Romana Exklusiv 0197
gewaschen hatte, schlang sie sich kunstvoll ein Handtuch um den Kopf und schlüpfte in den Bademantel. Dann begann sie, ihre Sachen zu packen.
Auf einmal fiel ihr Gabinas Geschenk in die Hände. Sie hatten sich versprochen, ihre Geschenke um Mitternacht auszupacken. Ja, das werde ich tun, nahm Lysan sich vor. Sie war sicher, dass sie sowieso nicht schlafen konnte.
Nachdem sie alles in den Koffern untergebracht und sich vergewissert hatte, dass ihr Pass in der Tasche steckte, spielte sie mit dem Gedanken, bei der Fluggesellschaft anzurufen und sich einen Platz in der ersten Maschine reservieren zu lassen, die am nächsten Morgen nach England startete.
Aber sie war immer noch unentschlossen. Sie liebte Enrico und wollte noch nicht die Hoffnung aufgeben, ihn wiederzusehen. Wenn sie abreisen würde, hätte sie jegliche Chance verspielt, es wäre endgültig aus und vorbei. Alles wäre viel leichter für sie, wenn sie Enrico hassen würde, aber sie liebte ihn und konnte es nicht ändern.
Lysan wusste nicht genau, wie lange sie dagesessen und nachgedacht hatte, als es plötzlich an der Tür klopfte und sie aus ihren Gedanken gerissen wurde.
Lysan überlegte, wer es sein mochte. Sie hatte sich beim Zimmerservice nichts bestellt und auch keine Kleider in die Reinigung gegeben. Plötzlich stiegen Bilder vor ihr auf, wie Enrico in Puerto Varas mit ihren Sachen auf dem Arm in ihrem Zimmer aufgetaucht war und was danach geschehen war. Rasch verdrängte sie die Erinnerungen und öffnete die Tür.
Sie glaubte zu träumen. „Enrico!“ Sie rang nach Luft. „Was machst du denn hier?“
„Guten Abend, Lysan“, begrüßte Enrico sie freundlich und betrachtete ihr Gesicht und das Frottiertuch, das sie um den Kopf geschlungen hatte.
Er wirkt sehr müde, dachte sie. Dann fiel ihr ein, wie sie selbst aussah, und sie fühlte sich auf einmal sehr unsicher.
„Wie du siehst, bin ich genau richtig angezogen, um Besuch zu empfangen“, versuchte sie zu scherzen und errötete prompt. Du liebe Zeit, als Enrico das letzte Mal in mein Zimmer kam, hatte ich auch nur den Bademantel an, ging es ihr durch den Kopf.
Enrico spürte ihre Verlegenheit. „Du brauchst bei mir nicht zu erröten, mein Kleines“, sagte er leise. „Ich weiß doch, wie du die Bemerkung gemeint hast.“
„Ja, ich …“ Ihr fiel einfach nichts Gescheites ein. Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie in seiner Gegenwart schon wieder die Fassung verlor. „Schön, dich zu sehen, Enrico.“ Was für eine Untertreibung! „Ich habe gerade die Koffer gepackt und …“
„Du willst abreisen?“
„Ja, morgen Vormittag“, erwiderte Lysan, ohne zu zögern.
„Dann musst du mir erlauben, dich an deinem letzten Abend in Chile zum Dinner einzuladen“, erklärte er.
Natürlich würde sie seine Einladung annehmen. Nichts und niemand würde sie daran hindern können, die Stunden mit ihm zu genießen.
„Ich hoffe, du kannst so lange warten, bis ich mich ein bisschen hübsch gemacht habe.“
„Dazu brauchst du keine zehn Sekunden.“ O Enrico, du bringst mich noch um mit deinem Charme, dachte sie und bekam Herzklopfen. „Ich warte unten im Foyer auf dich“, fügte er hinzu und verschwand.
Lysan schloss die Tür ab und verbrachte die nächsten fünfzehn Minuten damit, das Haar zu fönen, sich anzuziehen und Make-up aufzulegen. Als sie fertig war, warf sie einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Sie war mit ihrem Aussehen zufrieden.
Rasch verließ sie das Zimmer und eilte über den Flur zum Lift. Sie hatte sich für einen langen, weich fallenden Rock aus rotem Seidenchiffon entschieden, der an beiden Seiten bis zu den Oberschenkeln geschlitzt war. Dazu trug sie ein elegantes ärmelloses Top aus demselben Material. Das lange Haar fiel ihr in weichen Wellen auf die Schultern.
Enrico erblickte sie sofort, als sie aus dem Lift trat, und ging ihr entgegen. Das Herz klopfte ihr zum Zerspringen. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass sie wirklich die Chance bekommen hatte, noch einmal einige Stunden mit ihm zu verbringen.
Er blieb vor ihr stehen, und sie schaute ihn lächelnd an.
„So schön wie immer“, sagte er.
Lysan hatte das Gefühl, auf Wolken zu schweben, als sie an seinem Arm das Hotelfoyer durchquerte. Erst als sie neben ihm im Auto saß, wurde ihr bewusst, dass er offenbar nicht vorhatte, im Hotel zu essen, wie sie angenommen hatte. Aber es war ihr egal, wohin er mit ihr fuhr.
Enrico fädelte sich mit dem Wagen in den fließenden Verkehr
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