Rolf Torring 052 ~ An den Ufern des Paraguay
marschierte er tapfer mit, obgleich wir ein sehr schnelles Tempo eingeschlagen hatten.
Er hatte sich auch garnicht weiter aufgeregt, als er am Morgen von unserem nächtlichen Abenteuer erfuhr, sondern schien im Gegenteil äußerst befriedigt zu sein, daß Huerta noch lebte und damit der Verdacht gegen ihn in nichts zusammengefallen war.
Am späten Abend, vielleicht zwei Stunden vor Sonnenuntergang, blieb Huaina stehen und erklärte leise:
„Meine Herren, wir sind in der Nähe des Dorfes. Wenn Sie genau geradeaus nach Südwesten gehen, stoßen Sie in einer Stunde auf die Hütten. Wenn es Ihnen recht ist, bleibe ich hier zurück, denn meine Stammesgenossen dürfen nicht wissen, daß ich Sie hergeführt habe. Sie können mich ja an einen Baum fesseln, damit ich nicht entfliehen kann."
„Nein," sagte Rolf nach kurzem Besinnen, „wir wollen es anders machen. Herr Aguara, ich muß Sie bitten, hier zurückzubleiben. Sie haben ja gehört, daß die Befreiung Huertas sehr schwierig ist. Wir sind aber in solchen Sachen geübt, und Sie wären uns nur ein Hindernis, ja, eine Gefahr. Bewachen Sie den Toba und schlagen Sie inzwischen die Zelte auf!"
„Ja, ich sehe ein, daß Ihr Vorschlag der beste ist," gab Aguara zu. „Ich bin also einverstanden. Huaina wird mir nicht entkommen, und ich hoffe, daß Sie mit der Befreiung Huertas vollen Erfolg haben. Jedenfalls werde ich bis morgen abend hier warten, kommen Sie dann nicht zurück, dann werde ich das Toba-Lager aufsuchen. "
„Gut, so wollen wir es machen," sagte Rolf. „Wir werden also unser Gepäck, außer den Waffen, hier zurücklassen. Ich hoffe, daß wir noch in der Nacht mit dem Befreiten zurückkehren."
Wir legten unsere Rucksäcke auf den Boden und verließen die Lichtung nach Südwesten. Als ich mich aber am Rande der Wildnis noch einmal umdrehte, sah ich, daß Huaina eine sehr bedenkliche Miene machte. Er kannte ja seine Stammesgenossen besser und glaubte wohl nicht an einen Erfolg unseres Unternehmens.
Da wir aber schon viele ähnliche Abenteuer erlebt hatten, folgte ich wohlgemut meinen Gefährten. Pongo befand sich wieder an der Spitze, um den Weg zu bahnen, und jetzt, ohne Gepäck, konnten wir unser Vordringen noch beschleunigen.
Dreiviertel Stunden waren wir marschiert, da blieb Pongo plötzlich stehen und hob die Hand. Sofort verhielten wir uns völlig reglos, und deutlich vernahmen wir jetzt ein regelmäßiges Brechen von Zweigen.
Langsam, sehr behutsam gingen wir vor und drängten uns neben den Riesen. Wir hatten jetzt den Überblick auf eine Lichtung, an deren gegenüberliegendem Rand, ungefähr zwanzig Meter von uns entfernt, eine Gestalt damit beschäftigt war, Zweige von einem rotblühenden Busch zu reißen.
Es war ein Mädchen, anscheinend eine Toba-Indianerin. Ihr Oberkörper war unbekleidet, während von der Hüfte ein wohl selbstgewebter Rock aus buntem Stoff bis an die Knie fiel. Ihr schwarzes Haar fiel zu beiden Seiten des Gesichts herab.
Sie bot einen hübschen Anblick, wie sie so graziös die Zweige abknickte. Während ich schnell überlegte, was wir jetzt wohl beginnen sollten, änderte sich plötzlich dieses anmutige, friedliche Bild.
Pongo zuckte zusammen, dann wies er mit der Hand auf die rechte Seite der Lichtung. Wir blickten sofort dahin, und mir blieb fast das Herz vor Schreck stehen, als ich dort zwischen den Zweigen eines Busches einen großen, rötlich-gelben Körper hervorschleichen sah. Es war ein riesiger Jaguar, ein ganz enorm großes Exemplar.
Der gefährliche Räuber, der in Südamerika voll und ganz die Stelle des Tigers in den asiatischen Ländern einnimmt, ja, ihm oft sogar an Größe gleichkommt, starrte auf das Mädchen, das den furchtbaren Feind noch nicht bemerkt hatte.
Jetzt duckte sich das Raubtier zum Sprung, im nächsten Augenblick mußte die Indianerin schon unter den Pranken der Bestie zusammenbrechen, — da machte unser Pongo eine kraftvolle Bewegung.
Ein funkelnder Blitz flog über die Lichtung, ein furchtbares Brüllen erscholl — dann setzte der Jaguar auf den Busch zu, hinter dem wir standen. Das Messer des gerichteten Colo steckte ihm im Hals.
Aber diese Verwundung war nicht tödlich, und wir hatten einen schweren Kampf mit der rasenden Bestie zu erwarten. Es war zu spät, die Büchsen von der Schulter zu reißen, daran hinderte uns schon der enge Pfad, in dem wir standen.
Doch Pongo
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