Rolf Torring 062 - Der Perlentaucher
Ende des Seils, das noch ein Stück über Bord hing.
Es schien gerissen zu sein, denn das Ende war völlig zerfasert. Ich hatte zuerst an einen Schnitt, vielleicht auch an eine Kugel aus der Luftbüchse der Banditen gedacht, die das Seil zum Bersten gebracht hätte, aber es waren keine Spuren gewaltsamen Eingriffs zu sehen.
Wansa, der bisher völlig fassungslos, mit dem leeren Korb in der Hand, dagestanden hatte, stotterte jetzt:
„Wie kam das nur? Ich wollte gerade den Korb am Seil befestigen, da wurde Smarda hinabgerissen. Ob es wieder ein Attentat der Bande war?"
„Das glaube ich nicht," wehrte Rolf ab, „das Seil war morsch und riß. Durch einen unglücklichen Zufall hat es sich dann um den Hals Smardas geschlungen. Na, wir können uns nur freuen, daß es so gut angelaufen ist"
Smarda hatte sich schon etwas erholt; er richtete sich auf und streckte Pongo mit einem dankbaren Blick die Hand entgegen, die dieser kräftig schüttelte. Dann sagte Smarda langsam:
„Wansa hob gerade den Korb über Bord, da zersprang das Seil. Und es schlang sich blitzschnell um meinen Hals. Ich glaubte, daß ich verloren wäre! Nun, wir müssen ein neues Seil nehmen."
Das sagte er schon wieder mit vollkommener Ruhesein. Orientalischer Gleichmut ließ ihn die soeben erst überstandene Todesgefahr sofort wieder vergessen.
Und Wansa dachte offenbar genau so, denn er drehte sich ruhig um und holte ein neues Seil. Die Perlaustern-Fischerei war ihm wohl doch wichtiger als das Leben seines Tauchers.
Honders und seine beiden Begleiter hatten diesen Zwischenfall sehr gleichmütig betrachtet. Jetzt sagte der Detektiv:
„Das hätte leicht schief gehen können. Doch, um auf unsere Sache zurückzukommen, Sie wollen also Ihre bisherigen Beobachtungen für sich behalten, Herr Torring? Nun ja, das machen Amateurdetektive meistens. Na, ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Glück, glaube aber wirklich nicht, daß Sie etwas erreichen werden. Wenn wir Berufsdetektive in so langer Zeit nichts ausfindig machen konnten, werden Sie als Amateur es in einem Tage auch nicht schaffen. So, nun muß ich noch mit Wansa sprechen, dann werde ich meinen Dienst weiter versehen."
Er verabschiedete sich sehr höflich, aber doch mit unterdrücktem Lächeln. Dann trat er mit Wansa in den Bug des Bootes, während sich Smarda am Bootsrand ausruhte.
Rolf trat zu dem Taucher, und wir folgten ihm. Der Singalese zeigte eine völlig unbewegte Miene, warf aber einen schnellen Blick zu Wansa und seinen Besuchern, dann flüsterte er:
„Sahib Fox, der linke Singalese neben Sahib Honders ist stets unter den Männern, die sich heimlich in dem Zelt treffen, das ich euch heute Nacht zeigen werde."
„Was?" rief Fox überrascht, „das ist ja Nanja, der Assistent Honders, mit dem er stets zusammenarbeitet Smarda, ist auch kein Irrtum möglich?"
„Nein, Sahib, ich erkenne ihn genau wieder," sagte der Taucher bestimmt. „Ich wußte allerdings nicht, daß er auf unserer Seite steht. Vielleicht hat er das Zelt schon eher entdeckt und versucht jetzt das Geheimnis der Männer, die dort zusammentreffen, zu ergründen?"
„Hm, das könnte ja sein," meinte Fox zögernd, „aber mir erscheint dieser Umstand doch sehr verdächtig."
„Sicher werden Sie noch mehr Überraschungen erleben," sagte Rolf ernst. „Doch jetzt steigen sie ins Kanu, Wansa wird gleich zurückkommen. Wir wollen ruhig in unser Zelt gehen, die Sonne brennt ganz unbarmherzig."
Wansa kam bereits auf uns zu. Wortlos befestigte er wieder den Korb am Seil, aber ich sah, daß er Smarda einen sonderbaren Blick zuwarf. Während der Taucher wieder unter Wasser verschwand, gingen wir zum Heck des Bootes und krochen unter das Zelt.
Hier nahmen wir vor allen Dingen unsere Turbane ab, denn die ungewohnte Kopfbedeckung war uns außergewöhnlich heiß und unbequem.
„Schauderhaft," stöhnte Fox, „wie lange müssen wir noch so herumlaufen? Ob es überhaupt noch Zweck hat, da wir ja von der Bande doch erkannt sind?"
„Ja, es hat den Zweck, daß wir heute Nacht weniger erkannt werden," sagte Rolf. „Ich verspreche mir von Smardas Beobachtung des Zeltes sehr viel. Dabei werden wir in unseren Masken absolut nicht auffallen, wenn wir uns durch die Zeltstadt bewegen. Aber jetzt will ich etwas probieren, um uns die lange Zeit bis zur Dunkelheit zu vertreiben. Vielleicht nützt es uns einmal sehr,
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