Rolf Torring 011 - Der Raub des Gottes
Nach dir hat ja der Diener Jim die Wache, vergiß nicht, ihm Bescheid zu sagen."
Freundlich klopfte Rolf mir auf die Schulter und ging zu den Gefährten zurück. Ich blieb mit sehr gemischten Gefühlen am Feuer sitzen. Hätte ich gewußt, daß die Feuer-Priester ganz in der Nähe gewesen wären, hätte es mich nicht so beunruhigt wie der Gedanke an eine drohende, unbekannte Gefahr. Ein Teufel - sicher handelte es sich um irgendein wehrhaftes Großwild, und es konnte jeden Augenblick und von jeder Seite kommen. Oder sollte es sich gar um einen Menschen, einen Ausgestoßenen, vielleicht Geistesgestörten handeln, der in seiner Schlauheit vielleicht noch gefährlicher als ein Tiger war? Ich hielt fast den Atem an, um in dem schwirrenden Lärm der Insekten irgendeinen verdächtigen Ton hören zu können. Doch nicht das geringste Geräusch verriet mir die Annäherung irgendeiner Gefahr. Eine halbe Stunde mochte ich so gesessen haben, oft warf ich einen Blick auf die schlafenden Gefährten und beneidete sie im stillen; dann tröstete ich mich aber, daß ja meine Zeit bald vorbei wäre.
Mochte sich dann der lange Jim mit dem „Teufel" herumschlagen. Plötzlich stutzte ich. Irgendein Ton war da aufgeklungen, der nicht zu den Stimmen der kleinen Tiere paßte. Es hatte wie das unwillige Murmeln eines Menschen über irgendeine Störung geklungen. Sofort straffte ich meinen lässig vornüber gebeugten Oberkörper und lauschte mit doppelter Aufmerksamkeit. Lange Zeit war nichts Auffälliges zu hören. Dann klang aber wieder dieser rätselhafte Ton auf, diesmal auf der anderen Seite der Lichtung, mehr dem Fluß zu. Ich hielt es für geraten, mich zu erheben und mich mit griffbereitem Feuerzeug neben den Reisighaufen in der Mitte der Lichtung zu stellen. Die Gefährten wollte ich noch nicht wecken, ich hatte ja noch immer Zeit dazu, wenn sich das Wesen, das da unser Lager umschlich, auf der Lichtung zeigte. Instinktiv hatte ich zuerst meine Pistole gezogen, dann fiel mir aber Rolfs Warnung vor den Feuer-Priestern ein, und ich vertauschte die Waffe mit meinem Messer. Das würde schließlich auch gegen einen Menschen genügen. Lange Zeit hörte ich nichts. Und schon glaubte ich, mich hätte doch irgendein niederes Tier, vielleicht eine neue Eidechsen- oder Gecko-Art, getäuscht, als wieder das Murmeln erklang. Und diesmal von der Waldseite. Das Geschöpf mußte also die Lichtung umschlichen haben. Und es war doch ein Mensch, denn ich hatte deutlich gehört, daß er einige Sätze gemurmelt und sich dabei durch Schnauben unterbrochen hatte.
Also aus einem der Wildpfade dort mußte er kommen. Ich beschloß den alten Spruch wahr zu machen, daß der Angriff die beste Verteidigung sei, vertauschte mein Feuerzeug mit der Blendlaterne, hob die Rechte mit dem scharfen Messer stoßbereit und schlich über die Lichtung an den Rand des Waldes.
Beim ersten Wildpfad blieb ich stehen und lauschte in das drückende Dunkel hinein. Ja — da war ein Zweig geknickt. Das rätselhafte Wesen schlich also auf mich zu. Den linken Arm mit der Blendlaterne streckte ich weit vor, um sofort zurückspringen zu können und suchte nun mit allen Sinnen die Annäherung des Geschöpfes zu bemerken. Wieder knackte ein Zweig, aber diesmal schien es mir entfernter zu sein. Sollte dieser geheimnisvolle Mensch, dieser „Teufel", mich eher bemerkt haben und geflüchtet sein? Ich wartete bei diesem Gedanken fast ängstlich, denn jetzt hätte ich diesen Spuk gern allein unschädlich gemacht. Vielleicht war es eine eitle Regung, in den Augen der jungen Frau als Held dastehen zu können. Ob ich ihm einfach nach schlich? Aber nein, dann war ja die Lichtung unbewacht, und er konnte auf den verschlungenen Pfaden, die er besser kannte, eher da sein und Unheil anrichten. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Meine Stunde war tatsächlich schon um, und ich mußte Jim wecken. Dann konnte ich ja noch immer meine Jagd auf den rätselhaften Störenfried fortsetzen.
Während ich das noch überlegte, klang plötzlich wieder das eigenartige Murmeln auf, aber nicht vor mir, sondern direkt in meinem Rücken auf der Lichtung. Blitzschnell drehte ich mich um. Fast blieb mir das Herz vor Schreck stehen, als ich eine mächtige, dunkle Gestalt sah, die vor meinen schlafenden Gefährten stand. Ich stürzte weiter vor und rüttelte meine Gefährten. Gott sei Dank, es war niemand verletzt. Aufgeregt erzählte ich mein Abenteuer, dabei aber immer bedacht, nicht durch zu lautes Sprechen
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