Rolf Torring 036 - Hoehere Gewalten
die übrigen vier Neger von ihrer zweiten Erstarrung. Vor Entsetzen aufheulend, machten sie kehrt, liefen zurück — und standen plötzlich vor dem ersten Gorilla, der in der Zwischenzeit auf allen Vieren die Lichtung in behender Schnelligkeit durcheilt hatte.
Blitzschnell richtete sich das Ungeheuer vor den aufbrüllenden Schwarzen hoch, und ebenso schnell schlugen die gewaltigen Arme zu. Zwei Neger sanken unter diesen Schlägen lautlos zu Boden, während die beiden letzten in verzweifelten Sprüngen direkt auf das Gebüsch zujagten, hinter dem wir kauerten.
Mir taten diese beiden Schwarzen eigentlich leid, denn wir durften sie ja nicht entkommen lassen, sonst waren wir sofort verraten. Und Pongo kroch auch schon etwas zur Seite, an den Punkt, an dem die beiden ins Dickicht eindringen mußten.
Seinen Speer hatte er neben uns liegen lassen, dafür aber sein Haimesser in die rechte Hand genommen. Keuchend sprangen die angsterfüllten Neger um das Gebüsch herum. Pongo schnellte hoch, zweimal blitze sein furchtbares Haimesser zischend durch die Luft, und mit gurgelndem Stöhnen fielen die beiden Körper der Feinde ins nächste Gebüsch.
3. Kapitel. Pongos Rache.
Langsam überwand ich den beklemmenden Schauer, der mich beim Tod der sechs feindlichen Wächter befallen hatte. Gewiß, sie wären ein großes Hindernis für uns gewesen, das wir kaum hätten umgehen können. Und sie hätten sicher unseren Untergang herbeigeführt, wenn sie unser Erscheinen den anderen Feinden weitergemeldet hätten.
Aber doch war es grausig gewesen, sechs Menschenleben in so kurzer Zeit und auf so furchtbare Weise vernichtet zu sehen. Einige Augenblicke schaute ich noch auf die beiden Körper der letzten Neger, die durch Pongos gewaltige Hiebe ins Gebüsche geschleudert waren. Nach einigen krampfhaften Zuckungen lagen sie still
Plötzlich fielen mir die beiden Untiere auf der Lichtung wieder ein. Sie bildeten ja ein noch größeres Hindernis als die Neger, die wir vielleicht hätten überlisten können. Ja, sie bildeten nicht nur ein Hindernis, sondern auch eine sehr große Gefahr.
Schnell blickte ich wieder auf die Lichtung. Und meine Befürchtungen schienen sich schon zu erfüllen. Denn mit unheimlicher Schnelligkeit, auf allen Vieren laufend, kamen die beiden Untiere auf das Gebüsch zu, hinter dem wir kauerten.
Ich warf einen Seitenblick auf Rolf und sah, daß er seine Büchse von der Schulter riß. Sofort tat ich das gleiche, denn jetzt galt es ja unser Leben, jetzt durften wir uns nicht scheuen, unsere Waffen zu gebrauchen.
Offenbar hatten die beiden Gorillas die Absicht, die beiden geflohenen Neger zu verfolgen und zu töten. Jetzt würden sie natürlich auf uns prallen und ihre furchtbare Wut an uns auslassen.
Pongo aber faßte seinen Speer fester, gab seinem Neffen Kubang, der hinter uns kauerte, einen Wink, worauf der junge Neger dicht neben den Riesen kroch, und flüsterte dann:
„Massers erst schießen, wenn Pongo und Kubang in Gefahr. Müssen Pongos mit Speer aufhalten."
Etwas zweifelhaft betrachtete ich den jungen Kubang, der mir für einen Kampf mit einem derartigen Waldungeheuer nicht recht geeignet schien. Doch sein Gesicht war so ruhig und zeigte eine derartige Entschlossenheit, daß ich von leiser Bewunderung erfüllt wurde. Ich hätte es mir wenigstens reiflich überlegt, einen rasenden Gorilla mit einem Speer anzugreifen.
Allerdings war ich diese Waffe ja auch gar nicht gewöhnt. Aber trotzdem war es fast reiner Selbstmord, damit gegen einen riesigen Gorilla kämpfen zu wollen.
Die beiden Untiere waren ungefähr noch zwanzig Meter von uns entfernt. Ich schätzte, daß sie uns in einer halben Minute erreicht haben müßten, aber da trat eine Wendung ein, die ich mir nie hätte träumen lassen.
Die beiden furchtbaren Unholde, die da auf uns lossprangen, kamen in ihrem eifrigen Lauf plötzlich dicht zusammen. Und sofort hielten sie beide an, erhoben sich und starrten sich an.
Dann stieß der etwas größere sein furchtbares Brüllen aus, ließ seinen Haarschopf über die Stirn fallen und schlug dröhnend seine Brust. Doch der andere Gorilla, der etwas jünger sein mochte, fürchtete sich nicht. Sofort nahm er die Herausforderung des Gegners an, indem er dieselben Schreckmittel anwandte.
Dann standen beide ganz still und blickten sich an; offenbar überrascht, daß der Gegner nicht die Flucht ergriff. Jetzt warf sich der größere einen Schritt vor, schien sich noch höher aufzurichten und wiederholte
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