Romana Extra Band 3
beschäftigter Mann und nur selten zu Hause.
„Um ein Kleinkind kümmert sich selbstverständlich in erster Linie die Mutter.“
„Als Lorenzo zur Welt kam, war Alice sehr jung, gerade einundzwanzig. Es fiel ihr schwer, sich auf ihren Sohn einzulassen, und sie kümmerte sich nur selten um ihn.“
Endlich war es heraus. Sie hob den Kopf und begegnete Alessandros skeptischem Blick.
„Was haben Sie sich denn da ausgedacht?“
„Ich versuche Ihnen lediglich zu erklären, was in Lorenzos Kopf vorgeht.“
„Ich weiß, wie viel Leonardo an seinem Sohn lag“, stellte Alessandro energisch fest und erstickte jeden Widerspruch im Keim. „Hören Sie mir gut zu: Solche Geschichten will ich nie wieder hören, sie machen Ihnen keine Ehre. Eigentlich wollte ich das Thema heute nicht ansprechen, aber ich habe einige Fragen, Ihren Hintergrund betreffend.“
„Was möchten Sie wissen?“ Ihre Stimme bebte, obwohl Maisy sich keiner Schuld bewusst war.
„Sie sind die Tochter einer arbeitslosen alleinerziehenden Mutter, dennoch konnten Sie eine Privatschule besuchen. Gearbeitet haben Sie nie, bis Sie vor zwei Jahren im Haushalt der Coleis untergekommen sind.“
Maisy zuckte zusammen. „Woher wissen Sie das alles?“
„Haben Sie tatsächlich geglaubt, ich überlasse Lorenzo Ihrer Obhut, ohne zu wissen, wer Sie sind?“
„Sie hätten mich fragen können.“
„Hätte ich Ihren Antworten geglaubt?“
„Vermutlich nicht. Sie halten mich für eine Lügnerin. Ich begreife allerdings nicht, welche Absichten Sie mir unterstellen.“
Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu, als hätte sie etwas Unverzeihliches getan.
Im Nachhinein bereute Maisy, dass sie ihm nicht erzählt hatte, was er hören wollte: dass Leonardo und Alice ein ideales Paar gewesen waren, ein tolles Leben geführt und ein wunderbares Baby gehabt hatten. In Wahrheit hatten sie Fehler gehabt – wie alle anderen auch.
„Verraten Sie mir, weshalb ich Sie Ihrer Meinung nach heute zum Dinner eingeladen habe“, fragte Alessandro trügerisch ruhig.
Das war eine Falle, wie Maisy sehr wohl wusste. Auf jede mögliche Antwort würde er mit einer scharfen Erwiderung kontern, und sie würde noch dümmer dastehen als zuvor. Deshalb schwieg sie, den Blick auf ihrem Champagnerglas, während die Sekunden verstrichen.
„Dachten Sie, wir sprechen über Ihren Anstellungsvertrag? Haben Sie deswegen ein schulterfreies Kleid angezogen?“
Sei endlich still, beschwor sie ihn im Geiste.
„Oder geschah es in der Hoffnung, ich lade Sie in mein Bett ein, um Sie anschließend in dem Stil auszuhalten, an den Sie sich in den letzten Jahren gewöhnt haben?“
Insgeheim fühlte sie sich ertappt, denn tatsächlich hatte sie sich gewünscht, mit ihm zu schlafen. Aus diesem Grund hatte sie das schöne Kleid angezogen.
An Lorenzos Zukunft hatte sie erst in zweiter Linie gedacht. Dafür musste sie jetzt bezahlen. Alessandro fürchtete nun, dass sie ungeeignet war, für ein kleines Kind zu sorgen.
Sie schluckte und sah schuldbewusst drein, ihrer Würde beraubt, wie in dem Moment, als sie am Lantern Square ins Bad geflüchtet war.
„Werden Sie mich fortschicken?“
Einen Moment lang herrschte spannungsgeladenes Schweigen.
Alessandro ärgerte sich über sich selbst und hätte die letzten Minuten am liebsten ungeschehen gemacht. Maisy blickte scheu und erschrocken drein – wie vergangene Woche in London. Erneut erwachte sein Beschützerinstinkt. Andererseits hatte sie ihn mit ihren verleumderischen Bemerkungen über Leonardo gegen sich aufgebracht. Nichts davon konnte wahr sein.
„Seien Sie nicht albern. Lorenzo braucht Sie.“
Und das gefällt dir ebenso wenig wie das, was ich dir gerade erzählt habe, dachte Maisy. Sie runzelte die Stirn, stand auf und schob dabei den Stuhl zurück.
„Hätte Ihr Privatdetektiv gründlicher gearbeitet, wüssten Sie, dass ich nie bei den Coleis angestellt war. Alice und ich waren Freundinnen. Ich hätte alles für sie getan. Und ich lasse nicht zu, dass sie das Leben ihres Sohnes verpfuschen. Hätte Alice in die Zukunft sehen können, hätte sie mich zu seinem Vormund bestimmt. Dass Sie es geworden sind, geschah auf Leonardos Wunsch.“
Alessandro sah blass und angespannt aus, und fast bedauerte sie ihre harten Worte. Andererseits hatte er sie beschuldigt, für Geld mit ihm schlafen zu wollen, und sie damit zutiefst verletzt.
„Sie haben Glück, ich will nichts von Ihnen. Ursprünglich dachte ich tatsächlich daran, mit Ihnen ins
Weitere Kostenlose Bücher