Rolf Torring 131 - Der Skorpion
beschleunigten unsere Schritte, obwohl nach der einen Salve wieder Stille eintrat. Bald hatten wir den Strand erreicht. Neben dem Polizeiboot standen nur noch zwei Beamte, die sofort Meldung machten, daß sich zwei Männer genähert hätten, die sich zur Flucht wandten, als die Polizisten ihnen Halt geboten hatten. Darauf hatten sie die Schüsse abgegeben. Die übrigen Polizisten waren den Flüchtigen gefolgt.
»Nach welcher Richtung haben sie sich gewandt?" fragte Rolf rasch.
Als der Polizist die Richtung angegeben hatte, bat Rolf den Gouverneur und Colonel Wals, die Verfolgung aufzunehmen. Er vermute, wenn Guachara und Pedro bemerkten, daß mehrere Männer ihnen folgten, würden sie sich wieder hierher zum Strande wenden, wo sie bei dem Polizeiboot nur noch eine geringe Bedeckung vermuteten. Wir würden sie hier gebührend empfangen.
Der Gouverneur begriff sofort Rolfs Plan und bat den Colonel und die beiden Polizisten, ihm zu folgen. Sie verschwanden Sekunden später im Buschdickicht
Rolf sprang ins Motorboot und sagte zu dem erstaunt drein blickenden Führer:
„Ziehen Sie Ihre Jacke aus und geben Sie mir Ihre Mütze! Pongo, schneide ein paar Äste und Zweige ab, aus denen wir eine Puppe bauen können!"
Ich erriet, was Rolf vor hatte, und half Pongo rasch. In Eile fertigten wir ein primitives Gestell an, dem wir den Uniformrock anzogen. Die Mütze setzten wir oben auf einen vorspringenden Hauptast und stellten die Puppe so ins Boot, daß sie im Schatten des Kajütenbaues stand.
In der Nähe der Puppe versteckten wir uns im Boot, tief an den Boden geduckt
Unsere Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.
Aber Guachara und Pedro konnten nur hier die Insel verlassen, denn das Boot des Spaniers lag dicht bei dem Polizeiboot
Eine halbe Stunde verging und noch eine halbe Stunde. Da hörten wir ein schwaches Geräusch. Es klang wie das Knicken von Zweigen, aber wir durften es nicht wagen, über den Rand des Bootes zu blicken, denn unser Plan wäre zum Scheitern verurteilt gewesen, wenn wir uns vorzeitig hätten sehen lassen.
Wieder verstrichen Minuten. Dann gab es einen leichten Schlag gegen die Puppe. Rolf griff nach ihren „Beinen" und riß sie um, daß sie ins Boot fiel.
Wir hörten eine Stimme:
„Großartig, Pedro! Ich hätte nie gedacht, daß ein Blasrohrbolzen eine solche Wirkung haben kann."
Zwei Schatten fielen über unser Boot, die Schatten zweier Männer.
In dem Augenblick richteten wir uns mit schußbereiten Pistolen auf.
„Hände hoch!" rief Rolf mit harter Stimme. „Hände hoch! Schnell!"
Die Arme des dicken Spaniers fuhren in die Höhe. Sein aufgedunsenes Gesicht wurde schreckensbleich. Anders Pedro, der Mulatte.
Auch er stand einen Augenblick lang wie erstarrt, dann aber stieß er einen lauten Schrei aus und hob ein kurzes Blasrohr rasch an den Mund.
In dem Augenblick krachte der Karabiner des Bootsführers, der sich ebenfalls erhoben hatte, wenn auch etwas später als wir.
Dem Mulatten fiel das Blasrohr aus der Hand, er sank stöhnend zusammen, obwohl er, wie ich annehmen zu können glaubte, nicht tödlich getroffen war, denn der Polizist hatte auf die Oberschenkel gezielt.
Auch Guachara brach zusammen, aber nicht weil er von einer Kugel getroffen war, sondern weil ihn der Schreck über die Verwundung des Mulatten lähmte.
„Ich bin unbewaffnet, meine Herren!" rief er. „Ich rühre mich nicht! Glauben Sie mir, ich bin völlig unschuldig!"
„Das wird sich zeigen," sagte Rolf ruhig. „Stehen Sie auf, mein Freund wird Sie untersuchen."
Ich fand tatsächlich keine Waffe bei ihm und fesselte ihm mit Pongos Hilfe die Hände auf dem Rücken. Die Arbeit war gerade beendet, als der Gonerneur und Colonel Wals mit den Polizisten durch das Dickicht brachen und zu uns kamen. Als der Spanier den Colonel sah, ließ er den Kopf sinken. Jetzt wußte er, daß sein Spiel ausgespielt war. Er hatte verloren.
Guachara wurde später zu einer hohen Festungsstrafe verurteilt. Pedro wurde zunächst im Gefängnishospital gesund gepflegt, dann erhielt er einige Jahre Zuchthaus und Zwangsarbeit.
Colonel Wals erzählte uns, daß er die Bekanntschaft des Spaniers Don Gravales auf dem Dampfer gemacht hatte, mit dem er von den Philippinen nach Amerika gefahren war. Der Spanier sei immer sehr liebenswürdig, witzig, aufgeräumt und sehr gesprächig
Weitere Kostenlose Bücher