ROMANA EXKLUSIV BAND 231
Mut zu finden, alle Vorbehalte beiseitezuschieben und sich zu lieben. Tagsüber mochten sie ihre wahren Gefühle leugnen und Gleichgültigkeit heucheln, nachts aber waren sie wie Schauspieler, die nicht länger auf der Bühne standen und ihre Rollen spielten. Nein, sie waren unbefangen sie selbst, auch wenn es ihnen nicht bewusst war.
Eines Morgens wachte Joelle auf und fühlte sich einfach herrlich. Rasch zog sie sich eine rote Hose mit dehnbarem Bund und ein weites weißes T-Shirt an und eilte die Treppe hinunter, fest entschlossen, aus diesem strahlend schönen Tag das Beste zu machen. Aus der Küche duftete es nach Kaffee und gebratenem Speck, was verriet, dass Sadie das Frühstück fertig hatte.
Da Joelle nun schon zwei Monate im Haus lebte, wusste sie, dass am Fuß der Treppe ein schmaler Läufer lag. Sie hätte besser aufpassen müssen, aber sie war mit den Gedanken anderswo. Als sie den Fuß auf den Läufer setzte, rutschte dieser plötzlich weg. Sie stürzte nicht, da es ihr gelang, sich am Geländer festzuhalten, und dabei zerrte sie sich einen Muskel im Arm. Entsetzt schrie sie auf, und sofort eilte Sadie zu ihr.
„Kindchen, sind Sie in Ordnung?“
„Ich bin ausgerutscht“, berichtete Joelle und rieb sich eine Stelle über dem linken Ohr, denn sie war mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen. Nun bildete sich offensichtlich eine Beule. Joelle atmete tief durch und befahl sich, Ruhe zu bewahren.
Sadie wurde blass. „Ich rufe besser sofort einen Krankenwagen.“
„Nicht nötig, Sadie, mir ist nichts passiert.“
„Wir sollten aber kein noch so kleines Risiko eingehen“, meinte Sadie und runzelte die Stirn. „Einer von den Arbeitern soll Gabriel holen.“ Sie lief in die Küche und kam kurz darauf wieder zu Joelle zurück. „Glücklicherweise hat einer der Männer gerade die Blätter vor dem Haus zusammengeharkt. Er ist schon unterwegs und wird Gabriel Bescheid sagen.“
„Ich setze mich besser hin“, meinte Joelle, die sich jetzt ziemlich zittrig fühlte. Wahrscheinlich hatte sie einen Schock, auch wenn sie nicht gestürzt war.
Sadie führte sie zu einem Stuhl. „Ich wünschte, Gabriel würde sich beeilen“, sagte sie besorgt.
Joelle glaubte fest, dass mit ihr alles in Ordnung war. Ihr war nicht übel, und sie hatte keine Schmerzen, abgesehen von der Beule und dem gezerrten Muskel. Doch, auch der Knöchel tat ihr weh, wie sie jetzt erst merkte. Wahrscheinlich hatte sie sich den verknackst beim Versuch, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Aber alles in allem schien es ihr relativ gut zu gehen – und das bedeutete, dass auch dem Baby nichts passiert war.
Allein beim Gedanken daran, was dem Ungeborenen hätte zustoßen können, war ihr nach Weinen zumute. Aber sie wollte nicht weinen. Sie musste dem Baby zuliebe stark sein.
Joelle hörte, wie die Küchentür aufgerissen wurde und krachend gegen die Wand stieß. Im nächsten Augenblick kam Gabriel ins Zimmer gestürzt, ganz blass vor Sorge.
„Was ist passiert, Joelle?“, fragte er und kniete sich vor sie.
„Ich bin ausgerutscht und wäre beinah gestürzt“, berichtete sie, und nun stiegen ihr doch Tränen in die Augen. „Glaubst du, das Baby ist in Ordnung?“, fragte sie mit bebenden Lippen.
„Ich weiß es nicht“, antwortete er und machte ein finsteres Gesicht. Dann sah er ihren entsetzten Ausdruck und fügte hinzu: „Ich denke aber, dass ihm nichts passiert ist.“
„Ich hätte den blöden Läufer schon längst wegräumen sollen“, schimpfte Sadie und nahm damit die Schuld an dem Zwischenfall auf sich.
„Nein, Sie können nichts dafür“, versicherte Joelle. „Ich hätte besser aufpassen müssen, wohin ich trete.“
„Ruf einen Krankenwagen, Sadie“, befahl Gabriel seiner Haushälterin.
Sie ging zum Telefon und wählte den Notruf.
Nun wurde der Gedanke übermächtig, dem Baby könnte doch etwas zugestoßen sein, und Joelle begann zu weinen. „Es tut mir so leid“, rief sie und schluchzte herzzerreißend. „Es tut mir so schrecklich leid.“
„Keine Angst, Joelle, es wird alles gut“, tröstete Gabriel sie. „Sadie, frag die Sanitäter, ob wir schon irgendetwas unternehmen sollen, während der Krankenwagen unterwegs ist! Sollte Joelle sich nicht besser hinlegen?“
Kurz darauf berichtete Sadie: „Sie sagen, sie soll sich nicht mehr als unbedingt nötig bewegen.“
Gabriel sah nun wieder Joelle an. „Geht es dir so weit gut?“
Ihr tat jetzt der Kopf weh, und übel wurde ihr auch. „Ja“, log
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