Romana Extra Band 2
schauderte bei dem Gedanken daran, was er zu ihrem Geplauder gesagt hätte. Das spielte jedoch jetzt keine Rolle mehr. Was er niemals erfahren würde, konnte ihn nicht verärgern. Rissa straffte die Schultern und räusperte sich. „Sie sollten mich jetzt besser durchs Haus führen, Signor Mazzini.“
Drei Stunden später war Rissa allein. Signor Mazzini war zurück nach Florenz gefahren, und Livia hatte sich auf den Weg ins Dorf gemacht. Donner grollte in der Ferne. Rissa ging in das kleine Zimmer, das für sie hergerichtet war. Früher musste es einmal eine Vorratskammer gewesen sein, denn das hohe Fenster war vergittert, und trotz des uralten Elektroofens in einer Ecke wurde es nicht warm im Raum. Das Bett war allerdings schön gemütlich, mit weichen Wolldecken und nach Lavendel duftenden Laken. Einschlafen konnte Rissa trotzdem nicht. Stundenlang lag sie wach und horchte auf jedes neue Geräusch. Das alte Haus knarrte auf seinem Fundament, und aus der Küche nebenan hörte sie Knabbergeräusche. Rissa hatte keine Lust, nachzusehen, ob es eine Maus war … oder etwas Größeres.
Nach einer weiteren Stunde gab sie auf, knipste das Licht an und ging zu einem ihrer Koffer, der auf einem alten Sessel lag. Zu ihren Lieblingssachen gehörte ein kleines Radio, das sie überallhin mitnahm. Wenn sie World Service einstellen konnte, würde es die einsamen Stunden bis zum Morgengrauen ausfüllen. Bei Tageslicht kam einem alles viel weniger schlimm vor.
Gerade als sie das Radio einschalten wollte, hörte sie einen klagenden Schrei. Der Wind frischte auf. Irgendwo quietschte eine Pforte in den rostigen Angeln, und ein Fensterladen schwang hin und her. Die Geräusche machten ihr noch mehr Angst, aber Rissa war sicher, dass draußen in der Dunkelheit eine Katze miaute. Vorsichtig öffnete sie die Tür, die in den Garten führte. Der Lichtstrahl aus dem Zimmer beleuchtete Gestrüpp, das sich fast bis ans Haus ausgebreitet hatte. Nur einen Meter entfernt von Rissa saß eine Katze. Das Tier hielt eine Vorderpfote hoch und bewegte den Kopf hin und her, um an Rissa vorbei ins Zimmer zu blicken.
„Miez, Miez, Miez“, rief sie und machte mutig einen Schritt nach draußen. Jetzt konnte sie das Blut auf der weißen Pfote erkennen. „Du armes Ding, lass mich mal sehen …“ Sobald sie die Hand ausstreckte, lief die Katze jedoch weg. Rissa folgte ihr in die Dunkelheit gleich hinter der beleuchteten Türöffnung. Das war ein Fehler. Sie verfing sich in den Dornensträuchern, verlor das Gleichgewicht und stürzte den Abhang hinter dem Haus hinunter.
Außer Atem und ziemlich mitgenommen, versuchte Rissa aufzustehen, und schrie auf, als ein stechender Schmerz durch ihren Knöchel schoss. Ein Blitz erhellte einen Moment lang das Gestrüpp, bevor die Dunkelheit zurückkehrte. Die ersten Regentropfen fielen. Jetzt bin ich in derselben Lage wie die Katze, dachte Rissa, oder noch schlimmer dran. Zumindest musste das Tier von hier sein und sich auskennen.
Ein alles andere als appetitliches Abendessen, eine deprimierende Führung durch den heruntergekommenen Palazzo und jetzt dieser Sturz sollten eigentlich genügen, um sie für immer von dem Plan abzubringen, das Haus zu behalten und darin zu wohnen. Stattdessen spürte Rissa eine neue Entschlossenheit. Mühsam stand sie auf und konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, aber für das letzte Stück nach oben musste sie auf allen vieren gehen und sich hochziehen. Als sie schließlich auf dem Boden saß und den Kopf hob, beruhigten sich ihre Nerven allerdings nicht. Als Silhouette gegen das Licht aus der Türöffnung abgehoben, ragte ein großer muskulöser Mann über ihr auf.
2. KAPITEL
„Hier ist es gefährlich, Contessa.“
Als der Mann vor ihr in die Hocke ging, schreckte Rissa zurück. Er war so nah, dass sie seine Körperwärme spürte. Donner grollte über den Hügeln. Musste sie sich vor diesem Fremden mehr fürchten als vor dem Wetter und ihrem neuen Haus zusammen? „Woher wissen Sie, wer ich bin?“
„Das Dorf ist klein. Alle haben Sie ankommen sehen.“ Er hatte eine tiefe, aber melodische Stimme. „Die Leute hoffen, dass Ihr Einzug in den Palazzo Arbeit für sie mit sich bringt, die Aussicht darauf ist jedoch gering, stimmt’s?“
Von einem Blitz erhellt, sah sein Gesicht hart und grimmig aus. Rissa erkannte ihn sofort. „Sie haben heute Nachmittag an einem Tisch auf dem Dorfplatz gesessen und mich beobachtet.“
„Ja, Sie haben recht. Ich bin
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