Romana Extra Band 2
die beiden schon verschwunden waren. Sie konnte es einfach nicht fassen. Das war Lee gewesen. Nein, unmöglich. Oh doch, es war Lee!
Blind für ihre Umgebung drehte sie sich auf dem Absatz um und wollte fliehen, nur fliehen. Aber der Mann, mit dem sie vorhin zusammengestoßen war, war ihr gefolgt und schnitt ihr den Weg ab.
„Es … es tut mir leid, ich …“
Sanft legte er ihr die Hand auf die Schulter. „Beruhigen Sie sich! Der Typ ist es nicht wert.“
„Ich …“ Sie war noch immer so erschüttert, dass sie nicht sprechen konnte.
„Bitte weinen Sie jetzt nicht!“
„Ich weine doch gar nicht“, verteidigte Charlene sich, obwohl ihr die Tränen bereits die Wangen herabliefen.
Anstatt sich mit ihr zu streiten, holte der Fremde ein Taschentuch hervor und tupfte ihr behutsam die Tränen ab.
„In Los Angeles küssen sich die Leute dauernd“, sagte er. „Das ist nichts Besonderes.“
Charlene wusste, dass er sie nur trösten wollte. Das, was sie gesehen hatte, reichte ihr schon.
„Ja, ich weiß“, entgegnete sie deshalb hastig. „Danke für Ihre freundlichen Worte. Aber jetzt lassen Sie sich bitte nicht länger stören, ich …“
„Sie stören mich nicht. Ich möchte Ihnen einfach nur helfen. Kennen Sie den Mann?“
„Ja, ich dachte, ich würde ihn kennen – ich meine – also, nein, ich …“
Er nickte, als könnte er ihre Verwirrung verstehen.
„Um ehrlich zu sein, mag ich ihn nicht besonders“, gab er zu. „Kommen Sie aus England? Sind Sie ihm hinterhergereist?“
„Nein, natürlich nicht! Wie kommen Sie denn auf so etwas?“
„Bitte entschuldigen Sie, es war nur eine Vermutung. Das heißt, Sie haben sich nicht rettungslos in ihn verliebt?“
„Nein!“, entgegnete Charlene mit Nachdruck. „Warum auch? Er ist schließlich nur ein Schauspieler, der ganz passabel aussieht.“
„Nun, hin und wieder soll so etwas vorkommen“, erwiderte er trocken. „Darf ich Sie fragen, wie Sie heißen?“
„Charlene Wilkins. Und Sie?“
Er sah sie überrascht an. „Wie bitte?“
„Ich habe Sie nach Ihrem Namen gefragt. Habe ich Sie vielleicht schon einmal irgendwo gesehen?“
„Nein, ich glaube nicht. Mein Name ist Travis Falcon. Ich arbeite hier.“
„Ach ja, jetzt erinnere ich mich. Sie sind auch in der Serie, stimmt’s?“
Seine Mundwinkel zuckten verdächtig. „Kann man so sagen. Doch jetzt sollten wir von hier verschwinden. Haben Sie Zeit für einen Kaffee?“
Charlene schüttelte den Kopf. „Nein danke. Das ist sehr nett von Ihnen, aber mir geht es schon wieder viel besser.“
Das war eine allzu offensichtliche Lüge. Die Wahrheit über Lee war wie eine Lawine, die Charlene zu zermalmen drohte. Doch der junge Mann wusste anscheinend, wie ihr zumute war.
„Kommen Sie schon“, drängte er sie. „Ich lasse Sie jetzt nicht allein – nicht in Ihrem Zustand.“
Charlene war völlig außer sich. Sie hätte am liebsten laut geschrien. Als er jetzt die Hand nach ihr ausstreckte, holte sie aus und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Fassungslos starrte sie ihn an.
„Oh, das … verdammt noch einmal, das tut mir leid! Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist. Ich …“
Aber er rieb sich nur die schmerzende Wange und lächelte schief. „Machen Sie sich nichts daraus. Es hat gar nicht so weh getan. Ich verzeihe Ihnen nur unter der Bedingung, dass Sie jetzt mit mir kommen.“
Charlene blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Sie war entsetzt über sich selbst. Schweigend folgte sie ihm in die naheliegende Cafeteria, wo sie sich ermattet auf einen Stuhl fallen ließ.
„So, hier bleiben Sie jetzt schön sitzen, während ich uns etwas zu trinken hole“, sagte der Fremde und sah sie warnend an. „Ich rate Ihnen, versuchen Sie nicht zu fliehen. Ob Sie es glauben oder nicht – ich kann ganz schön unangenehm werden.“ Dann ging er zum Tresen.
Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte Charlene sich nicht vom Fleck rühren können. Ihre Glieder fühlten sich an wie Blei, in ihrem Kopf pochte ein dumpfes Dröhnen.
Travis Falcon – jetzt fiel ihr wieder ein, dass er der Star der Serie war. Aber so verhielt er sich gar nicht. Er war nicht beleidigt gewesen, als sie ihn nicht erkannt hatte, und selbst die Ohrfeige hatte er sehr sportlich genommen. Auf Charlene wirkte er wie ein ganz normaler, sehr netter junger Mann.
Sie holte aus ihrer Tasche die Zeitung mit dem Foto hervor, auf dem Travis in inniger Umarmung mit einer jungen Frau zu sehen war. Dabei
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