Roman
…“
„Jemanden?“, fiel sie ihm ins Wort. „Einen Hund, einen Nachbarn, einen Steuerfahnder?“
„Eine Frau natürlich.“
„Und bei der hast du die Nacht verbracht?“, fragte sie ungläubig.
„Und wenn dem so wäre?“, entgegnete er trotzig. „Jetzt muss ich auch schon wieder weg, wir sind verabredet. Und warte nicht auf mich. Ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme.“ Er küsste sie sanft auf die Stirn und verschwand.
Verkehrte Welt, dachte sie. Mein Vater ist auf Freiersfüßen unterwegs, und ich mache mir Sorgen. Aber bei nächster Gelegenheit würde sie ihn zur Rede stellen. Sie wollte wissen, wer diese Frau war und was sich da hinter ihrem Rücken abspielte. Was Sophie betraf, machte sie sich keinerlei Gedanken. Schließlich war dieses Hin und Her mit Sven nichts Neues.
Kristina packte die Einkaufstüten aus. Sie beschloss, dass die Küche auf jeden Fall bis auf weiteres kalt bleiben würde. Wenn die anderen ihrer eigenen Wege gingen, würde sie das eben auch tun. Als sie ins Wohnzimmer kam, hörte sie den Anrufbeantworter ab. Rita hatte ihr eine Nachricht hinterlassen: Sie brannte darauf, alles über den gestrigen Abend zu erfahren. Kristina wollte sie nicht länger auf die Folter spannen. Sie setzte sich in den bequemen Sessel und rief ihre Freundin an. Das würde ein längeres Telefonat werden. Detailgetreu schilderte sie Rita, was gestern Abend alles geschehen war, und Rita unterbrach sie nicht ein einziges Mal.
„Allmächd! Und warum bist du nicht geblieben?“, fragte Rita, als Kristina ihren Bericht beendet hatte.
„Weil … weil es so richtig war. Ich bin keine Frau für eine Nacht.“
„Des wara schwarer Badzer.“
„Wie bitte?“
„Das war ein Fehler, meine Liebe. So einen wie Tom, den lässt man sich doch nicht entgehen“, stellte Rita in fehlerfreiem Hochdeutsch fest. „Da macht man Nägel mit Köpfen. Bleib, wo du bist. Ich komme zu dir.“
7
Kristina hatte gekocht. Nun saß sie mit Rita in der Küche, die sich bei Pasta und Weißwein noch einmal den ganzen Abend bei Tom ausführlich schildern ließ. Ihre Freundin wollte alles genau wissen. Was er angehabt hatte, wie seine Wohnung eingerichtet war, wie er den Tisch gedeckt hatte, wo er während des Essens gesessen hatte, worüber sie gesprochen und wie er sie dabei angesehen hatte.
„Aber dass du gegangen bist, war ein Riesenfehler“, meinte Rita, nachdem sie jetzt jedes Detail kannte.
„Das sagst du“, widersprach Kristina. „Ich finde es unmöglich, sich jedem gleich an den Hals zu werfen.“
„Wir leben im 21. Jahrhundert“, konterte Rita. „Und deine Unschuld musst du wirklich nicht mehr verteidigen.“
„Trotzdem. Ich will, dass ein Mann um mich kämpft“, sagte Kristina. „Ich spring nicht gleich mit dem Erstbesten in die Kiste. Auch … wenn ich es bei Tom gerne gemacht hätte.“
Rita kicherte.
Sie stimmte mit ein und fügte hinzu: „Ich bin da wohl ziemlich altmodisch.“
Erneut lachte Rita auf. „Eindeutig.“
„Ja“, erklärte Kristina, „so einfach will ich es einem Mann nicht machen. Sonst würde er ja denken, dass ich leicht zu haben sei.“
Ihre Freundin brummte nur: „Mein Gott, und wenn schon!“
„Nein, das gehört sich nicht“, beharrte Kristina.
„Lass mich dir mal erklären, wie das heute läuft, meine Liebe“, hob Rita an.
Kristina war klar, dass sie Ritas Redeschwall nicht unterbrechen konnte, wenn diese erst einmal losgelegt hatte. Aber das Klingeln von Kristinas Mobiltelefon ließ ihre Freundin sofort verstummen.
„Das ist er bestimmt“, raunte sie. „Geh ran und bleib am Ball.“
Am Display ihres Mobiltelefons konnte Kristina jedoch erkennen, dass Philipp der Anrufer war.
„Mama“, meldete er sich, „zum Glück erreiche ich dich.“
„Ist was passiert?“, fragte Kristina. „Du klingst so gehetzt.“
„Ich bin beim Fußballtraining. Tom hat sich verletzt, irgendeine Rückenprellung. Kann ich ihn zu dir schicken?“, stieß ihr Sohn atemlos hervor.
„Aber ich …“
„Du musst ihm helfen“, unterbrach Philipp sie. „Du bist die Einzige, die das schnell wieder hinbekommt. Er kommt gleich mit dem Taxi.“
„In Ordnung“, willigte Kristina überrumpelt ein.
„Super, danke“, verabschiedete Philipp sich und legte auf.
„Tom kommt her“, sagte Kristina zu Rita. „Irgendwas wegen seines Rückens.“
Ihre Freundin grinste. „Der Kerl gefällt mir.“
„Was du wieder denkst.“
„Lass dir diese Chance nicht entgehen“,
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