Rolf Torring 035 - Kampf um Macht
in weiten Sätzen nach, da zischte ein Pfeil dicht an meinem Kopf vorbei. Blitzschnell drehte ich mich um und sah noch die Gestalt des Negers, der ihn geworfen hatte. Ein Schuß aus meiner Pistole ließ ihn mit gellendem Aufschrei zwischen den Zweigen wieder verschwinden.
Dann brach ich durch die Büsche und stieß auf Rolf, der mich auf dem Pfad erwartete. Ugo, der Unterführer Pongos, stand neben ihm. Kubang, der sich mit uns im Pidgin-Englisch ganz gut verständigen konnte, sprach mit ihm, dann sagte er zu uns:
„Massers, Ugo nicht wissen, was geschehen. Nicht wissen, wer geschrien, nicht wissen, wo Alka und Mtoro. Massers fragen, ob an Libatta gehen sollen?"
Aika war die Mutter, Mtoro der Bruder unseres Pongos, die wir aus der Gewalt des neuen Häuptlings heimlich befreit hatten. Jetzt sollten wir nun entscheiden, ob wir zum „Libatta", wie die Kongoneger ihre Dörfer nennen, gehen wollten.
Die Freunde Pongos, die Kanda aus dem Dorf zu einem Nachbarstamm geschickt hatte, offenbar in der Absicht, daß sie dort unschädlich gemacht werden sollten, hatten wir in der vergangenen Nacht wieder zurückgeführt. Jetzt hatten sie sich rings um Pongos Dorf verteilt, und vielleicht hatten wir einen entscheidenden Erfolg, wenn wir jetzt einen allgemeinen Angriff machten. Wenn wir nur Gewißheit über das Geschick Pongos gehabt hätten !
Rolf überlegte kurze Zeit, dann meinte er:
"Wir wollen vorschleichen, bis wir das Dorf sehen können. Erst dann können wir uns entscheiden, ob wir einen Angriff wagen dürfen."
Vorsichtig gingen wir auf dem schmalen Pfad vor, immer gewärtig, einen heimtückischen Angriff aus den dichten Büschen zu beiden Seiten abschlagen zu müssen.
Und wirklich gerieten plötzlich an einer Stelle die Zweige dicht vor uns in heftige Bewegung, unsere Pistolen flogen hoch, während Kubang und Ugo ihre Speere erhoben.
Doch da drängten sich zwei Gestalten aus dem Dickicht, und wir erkannten zu unserer Freude Aika und Mtoro, die beiden Vermißten, die Pongo unserem Schutz übergeben hatte.
Sie sprachen eifrig auf Kubang ein, und der junge Neger wandte sich mit freudestrahlendem Gesicht uns zu.
"Aika sagen, daß Pongo Angriffsschrei gemacht," sagte er, „Pongo in Nähe."
Uns fiel tatsächlich eine große Last von der Seele, denn die Mutter hatte sicher die Stimme ihres Sohnes richtig erkannt. Doch weshalb ließ sich unser Freund nicht sehen?
Allerdings hatten sich die Ereignisse förmlich überstürzt, der Ausfall der feindlichen Stammesgenossen war erfolgt, gerade als wir den vermeintlichen Leichnam Pongos gefunden hatten. Irgend etwas uns bisher Unfaßbares mußte sich ereignet haben.
Wir liefen jetzt schneller den schmalen Pfad entlang, denn jetzt hofften wir bald auf unseren treuen, schwarzen Freund zu stoßen, doch plötzlich war der Pfad zu Ende, und wir standen am Rand der großen Lichtung, in deren Mitte das Dorf Pongos lag.
Sofort sahen wir, daß jetzt ein Angriff nicht möglich war, denn rings über den Rand der hohen Borna, der Dornenumzäunung, lugten die Köpfe der Verteidiger. Ein Überfall war also nur nachts möglich, denn jetzt hätte er zuviel Verluste gekostet.
Flogen doch jetzt schon, kaum, daß wir uns sehen ließen, einige Pfeile zu uns herüber. Natürlich beantworteten wir diese Feindseligkeiten sofort mit Pistolenschüssen, die auch ihre Wirkung taten, denn Schreie gellten auf, und sofort verschwanden die Köpfe auf der uns zugewandten Seite der Dornenhecke.
„Was meinst du," fragte ich Rolf, „wenn wir die Seite der Umzäunung, in der das Eingangstor liegt, unter Feuer halten, könnten doch Pongos Freunde einen Sturm unternehmen?"
„Ich möchte mich wirklich nicht in diese Sache hineinmischen," sagte mein Freund, „denn wir können es zu leicht mit der belgischen Regierung zu tun bekommen. Was die Eingeborenen unter sich machen, geht uns nichts an, wir helfen nur unserem Pongo persönlich und verteidigen uns, wenn wir angegriffen werden. Das ist sicher das beste Prinzip, das wir befolgen können."
„Allerdings," mußte ich zugeben, „in dieser Beziehung hast du vollkommen recht. Wir können ja auch gar nicht einfach den Befehl übernehmen, denn Aika behauptet ja, daß unser Pongo noch am Leben ist. Nun möchte ich aber nur wissen, wer der Tote auf der Lichtung hinter uns war."
„Ich vermute, daß dort ein schwerer Irrtum geschehen ist. Sicher war dieser Dolchstoß für Pongo berechnet, und der Mörder hat sich nur durch die gleiche Figur täuschen
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