Ro'ha: Teil 1 - Vernichtung (German Edition)
Blick fiel auf Fenric, der zurück zum rechten Spiegel trat und ihr den Weg freimachte. Boden und Wände waren nass und der Yndra hatte sich ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Mittlerweile musste sie sich die Duschen neben Kalira auch mit dem Yndra und den beiden anderen Daru teilen. Es war schwer geworden, einen Moment abzupassen, in dem die Waschräume nicht genutzt wurden, wenn sie alle zu ähnlichen Schichten arbeiten mussten.
"Guten Morgen", grüßte er sie. "Ich brauche nicht mehr lange."
"Morgen." Sie legte die mitgebrachten Kleider in eine trockene Ecke und breitete ihre Jacke darüber aus, um die Wäsche vor Spritzwasser zu schützen . Fenric benutzte das gleiche Waschbecken, über dem auch sie ihre Kosmetikartikel abgelegt hatte und sie musste an ihm vorbeigreifen, um an ihre Zahnbürste zu gelangen. Sie versah den Bürstenkopf mit etwas Zahncreme und warf einen langen, müden Blick in den Spiegel. Die Oberfläche war beschlagen, sodass sie kein klares Bild ihrer Selbst sah - vermutlich war das momentan nicht das Schlechteste.
Aus den Augenwinkeln betrachtete sie den Yndra neben sich. Das schwarze Muster, das ihr an seinen Händen und Unterarmen aufgefallen war, setzte sich über den ganzen Körper fort und verband sich über der Wirbelsä ule zu einer dunklen Fläche, die zum Nacken hin dünn auslief. Spuren alter Wunden verliefen über seinen Körper und vermischten sich mit den jüngsten Blessuren.
"Es verändert sich mit dem Alter", bemerkte Fenric und griff sich an die Schulter. Lillja spülte die Zahncreme aus und sah ihn nun offen und fragend an.
"Die Musterungen", erklärte er. "Sie setzen ein, wenn wir erwachsen werden und werden mit den Jahren intensiver und großflächiger. Im letzten Lebensabschnitt sind nur noch wenige der hellen Abschnitte zu sehen. Zeichen des Alters - wie Ihr grauer werdendes Haar."
Gegen ihren Willen musste sie überrascht lachen, als er sie so unverblümt auf diesen Makel hinwies.
"Allerliebst", kommentierte sie kopfschüttelnd. "Wir Menschen mögen es übrigens nicht besonders, wenn man uns so deutlich auf diese Zeichen des Alters hinweist."
"Ich werde es mir merken." Er grinste entschuldigend und Lillja nahm sich vor, sein Alter und die Lebenserwartung seiner Art in den Akten nachzuschlagen, auch wenn sie davon ausging, dass diese Information vermutlich geschwärzt sein würde. Sie wollte gerade eine passende Frage formulieren, als sich die Türen öffneten und die beiden neuen Daru eintraten.
"Hallo", grüßten sie freundlich, traten ein und nahmen ihr leises Gespräch wieder auf.
"Es ist abgesprochen, dass wir uns ankündigen, wenn der Waschraum belegt ist", wies Lillja die beiden auf die kürzlich getroffene Vereinbarung hin. Einer der beiden, sein Name war Roc, wenn sie sich recht entsann, schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln.
"Kommt nicht wieder vor", fügte der andere hinzu. Zu Lilljas Überraschung entkleideten sich beide vollkommen ungehemmt, lösten die prächtigen Frisuren und traten unter die offenen Duschen.
Vollkommen überrumpelt setzte Lillja zu einem Protest an und als sie bemerkte, dass Fenric sie von der Seite beobachtete und bei ihrer Reaktion schelmisch zu grinsen begann, fühlte sie, wie ihr verlegene Röte ins Gesicht stieg. Sie senkte den Blick ins Waschbecken und beschloss, dass es eine gute Gelegenheit war, die Fingernägel zu kürzen.
"Winter", richtete Roc das Wort an sie und sie sah ihn über den Spiegel hinweg kurz an. "Sie sollten sich in den nächsten Tagen, nach Ihrer Schicht, im Labor einfinden. Dr. Torras sprach von weiteren Proben, die Ihnen entnommen werden sollten."
Die Körper der beiden Männer waren außerordentlich ästhetisch geformt und waren dem eines Menschen so ähnlich, dass man erst bei genauerer medizinischer Untersuchung die vorhandenen Unterschiede erkennen konnte. Eine bemerkenswerte Ausstrahlung ging von ihnen aus, die von den kunstvollen Tätowierungen an Brust und Rücken, sowie dem hüftlangen, kastanienfarbenem Haar unterstrichen wurde.
"Sicher."
Erleichterung machte sich in ihr breit, als die Daru ihre Dusche beendeten, sich sehr flink ankleideten und nach einem kurzen Gruß ging. Vermutlich war es bereits sieben Uhr.
"Mit dem richtigen Medikament könnten Sie das", sprach Fenric sie an, nachdem sich die Türen wieder geschlossen hatten, und berührte dabei die Blutergüsse ihres Unterarms mit den Fingerspitzen, "in wenigen Stunden los sein."
Sie hatte schon zuvor daran gedacht und
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