Roman
unfreiwilliges Zusammentreffen mit Sophie oder ihrem Vater ausblieb.
Nachdem Tom gegangen war, räumte sie die Spuren ihres Zusammenseins in ihrem Schlafzimmer auf, trug das Tablett in die Küche und stellte das benutzte Geschirr in die Spülmaschine. Danach ging sie hinunter in die Praxis und beseitigte auch dort alles, was auf Toms Anwesenheit hätte hinweisen können. Anschließend nahm Kristina eine ausgiebige Dusche. Sie hielt sich länger als üblich im Badezimmer auf und cremte ihr Gesicht ein.
Obwohl Tom sich rasiert hatte, konnte sie seine Bartstoppeln noch immer auf ihrer Haut spüren. Auch eine andere Stelle brannte angesichts ungewohnter intensiver Berührung. Aber sie genoss dieses Gefühl.
Kristina schlüpfte in ihren flauschigen Bademantel und ging zurück in die Küche. Sie schenkte sich ein Glas Weißwein ein und holte sich die Tüte mit den Pistaziennüssen aus dem Schrank. Gerade wollte sie sich zurückziehen, als ihr Vater auftauchte. „Ach schön, dass du da bist“, meinte sie. „Trinken wir noch zusammen ein Glas Wein?“
„Heute nicht“, lehnte er ab.
„Du willst doch nicht schon zu Bett gehen, oder?“ Fragend betrachtete sie ihren Vater. „Es ist erst kurz vor zehn.“
„Tut mir leid, aber ich bin todmüde. Gute Nacht.“ Damit ließ er sie stehen.
So hat jeder seine Heimlichkeiten – du auch, meine Liebe, dachte sie bei sich und zog sich in ihr Schlafzimmer zurück. Kristina kuschelte sich in ihr Bett, in dem noch alles nach Tom roch, und schlief glücklich ein.
8
Den Sonntag verbrachte Kristina zu Hause. Tom war mit seiner Mutter verabredet, was offenbar sehr selten vorkam. Sie schien viel unterwegs zu sein und kaum Zeit zu haben, was Tom mit einem bitteren Unterton hatte durchklingen lassen. Kristina hatte nicht weiter nachgefragt. Das Einzige, was sie wirklich interessiert hatte, war das Alter dieser Frau.
„Auf keinen Fall ist sie jünger als du“, hatte Tom ihr verraten. „Aber warum begleitest du mich nicht und lernst sie kennen?“
Er hatte sie eingeladen, ihn zu begleiten, aber auf ein Zusammentreffen mit seiner Mutter hatte Kristina überhaupt keine Lust gehabt. Die Eltern des Geliebten trifft man nicht gleich am Anfang, hatte sie gedacht. Und so war sie zu Hause geblieben und genoss es nun, in Erinnerungen an den gestrigen Tag zu schwelgen. Außerdem erreichte sie fast stündlich eine SMS von ihm mit zärtlichem Text. Kristina trug das Mobiltelefon die ganze Zeit mit sich herum, um auf keinen Fall eine seiner Nachrichten zu verpassen.
Wider Erwarten war ihr Vater zu Hause. Er frühstückte mit ihr, verriet jedoch mit keiner Silbe, was mit ihm los war. Wenigstens war er bester Dinge, so dass Kristina sich nicht weiter den Kopf darüber zerbrach. Irgendwann würde er schon damit herausrücken, was hinter seiner neuen Unternehmungslust steckte.
Dann schaute Rita vorbei. Sie brannte darauf, von den neuesten Entwicklungen zu erfahren, und hatte nicht bis zum Montag warten wollen. „Nicht erzählt ist nicht erlebt“, lautete Ritas Devise.
Und Kristina enttäuschte ihre Freundin nicht. Schließlich gab es viel zu berichten. Kaum war Rita gegangen, rief ihr Ex-Mann Peter an und bat um eine kurze Unterredung. Kristina ahnte, was er mit ihr besprechen wollte. Entspannt erwartete sie seinen Besuch. Ihr Gefühl sollte sie nicht täuschen.
„Gut siehst du aus“, begrüßte er sie und musterte sie.
„Was dagegen?“, erwiderte Kristina und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
„Äh, nein“, antwortete Peter verunsichert.
Wahrscheinlich denkt er, dass ich ihm noch nachweine, überlegte sie. „Setz dich doch. Wasser? Kaffee? Champagner?“, fragte sie und mimte die perfekte Gastgeberin.
„Champagner?“ Peter sah sie verwirrt an.
Es war ihr gelungen, ihren Ex völlig aus dem Konzept zu bringen, wie sie zufrieden feststellte. „Ich dachte, es gibt vielleicht einen Grund zu feiern.“
„Ja … äh … Also ich wollte dir eigentlich nur erzählen, dass Julia schwanger ist.“
„Herzlichen Glückwunsch“, sagte Kristina, „Papa in spe.“
Peter grinste schief. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sie so locker darauf reagieren würde.
„Ich hoffe, es ist von dir“, plauderte sie fröhlich drauflos. „Als Vater weiß man das ja nie. So ohne DNA-Test, mein ich. Aber deine Julia wird dir schon kein Kuckucksei unterschieben, nicht wahr? Na ja … jetzt setz dich doch“, forderte sie ihn auf.
„Also weißt du …“, hob Peter
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