Rolf Torring 049 ~ Zum Groß-Nama-Land
es doch nicht," sagte Ruther plötzlich, „obgleich Sie, als Fremder, Herr Torring, viele Indizien zusammentragen können. Aber Sie hätten King persönlich kennen müssen, dann würden Sie auch anders denken. Es ist ganz ausgeschlossen. Clinchton, das müssen Sie doch auch zugeben," wandte er sich an den Bürgermeister.
Der machte aber ein bedenkliches Gesicht, kratzte sich den Kopf und meinte zögernd:
„Ja, lieber Ruther, das hatte ich bisher ja auch nicht gedacht. Aber es ist komisch, wenn einmal ein Verdacht ausgesprochen ist, dann nistet er sich auch schnell ein. Gerade Herr Torring als Fremder sieht da vielleicht schärfer als wir. Und wenn man jetzt so richtig nachdenkt, dann ist so manches, was King gemacht hat, mindestens sehr merkwürdig."
„Gewiß, Clinchton," meinte Ruther etwas unwillig, „das ist nun einmal so. Aber gerade deshalb will ich nicht daran glauben. King hat sehr Schweres im Leben durchgemacht, da wollen wir ihm das Schwerste, diesen furchtbaren Verdacht, ersparen. Ich hoffe, Herr Torring, daß wir morgen Spuren finden werden, die auf den wahren Täter weisen."
„Ihre Ansicht macht Ihnen alle Ehre, Herr Ruther," sagte Rolf ernst, „und ich werde mich sehr bemühen, den Täter zu finden. Ich möchte nochmals betonen, daß ich keineswegs einen Verdacht gegen Herrn King aussprechen wollte. Ich habe nur als logisch Denkender verschiedene Punkte zur Sprache gebracht, die mir eigenartig erschienen. Doch jetzt wollen wir uns zur Ruhe begeben, wir haben große Strapazen und viele Aufregungen hinter uns. Und morgen heißt es sehr früh wieder aufstehen, um die gefährliche Expedition zu unternehmen."
„Richtig, wir wollen uns zur Ruhe legen," stimmte der Richter bei. „Ich habe auch einen weiten Ritt hinter mir, war weit im Süden in der Huib-Hochebene bei einem Freund."
„Nanu, Herr Richter, Sie kamen doch aber soeben von Norden her," lachte ein junger Mann, der erst später eingetreten war.
„Allerdings, ich habe einen Bogen um Bethanien geschlagen," sagte Ruther, „das mache ich stets so, wenn ich spät zurückkomme, um dabei nach verdächtigen Elementen auszuschauen."
Er blickte dabei den jungen Mann scharf an, der darauf einen roten Kopf bekam und sich verwirrt aus der Nähe unseres Tisches entfernte.
„Das war ihm unangenehm," lachte Ruther, „ich habe ihn nämlich im Verdacht, daß er selbst lichtscheue Geschäfte treibt. Habe ihn schon manchmal in der Dunkelheit vor der Stadt getroffen. Na, jetzt wird er sich wohl etwas in acht nehmen."
„Wer ist dieser junge Mann?" forschte Rolf sofort.
„Oh, Sie sind aber sehr scharf," lachte Ruther, „ich glaube, Sie bekommen es sogar fertig, mich zu verdächtigen. Na, der junge Mann hat mit dieser Löwensache sicher nichts zu tun. Er ist Hausdiener hier, wird Sie also bedienen. Lionel Wronker heißt er."
Rolf erhob sich jetzt.
„Sie haben in einer Beziehung recht, Herr Ruther," sagte er, „ich verdächtige einfach einen jeden. Aber das ist besser, als wenn ich am wahren Täter vorübergehen würde. Doch jetzt werde ich mich endgültig zurückziehen; ich muß gestehen, daß ich sehr müde bin. Also zwei Stunden vor Sonnenaufgang werde ich auf Sie warten, Herr Ruther!"
So ganz einfach kamen wir aber doch noch nicht auf unsere Zimmer, denn es gab noch einen langen Abschied, da uns jeder der Anwesenden die Hand schütteln wollte.
Endlich konnten wir den Schankraum verlassen und stiegen die schmale Treppe zum ersten Stock empor.
Das ganze Haus war nicht hoch, und die Zimmer, sowohl unten als auch oben, waren sehr niedrig. Wir konnten ganz bequem die Decke mit ausgestrecktem Arm berühren.
Die Luft war aber sehr frisch, da in dieser Höhe die Nächte angenehm kühl waren. Rolf stieß das halb geöffnete Fenster ganz auf.
„Ah," sagte er mit tiefen Atemzügen, „diese schöne Luft haben wir lange entbehren müssen. Bist du sehr müde, Hans?"
„Nein, ich wundere mich nur, daß du schon nach oben gegangen bist," meinte ich. „Oder hast du einen besonderen Zweck gehabt?"
„Allerdings, ich möchte etwas ausprobieren."
„Rolf," fragte ich jetzt eindringlich, „war es wirklich dein Ernst, als du King verdächtigt hast? Ich verstehe das einfach nicht."
„ „Aber du mußt doch zugeben,, daß meine Kombinationen gar nicht so schlecht waren," sagte Rolf ernst. „Auch die anderen Männer haben
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