Rolf Torring 062 - Der Perlentaucher
Maha, komm her!"
Gehorsam erhob sich der Gepard und kam an Rolf heran. Es begann ein sonderbares, für uns sehr interessantes Schauspiel. Rolf hatte einen dünnen, festen Strick, von denen mehrere im Boot herumlagen, genommen und spielte erst geraume Zeit mit dem gelehrigen Maha, indem er ihn an dem einen Ende des Strickes zerren ließ.
Dabei brachte er es ungefähr innerhalb einer Stunde so weit, daß der Gepard auf das Kommando „Maha beißt" den Strick packte, während er ihn auf „Maha, los!" freiließ.
Jetzt mußte ich Rolf den Strick lose um seine Handgelenke schlingen, und Maha zerrte und zog auf Kommando so lange daran, bis er ihn abgeschlungen hatte.
Wir begriffen schon, worauf Rolf hinaus wollte. Nach kurzer Unterbrechung durch das Mittagsmahl, das nur aus Früchten bestand, wurde die Aufgabe, die Rolf unserem Maha stellte, schon schwieriger. Jetzt mußte ich den Strick um seine Handgelenke verknoten, und es kostete einige Mühe, bis der Gepard begriff, daß er ihn vorsichtig durchnagen sollte. Aber endlich, es waren einige Stunden vergangen und mehrere Stricke verbraucht worden, verstand Maha es ganz vorzüglich, Rolfs Hände, mochten sie nun vorn oder auf dem Rücken gefesselt sein, zu befreien.
Auch bei uns mußte er es machen, und jetzt hatten wir die Gewißheit, daß unter Umständen das treue Tier uns befreien konnte, wenn wir in die Hände unserer Gegner fielen und gefesselt würden.
„Ganz famos!" sagte Inspektor Fox bewundernd, „jetzt wage ich mich viel zuversichtlicher an Land. Es ist sehr schön, wenn man einen so intelligenten Bundesgenossen hat. Ich schätze, daß die Bande Ihren Maha nicht so leicht fangen kann."
„Nein," meinte Rolf lachend, „uns wird sie vielleicht eher fangen. Wir wollen uns jetzt aber mit Smarda verabreden, wo er uns an Land setzen will. Es wäre auch ganz gut, wenn er uns jetzt schon die Lage des Zeltes genau beschreiben würde, denn es könnte sein, daß er heute abend dazu nicht mehr imstande ist."
„Wieso?" fragte Fox erstaunt, „sollte ihm denn etwas passieren?"
„Ich halte es nicht für ausgeschlossen," sagte Rolf. „Denn, unter uns, der Strick heute vormittag ist mit einem stumpfen Instrument bearbeitet worden. Mit einer Feile oder Säge. Die einzelnen Fasern rissen dann nacheinander, bis das Unglück passierte."
Wir blickten Rolf ganz entgeistert an. Endlich sagte Fox bestürzt:
„Weshalb haben Sie das nicht sofort gesagt, Herr Torring?"
„Weil ich es für besser halte, wenn möglichst wenig Menschen davon wissen," sagte Rolf ernst. "Ich traue wenigstens keinem, und ich möchte auch Ihnen raten, Herr Fox, alles, was wir noch entdecken werden, völlig zu verschweigen. Nur dann werden wir auf einen Erfolg hoffen können. So, jetzt wollen wir Smarda befragen."
Rolf ging auf Wansa zu, der gerade wieder einen Korb voll Perlaustern ins Boot leerte. Smarda hatte sich an den Bordrand geklammert und erholte sich in dieser kurzen Pause.
Wir waren höchstens noch fünf Meter von ihm entfernt, da warf er plötzlich mit einem unartikulierten Schrei die Arme hoch und sank ins Meer zurück. Im nächsten Augenblick schnellte Pongo an uns vorbei, zwei gewaltige Sprünge, und er schoß in wunderbarem Hechtsprung über den Bord des Bootes.
Als wir an den Rand eilten, kam er schon aus der Tiefe empor, den reglosen Smarda im Arm. Er hob ihn etwas über die Oberfläche empor, und wir ergriffen ihn und zogen ihn schnell ins Boot. Pongo schwang sich hinterher und tat so, als wäre nichts passiert.
Der Taucher hatte an der linken Schläfe eine stark blutende Wunde. Wir stillten das Blut, ich wischte schnell mit einem Streifen, den ich aus meinem langen, weißen Gewand riß, das Blut ab, und da sahen wir, daß er einen Streifschuß erhalten hatte. Zum Glück war die Wunde nicht tief, und während ich noch einen Verband um seinen Kopf schlang, schlug Smarda schon die Augen auf.
Fox hatte inzwischen die Außenwand des Bootes betrachtet und sagte jetzt grimmig:
„Natürlich wieder ein Schuß aus dem Luftgewehr! Die Kugel hat sich tief ins Holz gebohrt. Herr Torring, ich bin einfach starr, daß Sie das vorausgeahnt haben."
„Nun, das war doch wirklich zu erwarten," sagte Rolf ruhig, „nachdem der erste Anschlag mit dem Seil mißglückt war. Smarda weiß anscheinend zu viel und soll uns nichts verraten können. Ah, da ist er schon zu sich gekommen.
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