Beast
|7| Eins
Hier eine Liste der zehn schlimmsten Sachen, die ich in meinem Leben gemacht habe:
Erpressung: mit sieben meinen dreijährigen Bruder Chas gezwungen, eine zu rauchen.
Diebstahl: mit acht meiner Oma hundertzwanzig Pfund Rente aus der Handtasche geklaut.
Diebstahl und Tiermord: mit acht zusammen mit meinem großen Bruder Selby mein erstes Auto geknackt (einen Ford Fiesta) und damit in den Vorgarten von so einem Opa gebrettert. Dabei sind die Vögel in seinem Vogelhaus draufgegangen. (War kein gutes Jahr.)
Unbefugtes Betreten: mit zehn dem Schuldirektor vor die Haustür gekackt, als er mich aus der Grundschule geworfen hat.
Seelische Grausamkeit: mit elf meinem Vater (dem richtigen) gesagt, von mir aus könnte er gern tot sein, dann müsste ich ihn wenigstens nie wiedersehen.
Brandstiftung: mit zwölf auf dem Schulhof einen Müllcontainer angezündet; dabei sind aus Versehen drei Klassenzimmer mit abgebrannt.
Sittlichkeitsdelikt: mit dreizehn der Nachbarin den weißen Spitzen-BH von der Wäscheleine geklaut.
|8| Betrug: mit vierzehn von Tür zu Tür gegangen und bei alten Leuten Geld gesammelt, angeblich für hungernde Kinder.
Einsatz biologischer Kampfstoffe: mit fünfzehn schwer erkältet meiner Pflegeschwester in die Mango-Gesichtspackung gerotzt, um es ihr wenigstens ein Mal heimzuzahlen.
Mord: mit siebzehn – aber noch hab ich’s nicht getan.
Punkt zehn wird mein schlimmstes Vergehen und muss gründlich vorbereitet werden. Ich bin noch unschlüssig, ob ich es durchziehe. Mir ist schon klar, dass man niemanden umbringen soll, auch nicht, wenn der Betreffende durch und durch böse ist, aber mir bleibt wohl nichts anderes übrig. So langsam drehe ich durch.
Ich kaufe jeden Monat ein Schwein. Mehr kann ich mir nicht leisten. Ich habe keine Ahnung, ob das genug ist, aber es hält ihn am Leben. Er wächst immer weiter und wird immer größer, und das macht mir Kopfzerbrechen.
Ich gehe zu vier, fünf verschiedenen Metzgern, manche sind billiger, andere teurer. Mein Pflegevater Jimmy will immer wissen, wofür ich mein Geld ausgebe. Ich wette, er hält mich für drogenabhängig. Toll, was? Er macht dauernd irgendwelche Anspielungen und lässt solche Broschüren rumliegen. Wenn der wüsste, dass ich mein Geld für Schweinefleisch ausgebe, würde ihn glatt der Schlag treffen.
|9| Heute parke ich vor Thorneys Metzgerei in Bexton. Vor dem Aussteigen sehe ich mich erst mal um, ob irgendein Bekannter vorbeikommt. Aber in der Glotze gibt’s Fußball und die Straße ist so ziemlich ausgestorben.
Thorney ist ein kleiner blonder Typ mit Jeans unter der weißen, blutverschmierten Schürze. Als ich durch den Kettenvorhang reinkomme, mustert er mich von oben bis unten. Es riecht nach Blut und Putzmitteln, im Angebot sind hausgemachte Rinderknacker.
»Große Party?«, fragt er gleich.
Was für eine Party? Dann fällt es mir wieder ein. Ich habe ihm mal erzählt, dass ich für eine Firma arbeite, die ganze Schweine für Grillpartys liefert.
»Geht so«, sage ich. »Wieso?«
Er antwortet nicht, sondern winkt mich nach hinten durch. Ich gehe an der Theke vorbei und ihm nach. Hinten stehen ein Wasserkocher, eine Mikrowelle und ein alter Bürostuhl, der aussieht wie vom Sperrmüll. In der Wand ist ein Safe und die Tür steht einen Spalt auf, aber ich kann nicht reinschauen. Wir gehen ein paar Stufen runter zu einer Stahltür. Thorney zieht sie auf und ich kriege einen Schwall kalte Luft ins Gesicht. Überall stehen Regale voller Fleisch, in Gefrierschränken mit durchsichtigen Türen lagern Pakete mit Hackfleisch, Würsten und irgendwelchem anderen Zeug. An s-förmigen Haken hängen geschlachtete Schweine, Schafe und eine halbe Kuh. Der Boden klebt. Außerdem ist es eiskalt, mein Atem macht kleine Wolken.
»Das ist deins.« Thorney zeigt auf ein riesiges kopfloses Vieh. Die Innereien sind schon draußen und die Füße abgehackt. |10| »Es ist noch nicht ganz aufgetaut, drum lass es noch einen Tag liegen, bevor es auf den Spieß kommt.«
Das Tier, das da baumelt, ist viel größer als das, was ich bestellt hatte, und das sage ich Thorney auch, aber er schüttelt bloß den Kopf. »Hab kein anderes, mein Junge. Nimm’s mit oder lass es bleiben.«
Mir bleibt nichts anderes übrig, als es zu nehmen. Ich habe ihn schon fast einen Monat nicht mehr gefüttert und habe Schiss, dass er anfängt, Radau zu machen. Manchmal brüllt er richtig, wenn er mich riecht. Womöglich brüllt er auch jetzt grade und wirft sich gegen das
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