Rolf Torring 126 - Der See-Teufel
Stamm umfuhren wir im Bogen. Da wir nur geringe Sicht hatten, drückte Pongo das Tempo der Fahrt noch mehr herab. Wir konnten nicht wissen, ob wir nicht auf noch mehr Hindernisse stoßen würden.
Nach zehn Minuten gab Pongo ein leises Zeichen. Da war wirklich ein dritter Stamm, auf den wir bei rascher Fahrt unbedingt aufgefahren wären.
„Die Stämme dienen zweifellos dem Zweck, eine rasche Annäherung eines Fahrzeuges bei Nacht zu verhindern," meinte Rolf.
„Unmöglich kann sie der Weiße, der erst kurz vor uns hier eingetroffen sein kann, verankert haben. Die Zeit hätte dazu nicht ausgereicht," war meine Ansicht.
Pongo gab schon wieder ein Zeichen. Ein vierter Stamm lag vor uns. Als wir ihn umfuhren, trat der Mond hinter der Wolkenwand wieder hervor und beleuchtete die Wasseroberfläche hell.
Die Insel lag nur noch hundert Meter vor uns. Wir konnten deutlich alles erkennen, was am Ufer vor sich ging.
Der helle Schrei eines Nachtvogels schreckte uns auf.
„Schrei von Menschen, schlecht nachgemacht!" sagte Pongo und schüttelte über soviel Nichtkönnen ärgerlich den Kopf.
Da wir kein Hindernis mehr vor uns sahen, trieb Pongo das Kanu so rasch wie möglich der Insel näher. Das Ufer war dicht mit Schilf bewachsen. Vor uns aber tat sich eine kleine Bucht auf, in die wir hineinfuhren. In kurzer Zeit lief das Kanu auf den Strand auf.
Als wir ausstiegen, erklang der Vogelschrei wieder, aber in ziemlich großer Entfernung. Rolf ließ Maha das Ufergebüsch absuchen. Pongo führte den Geparden an langer Leine. Plötzlich blieb das Tier an einer bestimmten Stelle stehen, und Pongo rief uns leise zu sich heran.
„Maha hier Spur gefunden," erklärte unser schwarzer Freund.
Um das Kanu nicht schutzlos allein zu lassen, war der Professor freiwillig bereit, am Ufer zurückzubleiben, während wir der Spur folgten, die uns in dichtes Gebüsch hineinführte, bis wir ein Kanu fanden.
Vielleicht war es das Kanu, in dem ich den Weißen beobachtet zu haben glaubte. Pongo wollte die Spur, die von hier aus zum Innern der Insel führte, sofort weiter verfolgen, aber Rolf riet davon ab.
„Wir wollen erst unser Kanu in Sicherheit bringen. Verstecke gibt es hier ja mehr als genug."
„Wollen wir unser ganzes Gepäck und die Gewehre mitnehmen, Rolf?"
„Massers, bitte zu Kanu gehen und Maha mitnehmen. Pongo schnell Versteck für Kanu suchen, bald zurück sein," teilte uns der schwarze Riese mit.
Wir wußten, daß Pongo zunächst an unsere Sicherheit dachte, und nickten ihm zu. Ich übernahm Maha. Das Kanu, das wir bald wieder erreichten, konnten wir ohne Pongos Hilfe im Walde verstecken, denn es war leicht. Gewehre und Gepäck im Kanu zu lassen, wagten wir nicht, sondern kehrten „in voller Kriegsausrüstung" zu der kleinen Bucht zurück, wo wir auf Pongo warteten, der erst nach einer ganzen Stunde erschien. Er winkte uns, ihm zu folgen, führte uns auf schmalem Pfade durch den Wald und blieb vor einem hohen, dicht belaubten Baume stehen, den er rasch erkletterte.
Wir folgten ihm in die Zweige und ließen Maha als Wache am Stamm zurück. Pongo hatte im Astwerk des Baumes eine Plattform gebaut. Er war ein Meister im Anfertigen der kleinen Kunstwerke. Die Plattform war groß genug, daß wir alle uns häuslich auf ihr einrichten konnten. Während Pongo sonst zum Bau solcher Plattformen meist Bambus verwandte, hatte er sich hier einiger starker Äste und — etlicher Bretter bedient. Wo hatte er die hergenommen?
„Ganz in der Nähe alte Holzhütte," erklärte er uns auf unsere fragenden Blicke. „Bretter von dort geholt."
„Hast du jemand auf der Insel gesehen?" fragte Rolf.
„Pongo niemand sehen, aber falscher Vogel zweimal rufen."
Nachdem wir uns auf der Plattform eingerichtet hatten, rutschte Pongo noch einmal am Stamm hinunter und holte Maha, den er sich einfach um die Schultern legte, wie es die Schlachter mit halben Schweinen tun, die sie ins Haus tragen.
Wir konnten von unten nicht gesehen werden, da uns das dichte Laub des Baumes völlig verdeckte. Von hier aus konnten wir die Insel in Ruhe durchforschen und hatten immer ein gutes Versteck, in dem wir auch die Gewehre und unser Gepäck lassen konnten.
„Pongo gern allein zuerst Insel durchstreifen," bat unser schwarzer Freund.
„Ich von mir aus bin einverstanden," erklärte Rolf. „Ich vermute, daß sich zur
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