Rolf Torring 113 - Die Macht der Priester
fertig, das Pongo stabil und groß genug angelegt hatte, daß wir alle vier mit einem Male zur Insel übersetzen konnten. Unsere Rucksäcke, mit denen wir uns nicht belasten wollten, versteckten wir im dichten Gebüsch.
Nachdem wir uns überzeugt hatten, daß auf der Insel noch alles ruhig war, bestiegen wir das Floß. Pongo gab ihm mit dem Fuß einen Schwung und stakte das leichte Fahrzeug mit einer Bambusstange geräuschlos der Insel entgegen.
Nicht nur der Priester, auch der Krokodile wegen bemühten wir uns, möglichst leise zu sein. Aber eins der großen Tiere hatte uns doch gesehen und witterte Beute. Es kam heran und versuchte, das Floß zu erklettern, indem es die Vorderbeine auf den Rand des flachen Fahrzeugs schob. Schießen durften wir in dem Augenblick nicht, denn der Knall hätte uns verraten.
Da probierte Rolf das Pulver des „Heiligen" aus und blies dem Krokodil ein wenig des weißen Staubes ins Gesicht. Wir legten uns flach auf das Floß, um nicht selbst das Pulver einzuatmen.
Das Krokodil zog, nachdem es das Pulver eingeatmet hatte, die Füße vom Floß herunter und schwamm weiter.
Nun dauerte es nur noch etwa zwanzig Minuten, bis wir die Insel erreichten. Rolf verschwand mit Pongo sofort im dichten Unterholz des Waldes und überließ es Balling und mir, das Floß an geschützter Stelle in Sicherheit zu bringen. Wir brauchten es für die Rückfahrt unbedingt wieder und mußten eine Stelle wählen, wo wir es jederzeit erreichen konnten, auch wenn wir uns auf der Flucht befanden.
Der schmale Pfad, der vom Wasser zum Tempel führte, war stellenweise ebenfalls zugewachsen; ich bemerkte es sofort, als ich mit Balling den Gefährten folgte, die vorausgeeilt waren. Pongos scharfes Messer hatte ganze Arbeit getan, so daß Balling und ich schnell vorankamen.
Bald hatten wir die Gefährten eingeholt, die hinter einer mächtigen Königspalme standen und aufmerksam auf eine kleine Lichtung schauten, auf der an der gegenüberliegenden Seite die Mauern des Tempels begannen, den wir jetzt zum zweiten Male besuchen wollten.
„Vielleicht haben die Priester den Tempel doch verlassen," flüsterte Rolf mir zu. „Sie befürchteten wohl Verrat durch uns, als wir damals hier waren und entfliehen konnten."
„Ich bin anderer Meinung, Rolf. Ich befürchte, daß man uns in eine Falle locken will."
„Ich werde allein vorschleichen und Umschau halten, Hans. Der Mond scheint so hell, daß ich alles deutlich erkennen kann. Auch ihr behaltet mich im Mondschein im Auge. Wenn ich den linken Arm hochhebe, kommt ihr mir nach, aber nicht früher!"
„Masser Torring bitte Pongo mitnehmen. Pongo genau Bescheid wissen," bat unser schwarzer Fremd und zeigte beim Lächeln die lange Reihe weißer, gesunder Zähne.
Rolf überlegte kurz und nickte dann.
„Komm mit, Pongo. Vielleicht ist es dir möglich, herauszufinden, ob der weiße Elefant noch hier ist."
„Masser Torring können auch hierbleiben, bis Pongo Zeichen geben. Massers bei Gefahr Pongo besser befreien können, wenn erst zurückbleiben."
Der Schlauberger, er wollte die Arbeit wieder einmal allein tun. Aber Rolf war verständig genug, einzusehen, daß Pongo im Rechte war. Mit Rolf würde die Exkursion eher auffallen, als wenn der erfahrene Urwaldgänger Pongo allein vordrang.
Schon nach wenigen Metern war Pongo im Gras der Lichtung verschwunden. Er war ein Meister im Anschleichen. Deshalb konnten wir hoffen, daß ihn die Priester nicht bemerken würden, selbst wenn sie Posten ausgestellt hatten. Wir warteten geduldig, bis wir von Pongo ein Zeichen erhalten würden, ließen aber den alten Tempel keinen Augenblick aus den Augen.
Plötzlich wuchs auf der Mauer des Tempels eine riesige Gestalt in den Mondschein hinein und blieb unbeweglich stehen.
„Pongo!" rief ich leise. „Er ist doch zu tollkühn! Was tut er auf der Mauer?"
„Er wird festgestellt haben, daß kein Mensch im Tempel ist. Kommt mit! Wir wollen zu Pongo!"
„Aber Pongo hat uns noch kein Zeichen gegeben, er steht nur unbeweglich da!" wandte ich ein.
„Ist das nicht das beste Zeichen, wenn er es wagt, sich so deutlich sichtbar auf die Mauer zu stellen?" fragte Rolf. „Kommt mit! Maha ist auch ganz ruhig."
Balling hatte schon ein paar Schritte getan, als ich mit Rolf folgte. Immer noch warnte mich ein unbestimmtes Gefühl, so daß ich nur ungern mit den Gefährten
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