Rolf Torring 113 - Die Macht der Priester
mitgenommen," meinte ich.
„Da war noch ein Nachsatz auf dem Gebrauchsanweisungszettel des Pulvers," sagte der Lord. „Wenn man der gleichen Kreatur den Staub dreimal hintereinander zu atmen gibt, bleibt die Erinnerung für immer verschwunden."
„Auf jeden Fall müssen wir uns beeilen, die Insel zu verlassen," meinte Balling.
Erst müssen wir sie mit Fackeln durchsuchen, um Pongo zu finden," erwiderte Rolf. „Hier im Tempel ist er nicht."
Wir begannen mit der Durchforschung der Insel.
Pongo fanden wir nicht. Plötzlich aber rief Balling, der ein größeres Stück rechts von uns suchte:
„Da sitzt er ja, Ihr schwarzer Freund!"
Wir erblickten ein seltsames Bild. Unbeweglich saß Pongo da, behütet von Maha. Der schwarze Riese schaute in einen kleinen Bach, als wolle er in dem klaren Wasser sein Spiegelbild betrachten. Die Augen waren stier immer auf die gleiche Stelle gerichtet.
„Da muß etwas geschehen sein!" rief Rolf mir zu.
„Er macht einen merkwürdigen Eindruck, Rolf."
„Da sind wir wieder!" rief Rolf und streckte Pongo die Rechte hin.
„Massers nicht kennen!" entgegnete der Schwarze.
„Rolf!" rief ich entsetzt. „Sollte Pongo, als du dem Elefanten das Pulver entgegen bliest, etwas eingeatmet haben? Bei stabilen Menschen stellt sich vielleicht die Wirkung erst nach einer ganzen Weile ein, zumal wenn sie wenig eingeatmet haben."
„Du magst recht haben, Hans. Was machen wir nun mit ihm?"
„Vielleicht folgt er uns, wenn wir ihn dazu auffordern," sagte Rolf. „Bösartig ist niemand geworden, dem wir das Pulver angeblasen haben."
Wir forderten Pongo auf, mitzukommen. Er tat es ohne Widerrede. Maha blieb treu an seiner Seite.
Wir schlugen die Richtung zum Floß ein. Als wir die Lichtung am Tempelvorhof überschritten, hörten wir vom Hof her lautes Geschrei.
Noch einmal erstiegen wir die Mauer und waren entsetzt über das, was wir sahen: in der Mitte des Hofes war ein Scheiterhaufen errichtet. Auf dem Scheiterhaufen waren die beiden Begleiter des Oberpriesters an senkrechte Pfähle angebunden. Der Holzstoß brannte schon lichterloh. Ihn umtanzten alle Priester, die kurzen Schwerter in den Händen schwingend. Den Oberpriester sahen wir nicht.
Rolf wollte die beiden Priester auf dem Scheiterhaufen retten und gab ein paar Warnungsschüsse ab. Aber die Priester fachten die Glut nur noch mehr an, so daß die beiden Unglücklichen nicht zu retten waren. Sie waren ein Opfer ihres Fanatismus geworden.
„Schnell von der Mauer hinunter! Wir müssen fort!" rief Lord James Hagerstony.
Wir wandten uns um, um hinunter zuspringen.
„Zu spät!" rief Rolf laut durch die Nacht. „Die Priester haben das Tor des Vorhofs geöffnet und sind hinaus geeilt, um uns nicht entkommen zu lassen!"
„Was sollen wir jetzt tun, Rolf?"
Unsere einzige Rettung bestand darin, noch einmal in den Vorhof und von da in den Tempel zu eilen, um dort den Priestern entgegenzutreten. Wir wollten kein Blut vergießen und hofften, daß es Rolf gelingen würde, den Priestern das Pulver des Vergessens ins Gesicht zu blasen.
Die Tür am Turm war offen. Wir eilten den Gang entlang und standen wenig später im Innern des Tempels. Nur zwei Priester waren hier zurückgeblieben. Sie wollten uns angreifen, aber Rolf blies ihnen sofort das Pulver entgegen. Da ließen sie von uns ab und fragten, womit sie dienen könnten.
Im Vorhof erblickten wir, als wir uns dem Gitter am Haupttor des Tempels näherten, den alten Oberpriester, der sich vergeblich bemühte, die durcheinanderlaufenden Priester zu beruhigen und zu beschwichtigen. Er wußte nicht, was um ihn vorging. Aber der Respekt vor ihm war so groß, daß die Priester nicht wagten, ihn auch auf den noch immer hell brennenden Holzstoß zu jagen. Sie kümmerten sich einfach nicht um ihn.
Über den Vorhof kamen die Priester zurück, die uns veranlasst hatten, den Tempel noch einmal aufzusuchen. Rolf trat ein paar Schritte aus dem Tempel heraus und konnte, da die Priester einzeln oder zu zweit, höchstens zu dritt zurückkehrten, jedem das Pulver des Vergessens ins Gesicht blasen.
Kaum hatten sie es eingeatmet, verhielten sie den Schritt und blickten uns und sich verwundert an. Sie ließen die kurzen Schwerter sinken. Einige wollten mit uns ein Gespräch anknüpfen. Da wir uns aber nicht um sie kümmerten, ließen sie von
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