Rolf Torring 072 - Singha der Todbringer
für seinen Tiger!" gab ich, ebenfalls lachend, zurück. „Er wird wissen, daß wir das Tier erschießen, so leid es mir persönlich tut."
Unsere Ruhe verfehlte ihre Wirkung nicht. Aus dem dicken Steinpfeiler erklang ein wütendes Zischen Ramgas. Ich blickte hin, aber gleichzeitig erklang auf der anderen Seite das wütende Schnarren Matsus. Der Tiger stand nur zwei Meter von uns entfernt.
Er befand sich vor dem dicken Vorhang, der die Türöffnung abschloß und setzte zum Sprung gegen uns an. Zum Schießen wäre es zu spät gewesen. Die Raubkatze hätte uns, selbst tödlich verwundet, erreicht und noch im Todeskampfe schwer verletzt oder gar getötet.
Mechanisch streckte ich die linke Hand gegen ihn aus. Ebenso mechanisch preßte ich die eigenartige Röhre des Zwerges fest zusammen. Da schoß ein haardünner, glänzender Strahl gegen den Tiger, der sich sofort, noch im Sprunge, zur Seite warf.
Auch Rolf hatte die linke Hand gegen ihn ausgestreckt. Als die Waffe des Zwerges ihre Wirkung getan hatte, schnellte seine rechte Hand mit der Pistole hoch. Zwei, drei Schüsse krachten in rascher Folge, daß sie fast wie ein einziger klangen.
Aufheulend warf sich Matsu herum, um noch einmal gegen uns anzuspringen. Wieder streckte Rolf ihm die linke Hand entgegen, wieder wich das wütende Tier vor der geheimnisvollen Flüssigkeit zurück.
Er stand jetzt quer zu mir und gab ein gutes Ziel ab. Ich hob den rechten Arm, zielte kurz und drückte zweimal ab.
Matsu rollte zur Seite. Obwohl ihn die Kugeln tödlich getroffen hatten, raffte er sich noch einmal auf und kam wieder auf uns zu. Zwar schwankte er hin und her, trotzdem war er noch ein gefährlicher Gegner, der die letzte schwindende Kraft daransetzte, seine Feinde zu vernichten.
Wieder richtete Rolf die Waffe des Zwerges gegen ihn, denn Matsu machte einen unheimlichen Eindruck, wie er auf uns zu wankte. Zu unserem Schrecken schien das Gift zu Ende zu sein oder auf den todwunden Tiger nicht mehr zu wirken. Er schüttelte nur den Kopf und kam weiter auf uns zu.
Wir schossen schnell, aber es schien, als habe nichts mehr Einfluß auf ihn.
Da sprang Pongo mit einem mächtigen Satz an einen der Tische, die mit Waffen bedeckt waren, ergriff ein großes Schwert, schnellte gegen Matsu, und mit einem Hieb, daß die breite Stahlklinge hörbar durch die Luft pfiff, spaltete er den Schädel Matsus und warf durch die Wucht seines Hiebes den schweren Körper weit zur Seite.
Nahe dem Vorhange, durch den er gekommen war, bäumte Matsu sich noch einmal auf, dann streckte er die mächtigen Pranken.
Trotz der rätselhaften Waffe des Zwerges hätten wir schwere Verletzungen davongetragen, wenn Pongo nicht durch den Schwerthieb den ungleichen Kampf beendet und zu unseren Gunsten entschieden hätte.
„Fürst Ramga,' sagte Rolf ruhig, „Matsu ist tot. Es tut mir leid, ich hätte es ihm gegönnt, weiter zu leben. Schade auch, daß er Sie nicht zwischen die Pranken bekommen hat. Vielleicht wird Singha nun den Henkerdienst an Ihnen übernehmen."
Einige Zeit blieb es im Pfeiler still. Dann rief der Fürst — und all die ohnmächtige Wut, die sich In ihm aufgespeichert hatte, kam zum Durchbruch —:
„Garha hat Ihnen geholfen. Sonst wären Sie schon zerfetzt. Das soll er mir büßen! Sie aber werden doch den Tod erleiden, den ich Ihnen von Anfang an zugedacht hatte. Dann werden Sie es beklagen, daß Sie den schnelleren Tod in Matsus Pranken nicht vorgezogen haben."
„Das müssen wir abwarten," sagte Rolf mit empörender Ruhe. „Es kann auch möglich sein, daß wir dem Tode entrinnen."
„Nein!" stieß Ramga leidenschaftlich hervor. „Diesem Tode können Sie nicht entgehen. Ich bin so sicher, daß ich Ihnen sogar eine Chance geben werde. Eine Chance, bei der wir ein Vergnügen haben, während Sie vor Angst zittern."
„Daß wir zittern werden, glaube ich nicht," meinte Rolf lächelnd. „Sie werden es nicht erleben. Bisher haben immer nur unsere Feinde gezittert."
Ich konnte mir gut vorstellen, daß Ramga im Steinpfeiler vor Wut schäumte. Die sprichwörtliche orientalische Ruhe hatte ihn verlassen. Er hatte bestimmt viele Menschen sterben lassen und bei keinem eine so lächelnde Gleichgültigkeit gegen seine Drohungen gefunden wie bei uns.
Seine Stimme bebte, als er rief:
„Sie werden zittern! Sie werden wünschen, nie geboren zu sein!"
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