wellmann hingegen freut sich, dass man heutzutage sogar im abgelegensten Winkel von Oberbayern einen gescheiten Kaffee bekommt, und bestellt das Gleiche.
    Die Vilshoferin zieht sich hinter ihre Theke zurück und wirft die Espressomaschine an. Auf der Theke steht so ein gezwirbelter Deko-Bambus, der zaghafte hellgrüne Schösslinge treibt. Er kann zwar nur Chinesisch, weil er noch nicht lange da ist, doch zumindest im Nachplappern erweist er sich als ausgesprochen talentiert, wenn er auch nicht versteht, was er da weitergibt. Seine chemischen Nachrichten sind sogar ausgesprochen wertvoll. Der Bambus hat den Verkaufsraum der Bäckerei mitsamt den Nebenräumen im Blick und meldet ohne Verzug, dass der Wellmann gerade für kleine Jungs geht. Als die Spülung zu hören ist, bezieht die Vilshoferin Position vor dem WC -Ausgang.

    »Herr Kommissar, brauchn’s a Seifn zum Händwoschn? Gell, die Seif is aus? Do, i hob Eana a neie mitbrocht. Is wos passiert bei uns im Dorf?«, stellt sie den Wellmann ohne Umschweife zur Rede.
    »Ich bin kein Kommissar.« Der Wellmann versucht, beiläufig zu klingen und sich an der Vilshoferin vorbeizuzwängen. Doch sie ist ziemlich füllig und der Gang ziemlich eng. Ohne

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