Roman
Jeans, da schießt mir ein Gedanke durch den Kopf, der mir einen derben Strich durch die Rechnung macht. »Hast du denn ein Kondom dabei?«
»Brauchen wir nicht. Ich kann keine Krankheiten übertragen oder dich schwängern.« Shane wischt sich über die Wange, auf der mein Makeup Flecken hinterlassen hat. »Denk dran: Ich bin tot.«
Er lächelt, als sei das ein guter Witz. Mir aber geht ein kalter Schauer durch und durch. Mit einem Mal ist mein Verstand wieder online.
»Warte!« Ich lege Shane die Hand auf die Brust. »Das gibt doch eine ziemliche Schweinerei. Ich meine, ich muss ja den ganzen Abend noch arbeiten.«
»Mach dir keinen Kopf! Wenn ich einen Orgasmus habe, spüre ich den, aber ich, ähm … verstehst du, produziere nichts dabei.« Er will mich küssen, aber ich drücke ihn mit der Hand auf seiner Brust ein Stück weg von mir.
»Wenn du sagst, dass du nichts produzierst, was …«
»Ich meine nicht nur mich.« Er nimmt meine Hand und führt sie tiefer nach unten. »Alle Vampire.«
Ganz plötzlich habe ich einen sauren Geschmack im Mund. Mein Magen ist dabei, sich zu etwas zu verknoten, was nur echte Seebären oder Pfadfinder lösen könnten.
Ich stehe kurz davor, einen Vampir zu vögeln.
Ein Vampir ist kurz davor, mich zu vögeln.
Nein.
Das ist Shane, erinnert mein Kopf meinen Bauch. Er gehört zu den Guten. Er ist menschlicher als die Hälfte der Kerle, mit denen du bisher geschlafen hast. Jetzt hör auf dich zu zieren und mach ihm die Hose auf!
Meine Eingeweide aber machen einen weiteren Looping.
»Was ist los? Stimmt was nicht?«, fragt Shane.
»Mir ist nur grade eingefallen … ich muss noch … ich sollte besser wieder an die Arbeit gehen.« Ich rutsche vom Tisch und dränge mich an ihm vorbei. Auf dem Weg zur Tür hoffe ich, ich schaffe es noch rechtzeitig bis zur Toilette. Meinen Slip hol ich mir später wieder.
Mit dem Fuß bleibe ich an Reginas Rucksack hängen. Hey, ein Themenwechsel als Rettungsanker!
Ich hebe den Rucksack vom Boden und werfe Shane ein schwaches Lächeln zu. »He, Regina hat ein paar CD s von dir hergebracht. Vielleicht möchtest du ja doch ein bisschen auflegen.«
»Warum bist du auf einmal so nervös?« Shane macht einen Schritt auf mich zu. Die Erinnerung an seinen blutverschmierten Mund schießt mir durch den Kopf.
»Nichts, gar nichts!« Ich stolpere rücklings weiter, bis ich den Türknauf im Rücken spüre. »Ich meine, ich fühl mich … ähm … wahrscheinlich ist ’ne Grippe oder so was im Anflug.« Das und ein schwerer Fall von Arschlochtritis noch obendrein.
Shanes Augen weiten sich. Schmerz und Verletztheit schleichen sich in seinen Blick. »Du hast schon wieder Angst vor mir.«
»Nein, sicher nicht.« Meine Stimme wechselt in eine höhere Tonlage – ein sicheres Zeichen dafür, dass ich nur etwas vortäusche. Aber wozu ist Ehrlichkeit gut? Darf ich nicht lügen, um Shanes Gefühle zu schützen? »Shane …«
»Du hast Angst.« Er zieht die Augenbrauen zusammen, sein Blick wird finster, die Stirn ist gerunzelt. »Du siehst mich an, als wäre ich ein Monster.«
»Das hat nichts mit dir zu tun, ich schwör’s dir. Nur mit mir.«
»Verdammt richtig!« Er reißt mir den Rucksack aus der Hand. Glücklicherweise lasse ich los, ehe Shane mir den Arm ausreißen kann. »Ich bin kein Monster. Ich habe nie jemanden verletzt. Das ist mehr, als man von dir sagen kann, soviel ich weiß!«
Mir schnürt es die Kehle zu. »Wie bitte?«
»Deine Tage als Trickbetrügerin sind gar nicht ferne Vergangenheit und längst vorbei. Das ist doch so, oder? Man hat dich erst vor ein paar Monaten wegen Betrugs festgenommen. David hat es mir erzählt.«
Heiß steigt mir die Schamröte ins Gesicht. »Hat er das?«
»Er hat gesagt, der Typ … wie nennt ihr das doch gleich?«
»Der Geprellte.«
»Ja, dem Geprellten sei das Ganze so peinlich gewesen, dass er auf eine Anzeige verzichtet hätte.« Wieder kommt Shane einen Schritt auf mich zu. Jetzt hat er eindeutig die Grenze meines körperlichen Sicherheitsbereichs überschritten.
»Das ist häufig bei den Geprellten so.« Ich hebe meine Hände. »Hör bitte auf, mich zu bedrängen, ich möchte es dir erklären.«
»Damit du wieder lügen kannst?«
»Nein!« Wenn er so schnell bereit ist, mich zu verdächtigen, hat er vielleicht gar keine Erklärung verdient. »Erst einmal wurde ich nicht verhaftet. Ich wurde zur Befragung aufs Revier gebracht. Zweitens ist es gar nicht wahr, dass du noch nie jemanden verletzt
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