Romana Exklusiv 0197
Privatmaschine ums Leben gekommen sind und wir alle sehr bestürzt waren, ganz besonders natürlich Noel, und …“ Sie verstummte.
„Ich möchte alles wissen, damit ich die Zusammenhänge verstehen kann“, sagte Enrico ruhig, ohne ihr zu erklären, warum es für ihn so wichtig war. Aber dass er sich überhaupt für ihre Vergangenheit interessierte, machte ihr Mut weiterzureden.
„Es geschah nach der Beerdigung seiner Eltern. Wir waren alle bei ihm in seinem Haus. Plötzlich war er verschwunden, und als ich ihn suchte, fand ich ihn im Arbeitszimmer seines Vaters. Er war so unglücklich, dass ich es nicht mit ansehen konnte. Ich bin zu ihm gegangen und habe ihn getröstet.“
„Du bist wirklich eine wunderbare und warmherzige Frau.“ Enrico sprach ganz leise. Lysan bekam Herzklopfen und verlor den Faden. Doch er half ihr weiter: „Du hast ihn also getröstet.“
Sie atmete tief durch. „Ja. Dann habe ich eine Bemerkung gemacht, dass er … Nein, er hat gesagt, dass er jetzt niemanden mehr habe, keine Eltern und keine Angehörigen. Ich wollte ihn aufrichten in seinem Kummer und Schmerz und habe geantwortet, er gehöre doch zu unserer Familie. Und irgendwie stimmt das auch, es war schon immer so. Rede ich zusammenhangloses Zeug?“, fragte sie unvermittelt.
„Nein, ich fange an zu verstehen“, erwiderte Enrico und blickte sie aufmerksam an. „Das war aber noch nicht alles.“
„Willst du wirklich jede Einzelheit hören?“
„Ja, bitte.“ Seine Miene war nicht mehr ganz so ernst, und er lächelte leicht.
Lysan fuhr in der Erzählung fort: „Als ich das Gefühl hatte, es würde ihm etwas besser gehen, wollte ich mich zurückziehen. An das, was dann geschah, kann ich mich nicht genau erinnern, es war ein ziemliches Durcheinander. Jedenfalls sprach Noel plötzlich davon, dass wir bald heiraten sollten. Und als mein Vater hereinkam und Noel ihm berichtete, dass wir heiraten würden, widersprach ich ihm nicht, weil ich ihm in seiner Trauer um seine Eltern nicht noch zusätzlich wehtun wollte. Es schien nicht der richtige Zeitpunkt zu sein.“
„Und so ist die Verlobung zustande gekommen?“, fragte Enrico verblüfft.
„Ja“, erwiderte sie zögernd. „Als ich mich an den Gedanken gewöhnt hatte, erschien er mir gar nicht mehr so abwegig, jedenfalls damals nicht“, fügte sie rasch hinzu und geriet wieder in Panik, weil sie befürchtete, Enrico würde jetzt wissen wollen, wann und weshalb sie ihre Meinung geändert hatte. „Erst als er eines Tages ziemlich …“ Bestürzt hielt sie inne. „Nein, es geht einfach nicht. Ich kann nicht …“
„Doch, du kannst es.“ Enrico nahm ihre Hand. „Mein Liebling, tu es mir zuliebe.“
„Wenn du nur mit mir spielst, bringe ich dich um“, warnte sie ihn.
Er lachte laut auf. „Ich entdecke immer neue Wesenszüge an dir, und ich liebe alle.“
Was hat er gerade gesagt?, fragte Lysan sich ungläubig. Das Herz klopfte ihr zum Zerspringen. Ist es Wirklichkeit, oder träume ich?, überlegte sie und versuchte, sich zu beruhigen. Obwohl er nicht behauptet hatte, dass er sie als Frau liebte, sondern nur von ihren Charaktereigenschaften geredet hatte, fühlte sie sich ermutigt. Seine Bemerkung half ihr, die Scheu zu überwinden und die Befürchtung auszuräumen, sich Noel gegenüber unfair zu verhalten.
Lysan räusperte sich und fuhr heiser fort: „Noel und ich … Wir sind nie … Ich habe nicht mit ihm geschlafen.“
„Ja, mein Liebes, das habe ich schon gemerkt“, erklärte Enrico ernst.
Als ihr bewusst wurde, worauf er anspielte, errötete sie.
„Eines Abends hat Noel versucht …“ Sie verstummte.
„Wollte er mit dir schlafen?“ In seinen Augen blitzte es so seltsam auf, dass Lysan die Sache schnell hinter sich bringen wollte.
„Ja, aber ich wollte es nicht.“
„Hat Noel dich erschreckt?“ Seine Stimme klang ärgerlich.
„Nein“, erwiderte Lysan. „Ich habe dir ja gesagt, dass ich ihn seit meiner Kindheit kenne. Ich habe mich in seiner Gegenwart nie unbehaglich gefühlt, bis zu jenem Tag. Und da wurde mir klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich wollte nicht mit ihm schlafen und war peinlich berührt und verwirrt.“
„Peinlich berührt?“, wiederholte er und schien überrascht zu sein.
Lysan zog die Hand zurück und wandte sich von ihm ab. „Ja, genau!“, antwortete sie kurz angebunden. „Und dann habe ich geglaubt, gefühlskalt zu sein.“
„Ausgerechnet du!“, rief Enrico.
Lysan sprang auf und drehte ihm den Rücken
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