Roeslein tot
sich hält, ist gekommen, um ein Glas auf das Andenken vom Sepp zu heben. Den Sansevierien sausen die Stomata vor so vielen menschlichen Ausdünstungen. Alle sind guter Dinge, bis auf die Anni. Die sitzt schweigsam und niedergeschlagen am Stammtisch. Der Jens sagt auch nicht viel. Aber die anderen umso mehr. Der Hintergruber Hansi beispielsweise meint: »Der Jung, der hot’s jetzt guat, jetz ko er schoitn und woitn, wia er wui.«
Der Metzger gibt zurück: »Teisch di ned, de Anni hot aa wos zum sogn. Die losst sich ned unterkriagn. Ober ohne den Sepp hot’s der Jung freili leichter.«
»De Polizei hot gsogt, dess ean oaner mit aner Brechstong derschlogn hot. In seiner Garasch. Des hot ma de Vilshoferin verzählt. Die hot des aus’m Stift vom Kommissar aussiquetscht, wia’s bei ihra an Kaffee trunken hom.«
»Der Jung werd’s gwesn sei.«
»Naa, sonst hättn’s ean scho mitgnomma. Der hot a A-li-bi «, hat es der Hintergruber Hansi ganz wichtig.
Die Berta am Nebentisch hat extra für die Beerdigung noch etwas mehr Lila in ihr Silbergrau färben lassen. »Das war bestimmt eine Frauengeschichte«, meint sie mit spitzen Lippen.
Die Theresa ist nicht überzeugt: »Ah geh ma fort, dozu wor der doch vui zu oit!«
»Oiso, i hob ean ned unattraktiv gfundn. Rüstig …«, wirft die Cäcilie schüchtern ein.
Die Friseurin und die Vilshoferin dürfen endlich mal zusammenhocken, ohne dass sich der Vilshofer gleich aufregt. Es wird ein längeres Gespräch. Da muss der ganze Klatsch von den letzten Wochen durchgeackert werden. Schließlich kommt die Vilshoferin doch auf das Thema Nummer eins zu sprechen: »Mi wundert’s ned, dess ois so kemma is. Der oide Geizkrogn, der hot nia bei uns an Kaffee trunken. Und sein’n Schwiagasohn hot er zu uns gschickt, domit der unsre Zuckertüterln klaut.«
»Was? Das hat der gemacht? Wer Zuckertütchen klauen kann, der kann auch jemanden umbringen, so viel ist sicher. Aber ich denke trotzdem, dass es ein anderer war.«
»So? Wer denn?«
»Die Polizei wird es schon herausfinden.« Mehr will die Friseurin nicht preisgeben. Information ist schließlich ihr Kapital. Das wissen sogar wir Pflanzen.
Der Vilshofer tönt: »I glaub, dess des a Auswärtiger wor. So a Rosenfreind. Mit dene is er umgsprunga wia mit dem reinsten Gsindl. Mol hot er eana wos verkauft und mol ned, wie’s eam grod passt hot. Und do hot sich des halt amoi oaner ned bieten lossn, der wo unbedingt a bestimmte Rosn woit.«
»Ja, genau so wird’s gewesen sein«, pflichtet ihm der Eisinger bei.
Seine Frau hält dagegen: »Also hör mal, man ermordet doch niemanden wegen einer Pflanze.«
»Leit, die wo Rosen wirklich liebn, würdn des gwiss toa«, wendet die Cäcilie ein. Sie hat die schönsten Balkonkästen von Reindlfing und viel Verständnis für solche Leidenschaften.
In der Wirtschaft wird es immer lauter und immer lustiger. Die Striche auf den Bierdeckeln mehren sich rasend. Jeder gibt seine Theorie über den Mord zum Besten. Der Herr Pfarrer versucht als Einziger, das Thema zu meiden. Keine Chance. Nicht mal die Gerti hält ihm da die Treue.
»Ich glaube, der Schladerer hat jemanden erpresst«, sagt sie. »Der wusste doch über einen jeden was Schlimmes. Manchmal hatte ich geradezu den Eindruck, dass er Gedanken lesen kann. Irgendwie war das unheimlich.« Etwas leiser fügt sie hinzu: »Der war mit dem Teufel im Bunde, glaubt mir’s!«
»Gerti«, fällt ihr der Pfarrer empört ins Wort, »wie können Sie so einen Unsinn reden? Josef Schladerer war zwar kein besonders frommer Mensch, aber er hatte auch seine guten Seiten. Von uns weiß niemand, wie ihn der Herr eines Tages richten wird.«
Hinten in der Ecke flüstert der Hintergruber Hansi kaum hörbar in die Runde seiner Schafkopf-Spezln, bei denen bis vor Kurzem auch der Sepp dabei gewesen war: »Der oide Berglmaier wor’s. Des is so kloar wia’s Amen in der Kirchn. De hom doch scho oiwei Streit ghobt wega dem Kofel-Eck.«
Am entgegengesetzten Ende der Gaststube steht der alte Berglmaier auf und wirft sich in Pose. »Wos host gsogt?«, brüllt er über das Stimmengewirr hinweg.
Schlagartig wird es totenstill im Raum. Der Hintergruber Hansi erstarrt. Dass der alte Fettsack noch so gut hört, das hätte er niemals gedacht. Aber das Wort »Kofel-Eck« besitzt für den Berglmaier eine ähnliche Signalwirkung wie für andere Leute ihr Handy-Klingelton, selbst wenn es ganz leise kommt.
Der Berglmaier bahnt sich mit seinem eindrucksvollen
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