Romana Exklusiv 0188
fragte, was er tun sollte, wenn sie seine Gefühle nicht erwiderte. Sicher würde er es kaum ertragen, sich so lächerlich zu machen. Aber wie sollte er herausfinden, was sie empfand, wenn es ihm nicht einmal gelang, die Wahrheit auszusprechen?
Zögernd fuhr er fort: „Vielleicht sollten wir nicht nur an uns denken. Wie wäre es, wenn wir Nachwuchs planen würden? Ein richtiges Familienleben kann vielleicht die leidenschaftliche Liebe ersetzen, die wir damals empfunden haben. Würde das unserem Leben nicht einen neuen Sinn geben?“
Isabelle glaubte, zu träumen. Sie hatte ja mit allem gerechnet, aber sicher nicht damit, dass Luis tatsächlich vorschlagen würde, Kinder in die Welt zu setzen. Sollte das jetzt ein Liebesbeweis sein, oder ging es ihm wieder nur darum, den Erwartungen seiner Eltern zu entsprechen? Nach der Unterhaltung mit Catalina hatte sie noch gehofft, sich grundlegend zu täuschen, doch alles, was Luis tat und sagte, deutete darauf hin, dass Isabelles schlimmste Befürchtungen wahr wurden.
Luis aber schien nicht recht zu verstehen, was vor sich ging. Munter fuhr er fort: „Ich liebe Kinder. Eine große Familie war schon immer mein Traum.“
„Dein Vater macht sich auch Sorgen darum, dass die Familie weiterhin besteht“, sagte Isabelle, da sie Luis’ Reaktion testen wollte. „Ich habe den Eindruck, dass es ihm gar nicht schnell genug gehen kann.“
Luis nickte mit dem Kopf. „Ja, ich denke, es ist ihm das Wichtigste auf der Welt.“
Auf einmal sprang er auf und machte einige Schritte auf das offene Fenster zu. Die Nachtluft war angenehm frisch geworden, und am Himmel funkelten Tausende von Sternen. Luis aber schien das gar nicht wahrzunehmen, so tief war er in Gedanken versunken. Nachdenklich sagte er: „Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass mein Vater nur deshalb so hart um sein Leben kämpft, weil er die Hoffnung hat, eines Tages doch noch seinen Enkel im Arm zu halten.“
Endlich war die Wahrheit ausgesprochen. Luis gab offen zu, dass er Isabelle nur heiraten wollte, um seinen Vater glücklich zu sehen. Als er zu ihr nach York gekommen war, hatte er ihr noch vorgemacht, dass er sich auch danach sehnte, sie wieder lieben zu dürfen, doch hier in Andalusien gelang es ihm einfach nicht, den Schwindel aufrechtzuerhalten. Seit Wochen war er Isabelle aus dem Weg gegangen, damit sie nicht bemerkte, wie es wirklich in ihm aussah, doch jetzt musste sie erkennen, dass er nichts mehr für sie empfand.
Seufzend stand Isabelle auf und ging ebenfalls zu dem Fenster, um in die Nacht hinauszuschauen. Man hatte einen weiten Blick über das Anwesen, das sich wie ein Schatten unter dem silbernen Mondlicht abzeichnete.
„Bei solch einer Krankheit spielt der psychologische Faktor eine große Rolle“, fuhr Luis fort. „Und wir sollten Vater dabei helfen, weiter gegen die heimtückische Krankheit anzukämpfen. Ich habe eine Großmutter, die ebenfalls Krebs hatte. Aber sie hat niemals den Kopf hängen lassen und sich nicht geschlagen gegeben. So ist sie sehr alt geworden. Auch für Vater gibt es noch diese Hoffnung. Sein sehnlichster Wunsch ist es, für die Zukunft unserer Familie zu sorgen. Er hat alles dafür getan, damit Diego und ich die bestmögliche Erziehung bekommen. Weißt du, er hat immer große Hoffnungen in uns gesetzt. Diegos Tod war ein unglaublich harter Schlag für ihn …“
Isabelle verstand genau, worauf Luis anspielte, auch wenn er es nicht offen aussprach. Diego war der Erstgeborene gewesen, und offenbar hatte Don Alfonso immer eine Vorliebe für ihn gehabt. Jetzt aber musste Luis diese Rolle ausfüllen. Alles, was sein Vater von Diego erhofft hatte, lag jetzt auf seinen Schultern.
Er hatte ihr früher einmal erzählt, wie er sich als Jugendlicher gegen seinen Vater aufgelehnt hatte. Es hatte wohl erhebliche Auseinandersetzungen gegeben, weshalb Don Alfonso auch beschlossen hatte, seinen Sohn nach England ins Internat zu schicken. Diego hingegen war wesentlich diplomatischer vorgegangen und hatte von seinem Vater alles bekommen, was er nur wollte.
Nachdem Luis in England das Abitur gemacht hatte, hatte er beschlossen, einige Zeit dort zu leben, um dann zu entscheiden, was er später einmal machen wollte. Da er sich noch nicht wieder mit seinem Vater ausgesöhnt hatte, arbeitete er als Kellner in einer Bar. Als Isabelle ihn dort kennengelernt hatte, hätte sie sich niemals träumen lassen, dass der junge, blendend aussehende Mann mit den goldbraunen Augen aus einer adeligen
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