Rolf Torring 011 - Der Raub des Gottes
die Valentinis zu wecken. „Sie meinen, es war ein Mensch?" fragte der Lord leise. „Ja, er sprach vor sich hin, und auch seiner Figur nach, die ich allerdings nur schattenhaft sah, muß es ein außerordentlich großer, breitschultriger Mensch sein." „Na, dann werden wir wohl nichts von ihm zu befürchten haben, wenn wir nur gut aufpassen", sagte Hagerstony gähnend. „Jim, du hast jetzt die Wache, halte Augen und Ohren offen. Und wecke uns sofort, wenn sich dieser Störenfried wieder zeigt." „Jawohl, Sir."
Gleichmütig erhob sich der Diener und nahm den Platz am Feuer ein, während ich mich neben Rolf niederlegte. Leise unterhielten wir uns noch längere Zeit über den rätselhaften Menschen, der hier nachts im Urwald umher spukte, aber endlich forderte die Natur doch ihr Recht, und ich fiel in tiefen Schlaf.
Durch starkes Rütteln wurde ich unsanft geweckt. Jim stand vor uns und flüsterte:
„Er war wieder auf der Lichtung. Ganz still und lautlos tauchte er vom Wald her auf. Als ich mich aufrichtete, verschwand er blitzschnell."
„Dann wollen wir ihm das Wiederkommen erschweren", flüsterte Hagerstony energisch, „wir stellen uns rings um die Lichtung auf, je ein Mann neben jeden Wildpfad. Taschenlaterne und Messer bereit. Wir werden ihn schon bekommen."
„Ihr Vorschlag ist gut", stimmte Rolf bei. „Jim bleibt am Feuer und zündet auch auf Kommando den Reisighaufen in der Mitte an. Leise, meine Herren. Komm, Hans, wir nehmen mit John die Waldseite, der Lord mit Hoddge und Pongo drüben die Wasserseite. Bleibt immer in einiger Entfernung vom Pfad, daß er euch nicht überraschend überfallen kann."
Wir schlichen auf unsere Posten. In ungefähr fünfzehn Meter Entfernung mündeten die Pfade voneinander, und so konnten wir uns gegenseitig schnell zu Hilfe eilen. In äußerster Spannung lauschten wir auf die mannigfachen Geräusche des nächtlichen Urwaldlebens. Jeden Augenblick konnte ja der unheimliche Gast wieder auftauchen und einen von uns angreifen.
Eine halbe Stunde verstrich. Schon ließ meine Aufmerksamkeit nach, denn ich dachte, daß der unerbetene Gast durch die Störungen verscheucht wäre. Da rief der kleine Lord am anderen Ende der Lichtung unterdrückt: „Teufel, jetzt ist er an mir vorbei. Aufgepaßt, er ist auf der Lichtung."
„Jim, Feuer anzünden", rief Rolf.
Jim schnellte von seinem Platz hoch, sprang zum Reisighaufen und hielt ein brennendes Feuerzeug an die dürren Äste. Bald stieg eine rauschende Flamme hoch und erhellte die Lichtung.
„Da ist der Teufel", rief Hagerstony, „Pongo, aufgepaßt!" Dicht vor unserem schwarzen Freund stand eine mächtige Gestalt. Nur wenig kleiner als Pongo, aber umso breiter.
Der fremde Gast mußte über ungeheure Kräfte verfügen. Und er schien mutig zu sein, denn mit gereiztem Knurren führte er einen furchtbaren Schlag nach Pongo. Aber der schwarze Riese war auf seiner Hut. Blitzschnell sprang er zurück und ließ sein Haimesser niedersausen. Doch sein Angreifer fing den furchtbaren Schlag auf, und die blitzende Waffe flog in weitem Bogen aus Pongos Faust. Und wieder sauste ein langer Arm blitzschnell hinab. Aber Pongo hatte sich mit unglaublicher Behendigkeit geduckt, und der schwere Schlag zog den Angreifer zur Seite. Jetzt wurde er hell beleuchtet, und ich stieß einen leisen Ruf des Erstaunens aus.
Das war kein Mensch, denn im schwarzen, kurzen Pelz blinkte die fahlgelbe Schnauze eines Bären, dessen Pranken ungeheuerlich lang und stark waren. Gegen einen solchen Gegner war es allerdings schwer, mit dem Messer zu kämpfen, denn Kraft und Gewandtheit des mächtigen Burschen übertrafen die unseres Pongo bei weitem. Unser Freund hatte sich wieder zurückgeworfen und seinen malaiischen Kris herausgerissen. Während wir in langen Sätzen über die Lichtung eilten, wandte sich der Bär wieder seinem ersten Opfer, als das er Pongo offenbar ersehen hatte, zu und führte wieder zwei gewaltige Hiebe links und rechts.
Aber die furchtbaren Pranken erreichten Pongo nicht, der sich blitzschnell geduckt hatte und in mächtigem Satz neben den Leib des riesigen Burschen auf die Lichtung gesprungen war. Und kaum hatte er Fuß gefaßt, als er herum schnellte und seine Waffe dem Bären in den Rücken stieß. Sofort sprang er dann wieder zurück, und ich bemerkte, daß er jetzt völlig waffenlos war. Der Bär hatte sich ebenfalls herum geworfen und den Kris, der in seinem Körper steckte, aus Pongos Hand gerissen.
Mit heiserem Fauchen warf sich
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