Rolf Torring 007 - Der Tiger von Singapore
Ich erkannte Tien dsy. Er versuchte, Rolf wieder ins Zimmer zu zerren.
Da riß ich den erbeuteten Revolver heraus und gab einen Schuß auf den Mann ab. Er brach aufschreiend zusammen.
Ich nahm alle Kraft zusammen. Im Hintergrund des Zimmers leuchtete es schon hell auf, die Flammen hatten sich also durch die Decke gefressen. Ich durfte nun keine Sekunde mehr zögern. Doch gerade, als ich Rolf packen wollte, tauchte erneut eine Gestalt am verqualmten Fenster auf. Ich wollte abermals schießen, doch zum Glück erkannte ich noch Pongo.
„Masser Warren schnell machen, Masser Torring nehmen auf Schulter. Pongo Seil festgebunden hat." Er reichte den leblosen Körper meines Freundes hinaus und legte ihn mir über die Schulter. Langsam glitt ich hinunter. Als ich die Straße erreichte, wurde mir die Last sofort von den Polizisten abgenommen. Auch ich brach fast zusammen.
Nach mir kam Pongo herunter geturnt. Auch er trug einen leblosen Körper und legte ihn unten auf die Straße nieder. „Der ,Tiger von Singapore'", sagte er. Ich erkannte Tien dsy. Mein Schuß hatte ihn schwer verletzt, aber er lebte noch. Die Polizisten übernahmen ihn. Inzwischen hatte ich mich um Rolf bemüht. Er kam bald wieder zur Besinnung und erholte sich rasch. „Barrington ist noch im Hause, Hans, ich hörte ihn laut um Hilfe rufen. Wir müssen nochmals hinein, um ihn zu retten."
„Das geht nicht, das ist ganz ausgeschlossen, Rolf", erklärte ich. „Das Haus brennt an allen Ecken und Enden."
„Es muß gehen, lieber Hans. Schnell, hole Pongo!" Pongo trat schon zu uns. Mein Freund erklärte ihm, was er glaubte. Pongo nickte nur. Er musterte das Haus, trat an das Seil und - turnte wie eine Katze nach oben. Die Polizisten und Chinesen schrien auf, als sie seine Absicht erkannten.
Auch das zweite Stockwerk brannte nun. Pongo mußte bis zum dritten hochklettern. Dort verschwand er durch eines der Fenster.
In diesem Augenblick kam mit lauten Sirenensignalen die Feuerwehr angerasselt. Feuer im Chinesenviertel war stets eine große Gefahr. Im Nu wurde die Gasse von Menschen gesäubert, und die Männer begannen mit ihrer schweren Arbeit. Es galt vor allen Dingen, die Nebenhäuser zu retten, um eine Verbreitung des Feuers unmöglich zu machen.
Ich achtete nicht auf die Arbeit der tapferen Feuerwehrleute, ich sah nur nach oben und wartete auf das Erscheinen unseres Pongo. Das Seil hatte schon Feuer gefangen und verbrannte. Pongo war also der Rückzug abgeschnitten.
Doch da wurden schon mechanische Leitern angesetzt. Die Feuerwehrmänner kletterten hinauf und begannen mit der Löscharbeit. Minute um Minute verging. Nun brannte auch das dritte Stockwerk und gleich darauf der niedrige Dachstuhl. Das Haus war nicht mehr zu retten und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Rolf und ich standen reglos da. Unser treuer Pongo und mit ihm wahrscheinlich auch Barrington waren in den Flammen umgekommen. Dieses Ende erschütterte uns. Wir konnten uns nicht von der grausigen Stätte trennen. Immer wieder starrten wir in die Flammen, die allmählich zusammenfielen und schließlich nach Stunden ganz gelöscht wurden.
Da entschlossen wir uns endlich, zum Bungalow Lord Abednegos zurückzukehren. Wir hatten Tien dsy ganz vergessen, aber der befand sich ja in den Händen der Polizei, und die würde schon dafür sorgen, daß er nicht entkam. Außerdem war er ja schwer verletzt. Wir nahmen einen Wagen und fuhren von der Brandstelle fort. Als wir endlich das Haus des Lords erreichten und durch den Vorgarten gingen, blieben wir plötzlich erschrocken stehen. Wir glaubten Geister zu sehen. Auf der Veranda saßen Lord Abednego, Pongo, noch ein Weißer und - Tien dsy.
Rolf und ich blickten uns derart verblüfft an, daß wir schließlich beide lachen mußten.
Langsam betraten wir die Veranda. Lord Abednego bemerkte uns zuerst.
„Ah, da kommen Sie ja, meine Herren. Ihr Pongo hat wieder einmal ein Meisterstück geleistet. Darf ich die Herren bekannt machen? Mister Barrington, der im letzten Augenblick von ihrem Pongo gerettet und hierher gebracht wurde - Mister Torring und Mister Warren." Wir drückten dem Mann, der einen zerrissenen und beschmutzten Anzug trug, die Hand. Dann blickten wir Tien dsy verwundert an. Der Chinese erhob sich, verbeugte sich vor uns und sagte ruhig: „Ich weiß schon, was geschehen ist, meine Herren, aber der Mann, den Sie sahen und niederschossen, war nicht ich, sondern - mein Zwillingsbruder. Mister Barrington hatte ihn einmal in einer der
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