Romana Extra Band 2
Gegend. Aber sie wusste, dass dieser baufällige Besitz niemals auf einen rechtmäßigen Erben übergehen konnte.
Nach Luigis Tod hatte es Rissa einige Wochen lang wieder großen Kummer bereitet, dass ihre Ehe kinderlos geblieben war. Trotz ihrer prekären Finanzlage hatte sie abgelehnt, als von AMI Holdings – anscheinend ein bedeutendes internationales Bauunternehmen – ein außergewöhnlich großzügiges Angebot für den Palazzo Tiziano gekommen war. Der Verkauf hätte ihr mehr als genug Geld eingebracht, um zurück nach London zu ziehen. Nur hatte sie das Gefühl, ihrem angenommenen Familiennamen gegenüber noch immer verpflichtet zu sein.
Inzwischen ging ihr das Geld aus, und Rissa war in Versuchung, Signor Mazzini zu bitten, wieder Kontakt mit AMI Holdings aufzunehmen. Zwei Dinge hielten sie jedoch davon ab. Luigi war ein stolzer Mann gewesen, und sein Erbe stand auf dem Spiel. Dass das alte Heim der Familie abgerissen wurde, um Platz für luxuriöse Ferienwohnungen zu schaffen, war ein unerträglicher Gedanke – anscheinend passierte das mit vielen historisch bedeutsamen Gebäuden in der Gegend. Der zweite Grund war, dass ihr ein eigenes Haus eine gewisse Sicherheit geben würde.
In einer Mietwohnung zu leben hatte das ältere Ehepaar immer gestört, das sie aufgezogen hatte. Wenn sie an dem Palazzo festhalten und genug Geld verdienen konnte, wollte Rissa ihre Adoptiveltern herholen. Sie gab sich ein Jahr. Falls sie ihr Ziel bis dahin nicht erreicht hatte, würde sie verkaufen und in England ein Haus erwerben, in dem sie gemeinsam mit Tante Jane und Onkel George, wie sie ihre Adoptiveltern nannte, wohnen konnte.
Diese romantische Ruine und ihre märchenhafte Lage in den toskanischen Hügeln waren ihre große Chance, irgendetwas in ihrem Leben zu einem Erfolg zu machen. Das Haus war wunderschön. Sie musste unbedingt die ihr vom Schicksal gegebenen Karten ausnutzen, um die Dämonen ihrer Vergangenheit zu vergessen. Aufgeben war keine Alternative.
Es handelte sich um ein Problem, das wert war, von Sherlock Holmes gelöst zu werden, und Antonio Michaeli-Isola mochte keine Rätsel. Grüblerisch blickte er über den Dorfplatz auf das hohe Tor in der Steinmauer, die das Gut umgab. Er konnte jede Frau haben, die er begehrte, und hatte so viel Geld, wie es sich ein Mann wünschen konnte. Aber er wollte etwas anderes: den Palazzo Tiziano. Nur eins stand zwischen ihm und seinem idealen Heim: die Contessa Alfere-Tiziano.
Ohne sie kennengelernt zu haben, wusste Antonio genau, was für ein Typ Frau sie war. Die Frauen, die sich skrupellos ihren Weg nach oben in die High Society bahnten, waren alle gleich. Oberflächliche amoralische Modepuppen, die ihre männlichen Angestellten verführten und ihre Hausmädchen schikanierten. Sex und Geld waren ihre einzigen Antriebskräfte. Jetzt war Luigi Alfere-Tiziano tot, und da der Palazzo angeblich eine Ruine war, hatte Antonio erwartet, dass die Contessa die Bruchbude zu Geld machen und sich in die Hamptons absetzen würde. Aber sie war anscheinend fest entschlossen, das alte Haus zu behalten. Es war unerklärlich. So benahmen sich Frauen seines Wissens einfach nicht. Offensichtlich würde es ihn mehr als nur Geld kosten, den Palazzo zu bekommen.
Ein elegant gekleideter Mann begleitete eine Frau über den Dorfplatz zum Tor. Antonio spannte sich an, dann besserte sich seine Laune. Das musste die Contessa sein. Er hatte eine arrogante Manhattan-Zicke mit harten Gesichtszügen erwartet. Stattdessen blickte sich eine schlanke, bildhübsche junge Frau nervös und unsicher um, bevor sie in den überwucherten Garten geführt wurde.
Meine Chancen sind gestiegen, sagte sich Antonio. Den Schatz der Tizianos in die Finger zu bekommen könnte einfacher und angenehmer sein, als er gedacht hatte.
Bei seiner Rückkehr ins Hotel Excelsior in Florenz lag die Financial Times für ihn bereit. Bevor er die Mails auf seinem Laptop checkte, blätterte Antonio die Zeitung durch und hielt inne, als er in zentimetergroßen Lettern seinen Namen entdeckte. „Milliardär will neues Krankenhaus finanzieren“, begann der Artikel, in dem seine Großzügigkeit unterschätzt und sein Alter übertrieben wurde. Antonio war kein eitler Mensch, also würde er auf keiner Richtigstellung bestehen. Nur zeigte es, wie Journalisten Tatsachen verdrehen konnten. Wieder las er dieselbe alte Story, die sie so gern aufwärmten. Seine Mutter war die Tochter eines Flüchtlings. In Anerkennung der
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