Roman
entrüstet an.
Doch Kristina ließ ihm keine Zeit, seine Empörung zu vertiefen, und fiel ihm ins Wort: „Wann ist es denn so weit?“
„November.“
„Für mich wäre das ja nichts. Keine Nacht mehr durchschlafen, Windeln über Windeln, und kaum ist das überstanden, kommen die Zähnchen. Und dann die Rotznasen, den ganzen Winter lang. Ogottogott, ich glaube, dafür wäre ich zu alt“, plapperte sie weiter, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen.
Peters Miene war verschlossen. „Na ja, Julia ist ja noch jung.“
„Stimmt“, pflichtete sie ihm bei. „Aber was ist mit dir? Du wirst demnächst 56.“
Das saß. Ihr Ex-Mann verschränkte die Arme vor der Brust und suchte nach Worten. Mit einem Mal trat ein hinterhältiges Funkeln in seine Augen. „Ach, weißt du“, setzte er an, „junge Partnerinnen verlängern nun mal das Leben.“
„Wie das?“, gab sich Kristina interessiert.
„Es gibt da eine neue Studie vom Max-Planck-Institut, die belegt, dass Männer länger leben, deren Partnerinnen deutlich jünger sind als sie. Es ist also kein Klischee, sondern wissenschaftlich untermauert.“
„Stammt das aus der Bäckerblume oder der Apothekenzeitschrift?“
Peter sah sie streng an. „Aus der Süddeutschen von gestern. Du solltest Zeitung lesen, dann wüsstest du, was in der Welt los ist.“
„Na, du wirst mich Dummerchen sicher aufklär…“
Schroff unterbrach er sie: „Ein Wissenschaftler hat die Daten von etwa zwei Millionen verheirateten Menschen aus Dänemark ausgewertet, die älter als 50 Jahre waren. Und dabei hat er herausgefunden, dass Männer, die zwischen sieben und neun Jahre älter sind als ihre Partnerinnen, demnach ein um elf Prozent geringeres Sterberisiko haben als Männer mit Partnerinnen, die etwa im gleichen Alter sind.“
„Hast du das auswendig gelernt?“
Peter ignorierte ihre Spitze und dozierte weiter: „Ganz anders sieht es für die Frauen aus. Sind ihre Partner zwischen sieben und neun Jahre jünger, haben Frauen ein um bis zu 20 Prozent höheres Sterberisiko. Auch für die Männer ist in dieser Konstellation das Sterberisiko erhöht. Die Lebenserwartung von Frauen ist am höchsten mit gleichaltrigen Partnern. Sind die Männer älter als sie selbst, steigt für die Damen das Sterberisiko.“
Kristinas siegessicheres Lächeln verschwand. Ohne es zu ahnen, hatte Peter einen Treffer gelandet. Aber diesen Sieg wollte sie ihm nicht einfach kampflos zugestehen.
„Aus meiner Erfahrung kann ich dir berichten, dass die angeblich besten Jahre des Mannes ein Mythos sind“, sagte sie. „Und ich habe ja genug davon hier Tag für Tag in meiner Praxis. Nackte Tatsachen, wenn du so willst. Und eins kann ich dir versichern: In Wirklichkeit sind Männer häufiger krank als Frauen, sie verletzen sich viel öfter und sterben schneller. Das Risiko, einen tödlichen Herzinfarkt zu erleiden, ist bei ihnen dreimal so hoch wie bei Frauen, und die Ohren funktionieren bei den meisten nicht mehr tadellos. Zudem entwickeln sie häufig eine Schlafapnoe, belasten durch ihr Schnarchen ihre Ehe und durch diese gefährlichen Atemaussetzer Herz und Hirn. Männern drohen Haarverlust und Erektionsstörungen. Noch nicht einmal vor Brustkrebs sind sie hundertprozentig sicher.“ Sie holte Luft. „Aber ich freue mich für dich, dass du trotz allem 100 Jahre alt werden kannst, mit einer jungen Frau an deiner Seite. Man denke nur an Jopi! Deine Julia kann dich ja dann im Rollstuhl herumschieben“, fuhr sie fort und versuchte, dabei so locker wie möglich zu wirken. „Wirst du sie denn heiraten?“
„Selbstverständlich“, antwortete Peter beleidigt. „Noch vor der Geburt.“ Abrupt stand er auf. „Na ja, jetzt weißt du es, und ich hoffe, es treibt keinen Keil zwischen uns. Schließlich haben wir ja auch gemeinsame Kinder.“
„Das habe ich nicht vergessen“, konterte Kristina. „Sophie ist mal wieder bei mir eingezogen.“
Peter machte Anstalten, zu gehen.
„Du willst schon verschwinden? Dabei unterhalten wir uns gerade so gut“, meinte Kristina schnippisch. „Was wird es denn überhaupt?“
„Was?“
„Das Baby natürlich.“
„Ein Mädchen.“
„Oh, oh! Mir schwant Unheil. Du stürzt dein Sophiechen von ihrem Thrönchen. Das gibt Ärger. Ganz sicher.“
„Ach was, sie freut sich.“ Peter umarmte Kristina flüchtig. „Sag ihr liebe Grüße. Sie soll mich anrufen, wenn sie etwas von ihrem Daddy braucht. Schönen Sonntag noch.“ Damit ließ er sie stehen.
Kristina sah ihm
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