Romana Extra Band 1
zunickte. „Nicht übel. So kannst du dich sehen lassen. Allerdings fehlt noch das i-Tüpfelchen.“
Sie holte einen Schuhbeutel aus dem Schrank, auf dem der Name eines berühmten Designers stand. Wenig später hielt sie goldfarbene Sandaletten in der Hand.
Es waren Schuhe, die dafür gemacht waren, in ihnen über feine Woll- oder Seidenteppiche zu schreiten. Für diese Prachtstücke hatte sie ein Vermögen ausgegeben.
Was soll’s, wenn sie darin heute Abend über eine Steinterrasse lief. Sie würde sie für Mark tragen. Nur das allein zählte. Sie stellte die Sandaletten auf den Boden und schlüpfte freudig hinein.
Es war lange her, dass sie sich so gut gefühlt hatte. So beschwingt und froh. Hätte jemand sie vor einer Woche gefragt, ob sie glücklich sei, hätte sie auf ihr glamouröses, aufregendes Leben hingewiesen. Aber durch Mark hatte sie erfahren, wie sich echtes Glück anfühlte.
Bislang hatte sie ein Leben aus zweiter Hand geführt. Nun liebte sie selbst. Es ging nicht darum, sich mit dem Erstbesten zufriedenzugeben. Nein, es ging um das wahre Glück mit jemandem, den sie liebte.
Hatte sie deshalb das Gefühl, dass sie ihr Leben lang auf Mark gewartet hatte? Sie atmete tief durch, trat auf den Flur hinaus und wandte sich zu dem schräg gegenüberliegenden Arbeitszimmer.
Hier hatten sie anstrengende, frustrierende und zugleich herrliche Tage verbracht. Sie hatten miteinander gelacht und diskutiert. Mark hatte ihr schöne Erinnerungen an seine Mutter und wunderbare Anekdoten aus deren Leben diktiert. Er hatte von den Leuten gesprochen, die sie gekannt hatte, und darüber, was sie getan hatte. Heute hatte er es sogar geschafft, über die traurigeren Augenblicke zu reden.
Lexi betrachtete die Fotos, die sie für die ersten Kapitel der Biografie bereits ausgesucht hatten. Sie zeigten die Familie Belmont, als sie alle noch glücklich miteinander gewesen waren. Bevor sich die Dinge geändert und sie ihre Ungezwungenheit verloren hatten.
Auch das Bild, das sie am ersten Morgen in der Hand gehalten hatte, war darunter. Mark und Edmund in schmutzigen Fußballtrikots. Wie sie einander die Arme um die Schultern gelegt hatten. Sie wirkten stolz und glücklich.
Lexi wandte sich den übrigen Fotos zu. Irgendwo würde sichtbar werden, wann die Situation umgeschlagen war.
Ja, hier auf diesem Bild konnte man es erkennen. Mark musste Anfang zwanzig gewesen sein, als das Foto auf einer Party anlässlich einer Filmpreisverleihung aufgenommen worden war. Er stand neben seiner Mutter, die fantastisch aussah. Aber er wirkte irgendwie gezwungen und angespannt.
Nein, das kann nicht nur die Trauer um den verstorbenen Bruder verursacht haben, überlegte Lexi. Ihr schien, als würde ihn die Last niederdrücken, nun der einzige Sohn und Erbe zu sein.
Es ist wirklich schade, dass Cassies Jungen nicht erbberechtigt sind, schoss es ihr durch den Kopf.
Plötzlich kamen ihr das Kleid und die Schuhe wie ein Witz vor. Es gab für sie und Mark keine Zukunft, denn sie würde ihm nie den Sohn und Erben schenken können.
Ihre Augen waren voller Tränen, als sie auf die Fotos in ihren Händen blickte. Die Familie bedeutete Mark alles. Lexi schluckte schwer. Das Schicksal war nicht fair. Gerade hatte sie geglaubt, die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben. Aber wenn sie bei Mark blieb, würde sie ihn zwingen, sich zwischen seiner Familie und ihr zu entscheiden. Das konnte sie ihm nicht antun.
Die Sonne stand schon sehr tief. Mark schob sich zwischen den Sträuchern hindurch und betrat den Lieblingsplatz seiner Mutter. Als er Lexi mit zurückgelehntem Kopf und geschlossenen Augen auf der Bank sitzen sah, blieb er stehen. Ihr Anblick war noch schöner als die Aussicht.
Erstaunt stellte er fest, dass sein Herz wie verrückt klopfte. Was hatte diese Frau an sich, dass er sich jetzt wie ein Teenager bei seinem ersten Date fühlte?
Ihre Haut und ihr Kleid schimmerten rötlich golden im Licht der untergehenden Sonne. Was die Illusion erzeugte, dass Lexi von innen heraus glühte. Sie sah einfach überwältigend aus.
Dieses Bild würde er nie vergessen. Er würde es in seinem Herzen tragen, wo auch der Mark Belmont von früher verborgen war. Der Mark, der darauf wartete, dass ihn jemand von seinen Fesseln befreite – von den Pflichten, die er um seiner Familie willen akzeptiert hatte.
Dieser Jemand war Lexi. Und dafür liebte er sie. Es ist Zeit, zu ihr zu gehen und ihr zu zeigen, dass du gut genug für sie bist, forderte er sich auf
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