Romana Exklusiv 0224
noch einschüchternder. Warum macht er mich so nervös? überlegte sie fieberhaft. Lag es daran, dass er sie so leicht hochnehmen konnte oder so umwerfend attraktiv war? Oder war es beides?
Sie fühlte sich wie magisch von ihm angezogen. Alles an ihm schien sie zu fesseln. Angefangen von seinen breiten Schultern und dem durchtrainierten Körper bis hin zu der Tatsache, dass er Franzose war und perfekt Englisch sprach, und zwar mit einem Akzent, bei dem sie immer wieder ein erregender Schauer überlief. Seine Augen waren seine gefährlichste Waffe. Es kam ihr vor, als könnte er ihr bis auf den Grund der Seele schauen, was sie zugleich verwirrte und hilflos werden ließ.
Als hätte er ihren Blick gespürt, sah er sie nun an. Und wie schon bei ihrer ersten Begegnung vor einem Jahr spielten ihre Sinne auch diesmal verrückt. Es hatte sie bereits damals erschreckt, dass ein Mann solch eine Macht über sie ausübte, und es erschreckte sie auch jetzt.
Ray lächelte nun leicht amüsiert. „Bestimmt würde es Murdo gefallen, dass wir hier zusammensitzen und gemeinsam essen. Vielleicht sollten wir auf abwesende Freunde trinken?“
„Auf abwesende Freunde.“ Caitlin nahm ihr Glas und stieß mit ihm an.
Erneut lächelte er, und sie fühlte sich sogleich wieder unbehaglich. Ja, sie musste dringend darauf achten, einen kühlen Kopf zu bewahren. Eilig sah sie beiseite, und bis auf den Regen, der gegen die Fensterscheiben trommelte, und das französische Lied, das aus dem Radiolautsprecher erklang, herrschte Stille in der Küche.
Caitlins Blick fiel auf die Weinflasche, und sie bemerkte, dass auf dem Etikett der Name Pascal stand. „Haben Sie etwas mit dem Wein zu tun?“
„Nicht wirklich. Er stammt von diesem Anwesen, doch mein Vetter stellt ihn her. Ich verpachte ihm lediglich das Land.“
„Er schmeckt sehr gut.“
„Ja, er ist nicht schlecht.“ Ray nickte. „Wie lang sind Sie unterwegs gewesen?“
„Ich habe gestern bei meiner Mutter in London übernachtet und bin um halb fünf heute Morgen aufgebrochen.“
„Es ist eine weite Fahrt. Sie hätten von Manchester hierher fliegen sollen.“
„Ich wollte so viele meiner Sachen mitnehmen wie möglich. Außerdem konnte ich so meine Mum noch einmal besuchen.“ Wie entsetzt hatte diese sie angesehen, als sie ihr erklärt hatte, dass die Beziehung mit David beendet sei und sie nach Frankreich ziehen wolle.
„Hätte Ihr Verlobter Ihnen die Sachen nicht später mitbringen können?“
Sie versuchte, sich auf Rays Frage zu konzentrieren und nicht weiter an ihre Mutter zu denken, die ihr dringend geraten hatte, bei ihr in London zu bleiben und sich die Angelegenheit noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. „Willst du dich wirklich von David trennen?“, hatte ihre Mum sich besorgt erkundigt. „Die Einladungen sind schon verschickt, und der Hochzeitstermin rückt immer näher. Caitlin, wahrscheinlich spielen dir die Nerven nur einen Streich.“
Sie hatte ihrer Mutter den wahren Grund nicht genannt, denn das hätte sie nicht ertragen. Also hatte sie sich fröhlich und zuversichtlich gegeben, als hätte sie richtig entschieden und sich freundschaftlich von David getrennt.
„Caitlin?“
„Oh, Entschuldigung.“ Natürlich wartete Ray auf eine Antwort. „Ja, das hätte er wohl tun können. Aber ich wollte sie jetzt schon haben, und wie ich bereits sagte, hat er momentan sehr viel zu tun.“
„Was macht er beruflich?“
Konnte er das Thema nicht endlich fallen lassen? „Er ist in der Werbung tätig.“ Sie zwang sich, ihn anzublicken. „Und was machen Sie beruflich?“
„Ich bin Architekt.“
„Stimmt, das hat Murdo mir ja erzählt. Er meinte, Sie wären eine seltene Mischung aus kreativem Genie und starrsinnigem Geschäftsmann und könnten zuweilen ein wenig exzentrisch sein.“
„Da es vom König der Exzentriker kommt, fasse ich es als Kompliment auf.“
„Er war ein Künstler, und denen gestattet man wohl, überspannt zu sein“, erwiderte Caitlin nachdenklich.
„Ich schätze, ja.“ Ray lächelte. „Ich glaube, seine Bilder erzielen einen sehr hohen Preis.“
„Das habe ich auch gehört.“
„Er hat mir testamentarisch zwei hinterlassen. Sie werden mir nächste Woche zugesandt.“
„Wie nett von ihm. Er schien Sie überhaupt sehr zu mögen.“
„Er war ein alter Freund der Familie, der Trauzeuge meiner Eltern. Als mein Vater starb, hat er meiner Mutter über die schwere Zeit hinweggeholfen.“
„Ich hatte keine Ahnung, dass Ihre
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