ROMANA EXKLUSIV Band 0173
Augen und konzentrierte sich ganz auf die Musik. Sebastian hatte recht. Auch diesmal riss Das Phantom der Oper sie mit sich fort und trug sie in das Zauberreich der Fantasie.
Ihre Lider begannen zu flattern. Wie ein leichter Nadelstich durchzuckte sie die Erkenntnis, dass irgendetwas Bemerkenswertes geschehen war, doch bevor sie die volle Bedeutung erkennen konnte, war es ihrem Unterbewusstsein schon wieder entschlüpft. Sie unterdrückte ein Gähnen. Sie war müde. Die ruhelose Nacht, in der sie über ihre „Heimkehr“, nachgegrübelt hatte, und der Stress der letzten Tage forderten ihren Tribut, und Anna schlief ein.
Sie träumte.
Wie ein unbeteiligter Beobachter war sie sich dessen bewusst, doch sie konnte sich weder dazu durchringen, aufzuwachen, noch konnte sie der Dunkelheit des Traumes entrinnen. Sie saß in einem Wagen und stritt erbittert mit jemandem. Allerdings konnte sie die Worte nicht hören oder sehen, mit wem sie sprach. Sie drehte den Kopf, um ihren Begleiter anzuschauen. Eine wütende Erwiderung lag ihr auf den Lippen, ihr Herz war voller Verzweiflung. Als sie erneut durch die Windschutzscheibe blickte, umgab sie völlig Finsternis und raubte ihr die Orientierung. Plötzlich hellte sich der Himmel auf, und sie erkannte zu spät, dass vor ihr eine Kurve lag.
„Pass auf!“, schrie sie und richtete sich kerzengerade auf.
Der Range Rover kam schlingernd am Straßenrand zum Stehen. „Was zum Teufel ist mit dir los?“, rief Sebastian. „Warum hast du so geschrien?“
„Entschuldige. Das wollte ich nicht.“ Anna bedeckte ihr Gesicht mit zitternden Händen und brach in Tränen aus. „Ich habe etwas gesehen“, brachte sie schluchzend heraus.
Mit einem unterdrückten Fluch öffnete er den Wagenschlag und stieg aus. Dann kam er um das Auto herum und riss die Beifahrertür auf. Innerhalb weniger Sekunden hatte er den Sicherheitsgurt gelöst und sie in seine Arme genommen. Geduldig wartete er, bis ihr Tränenstrom versiegt war.
„Du hast mein Hemd nass gemacht“, sagte er mit liebevollem Spott.
„Entschuldige. Das wollte ich nicht.“
„Schon gut“, tröstete er sie zärtlich. Er legte die Hand unter ihr Kinn und betrachtete sie prüfend. „Was ist passiert?“
„Ich bin mir nicht sicher … Ich habe geträumt – ich glaube, vom Unfall.“ Hilflos schüttelte sie den Kopf. „Aber ich weiß es nicht genau. Es war alles so vage.“
„Meinst du, die Autofahrt hat alles wieder aufgewühlt?“
Anna nickte. „Das ist gut möglich.“ Verzweifelt versuchte sie, die verschwommenen Bilder zu ordnen. Es blieben jedoch nur Bruchstücke, die sich rasch verflüchtigten.
„Du warst in dem Wagen …“, begann er.
„Ich glaube, ich war verärgert“, flüsterte sie matt. „Aber ich weiß nicht, warum. Ich erinnere mich, dass ich durch die Windschutzscheibe blickte und alles um mich herum tiefschwarz war – als ob jemand das Licht ausgeschaltet hätte. Und dann wurde es mit einem Mal taghell, und ich erkannte, dass die Straße eine Kurve machte und … und …“ Kopfschüttelnd verstummte sie.
Zu ihrer großen Erleichterung drängte er sie nicht weiter. Stattdessen zog er sie fester in die Arme. „Es ist alles in Ordnung, Anna. Entspann dich.“
„Ich wünschte, das könnte ich“, erwiderte sie stockend. „Ich sehe das Ende ganz deutlich vor mir … Der Wagen kam von der Straße ab … Ich habe die Hände vors Gesicht geschlagen.“ Sie atmete tief durch und schaute ihn voller Entsetzen an. „Ich habe mir die Augen zugehalten! Das hätte ich nicht tun dürfen. Ich hätte sie auf dem Lenkrad lassen müssen. Aber …“ Die Erinnerungsfetzen verschwanden. „Irgendwie konnte ich es nicht. Wenn ich gegengelenkt hätte, wäre vielleicht …“
„Du hast rein instinktiv gehandelt.“ Sebastian strich leicht über die winzige Narbe an ihrer Schläfe. „Wenn du dein Gesicht nicht geschützt hättest, wäre alles viel schlimmer ausgegangen.“
„Aber …“
Kopfschüttelnd legte er ihr einen Finger auf den Mund. „Du darfst dich nicht selbst verurteilen, Anna. In einer Notsituation kann man nur reflexartig reagieren. Später kommen zwar die Zweifel und Selbstvorwürfe, doch dann ist es sinnlos. Was geschehen ist, ist geschehen. Fertig. Mach dich frei davon.“
Sie nickte. Er hatte recht. Sie konnte die Vergangenheit nicht ändern, auch wenn sie sich mit Vorwürfen zerfleischte. Trotzdem war dieser Gedanke wenig tröstlich. „Es ist doch ein gutes Zeichen, oder?“, wechselte sie
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