Rolf Torring 041 - Vogelfrei
richtig, uns einfach zu beschuldigen?"
„Ich mußte Rücksicht auf meine Leute nehmen, die doch möglichst bald wieder in ihre Heimat wollten."
„Das verstehe ich vollkommen," erwiderte Rolf sarkastisch, „deshalb sind Sie jetzt auch geflohen. Aber das sind Sachen, die mich wenig kümmern. Auch daß Sie einen Mord auf dem Gewissen haben, ist Ihre Sache."
",Wie meinen Sie das?" fragte der Araber erstaunt. Sie denken vielleicht, weil ich englische Uniform anhabe, muß ich den Träger ermordet haben? Da irren Sie vollkommen. Ich hatte mich mit einem der Askaris verständigt; er ist ein Glaubensgenosse von mir. Die Flucht war lange vor Beginn der Reise geplant. Gegen eine gute Belohnung hat er mir seine Uniform überlassen. Ich blieb während der Verfolgung gleich zu Anfang zurück, ließ die Askaris an mir vorbei, und dann gab mein Vertrauter mir seine Uniform. Ich habe ihm lediglich mit seiner Zustimmung durch einen Griff um seinen Hals ein paar Würgemale beigebracht, denn er mußte doch sagen können, er sei von mir hinterrücks überfallen worden! Sehen sie, die Sache klärt sich ganz harmlos auf."
Ob die Darstellung des Arabers wirklich stimmte, konnten wir natürlich nicht nachprüfen. Dagegen sprach, daß sein Brotbeutel leer war. Wäre sein Glaubensgenosse in den Plan eingeweiht gewesen, hätte er doch dafür gesorgt, daß er wenigstens genügend Mundvorrat für die ersten Tage gehabt hätte.
Rolf hatte auf die Erzählung Mohammed Tips nichts erwidert. Er dachte wohl auch, daß alles Schwindel sei.
„Weshalb fliehen Sie denn aber in dieser Richtung?" fragte Rolf ihn. „Wenn Sie nach Ruanda wollen, müssen Sie sich doch weiter nördlich halten. Ich nehme doch nicht an, daß Sie auf dem Bahndamm gemächlich nach Udjidji spazieren wollen?"
Eine Weile schien der Araber zu überlegen, bis er antwortete:
„Ich will sogar noch weiter nach Süden. Gerade den gleichen Weg, den wir jetzt gehen. Wir haben, wie ich glaube, wohl beide das gleiche Ziel."
„Es ist möglich," entgegnete Rolf ausweichend. „Wenn Sie mir angeben, wohin Sie wollen, kann ich es Ihnen genau sagen."
„Ich will nach der Siedlung, eine gute Tagereise von hier. Sie besteht nur aus einigen hundert Hütten, und Militär ist dort nicht stationiert. Dort habe ich Freunde, denn das Dorf besteht ja, genau wie Udjidji, aus Negern und Arabern. Dort finde ich ebenso wie Sie gute Freunde. Nicht wahr, meine Vermutung trifft doch zu?"
Es war gut, daß es dunkel war, sonst hätte Mohammed Tip gesehen, wie überrascht ich von seiner Mitteilung war. Rolf aber ließ sich nichts merken, daß er hier in der Gegend nicht Bescheid wisse.
„Sie haben recht," entgegnete er ruhig. „Das ist auch unser Ziel. Wenn wir dort sind, finden wir schon Unterstützung. Ich vermutete gleich, daß Sie nach dort wollten, deshalb sagte ich ja auch schon, es reist sich in Gesellschaft besser.
Daß mein Pongo Sie etwas unsanft behandelt hat, müssen Sie schon entschuldigen, denn ich konnte ja nicht wissen, wie Sie sich gegen uns verhalten wüürden, zumal Sie bewaffnet waren."
„Oh, das hat nichts zu sagen," erwiderte er höflich. „Hier in der Wildnis nimmt man es nicht so genau.
Aber ich schlage vor, daß wir unseren Weg fortsetzen, denn je weiter wir bis zum Morgen kommen, desto besser ist es. Wenn die Sonne hochsteht, können wir lieber eine größere Rast einschalten und ein paar Stunden schlafen. Vorläufig sind wir noch nicht aus aller Gefahr."
„Ja, dann wollen wir aufbrechen," stimmte Rolf zu. Pongo und ich folgten seinem Beispiel, und bald waren wir wieder auf dem Marsch.
4. Kapitel. In Uriwala.
Gegen Morgen hatten wir wieder eine kürzere Rast gemacht. Die Nacht war gut verlaufen, und wir hatten keine nennenswerten Abenteuer bestanden. Wohl hörten wir von ferne oftmals das Brüllen der Löwen, aber keine der unangenehmen Bestien hatte uns belästigt.
Nun, so sehr gefährlich war das ja auch nicht, denn ich wußte, daß Rolf gut mit der Büchse umzugehen wußte, die unser treuer Pongo trug.
Die Berge hatten wir hinter uns, und Mohammed Tip hatte sich umgekleidet und sich aus einem Askari in einen Zivilisten verwandelt. Die Uniform hatte er im Sand verscharrt.
Langsam regte sich bei uns der Hunger, aber wir mußten uns gedulden, denn unser Begleiter hatte in dem Brotbeutel, den er zusammen mit der Uniform vergraben hatte, wirklich nichts gehabt. Nicht einmal die kleinste Rinde hatte sich irgendwie verkrümelt.
Aber Rolf schlug vor, daß wir uns
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